Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Zur Seelennaturkunde.
1. Ueber die Schwärmerey und ihre Quellen in unsern Zeiten.

Wir hören seit ein Paar Dezennien so viel von wunderthätigen Männern, weissagenden Weibern, geistersehenden Philosophen, aus den Gräbern heraufbeschworner Verstorbenen, daß wir beynahe glauben sollten, es sey irgend ein mesmerischer Dämon aus den höhern Regionen auf unsern Erdball herabgestiegen, und habe eine Menge grosser und kleiner Köpfe unsrer Zeitgenossen durch einen geheimen geistigen Magnetismus desorganisirt. Eine Erscheinung, die uns auf der Stufe der Aufklärung, zu welcher wir uns durch so viele Kämpfe hinaufgearbeitet haben, eben so befremdend seyn muß, als die Aerzte darüber erschrecken, daß alle ihre sorgfältigen Beobachtungen, und mit unendlicher Mühe der Natur abgelernte Gesetze und Wege, durch einen magnetisirenden Mesmer,wie durch einen aus der Maschine hervorspringenden Gott, verwirrt und über den Haufen geworfen werden.



Zur Seelennaturkunde.
1. Ueber die Schwaͤrmerey und ihre Quellen in unsern Zeiten.

Wir hoͤren seit ein Paar Dezennien so viel von wunderthaͤtigen Maͤnnern, weissagenden Weibern, geistersehenden Philosophen, aus den Graͤbern heraufbeschworner Verstorbenen, daß wir beynahe glauben sollten, es sey irgend ein mesmerischer Daͤmon aus den hoͤhern Regionen auf unsern Erdball herabgestiegen, und habe eine Menge grosser und kleiner Koͤpfe unsrer Zeitgenossen durch einen geheimen geistigen Magnetismus desorganisirt. Eine Erscheinung, die uns auf der Stufe der Aufklaͤrung, zu welcher wir uns durch so viele Kaͤmpfe hinaufgearbeitet haben, eben so befremdend seyn muß, als die Aerzte daruͤber erschrecken, daß alle ihre sorgfaͤltigen Beobachtungen, und mit unendlicher Muͤhe der Natur abgelernte Gesetze und Wege, durch einen magnetisirenden Mesmer,wie durch einen aus der Maschine hervorspringenden Gott, verwirrt und uͤber den Haufen geworfen werden.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0023" n="23"/><lb/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="2">
          <head>Zur Seelennaturkunde.</head><lb/>
          <div n="3">
            <head>1.             Ueber die Schwa&#x0364;rmerey und ihre Quellen in unsern Zeiten.</head><lb/>
            <note type="editorial">
              <bibl>
                <persName ref="#ref2"><note type="editorial"/>Pockels, C. F.</persName>
              </bibl>
            </note>
            <p>Wir ho&#x0364;ren seit ein Paar Dezennien so viel von wundertha&#x0364;tigen                   Ma&#x0364;nnern, weissagenden Weibern, geistersehenden Philosophen, aus den Gra&#x0364;bern                   heraufbeschworner Verstorbenen, daß wir beynahe glauben sollten, es sey irgend ein                   mesmerischer Da&#x0364;mon aus den ho&#x0364;hern Regionen auf unsern Erdball herabgestiegen, und                   habe eine Menge grosser und kleiner Ko&#x0364;pfe unsrer Zeitgenossen durch einen geheimen                   geistigen Magnetismus desorganisirt. Eine Erscheinung, die uns auf der Stufe der                   Aufkla&#x0364;rung, zu welcher wir uns durch so viele Ka&#x0364;mpfe hinaufgearbeitet haben, eben                   so befremdend seyn muß, als die Aerzte daru&#x0364;ber erschrecken, daß alle ihre                   sorgfa&#x0364;ltigen Beobachtungen, und mit unendlicher Mu&#x0364;he der Natur abgelernte Gesetze                   und Wege, durch einen magnetisirenden <hi rendition="#b">Mesmer,</hi>wie                         <choice><corr>durch</corr><sic>drrch</sic></choice> einen aus                   der Maschine hervorspringenden Gott, verwirrt und u&#x0364;ber den Haufen geworfen                   werden.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0023] Zur Seelennaturkunde. 1. Ueber die Schwaͤrmerey und ihre Quellen in unsern Zeiten. Wir hoͤren seit ein Paar Dezennien so viel von wunderthaͤtigen Maͤnnern, weissagenden Weibern, geistersehenden Philosophen, aus den Graͤbern heraufbeschworner Verstorbenen, daß wir beynahe glauben sollten, es sey irgend ein mesmerischer Daͤmon aus den hoͤhern Regionen auf unsern Erdball herabgestiegen, und habe eine Menge grosser und kleiner Koͤpfe unsrer Zeitgenossen durch einen geheimen geistigen Magnetismus desorganisirt. Eine Erscheinung, die uns auf der Stufe der Aufklaͤrung, zu welcher wir uns durch so viele Kaͤmpfe hinaufgearbeitet haben, eben so befremdend seyn muß, als die Aerzte daruͤber erschrecken, daß alle ihre sorgfaͤltigen Beobachtungen, und mit unendlicher Muͤhe der Natur abgelernte Gesetze und Wege, durch einen magnetisirenden Mesmer,wie durch einen aus der Maschine hervorspringenden Gott, verwirrt und uͤber den Haufen geworfen werden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0503_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0503_1787/23
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0503_1787/23>, abgerufen am 18.04.2024.