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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 2. Berlin, 1787.

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Doch ich muß noch einen Einwurf berühren, welchen man gegen meinen letztern Satz von der Unmöglichkeit, daß uns Geister zufällige Begebenheiten bekannt machen könnten, anführen dürfte. Wie könnte man sagen, wenn nun jene Geister, was gar nicht unwahrscheinlich ist, die Ursachen von gewissen uns zufällig scheinenden und bevorstehenden Begebenheiten auf eine natürliche Art vorherwissen, die wir nicht kennen? Wie, wenn sie uns vermöge ihrer Schnelligkeit Nachrichten in einem und dem nehmlichen Augenblick von andern Orten bringen könnten, wenn sie Schwedenburgen sagten: daß es eben jetzt in Stockholm oder Copenhagen brenne, wenn sie einer Frau von R--r, die behauptete, daß eben jetzt ihr Sohn in einer Bataille blieb, diese Botschaft als Zeugen jener Begebenheit schnell überbrachten? -- --

Das ließe sich nun freilich hören, (obgleich eine solche Ahndung, ein solches Vorhersehen nicht mehr Ahndung, Vorhersehen wäre); allein, ich frage mit Recht hier wieder: wie brachten denn jene Geister solche Nachrichten, wie theilten sie dieselben mit, da wir von Andern in unserer gegenwärtigen Existenz ohne symbolische Zeichen nichts Neues erfahren können? Jch frage weiter: ist denn die angenommene Schnelligkeit der Geister, (die man oft so unphilosophisch aus der Schnelligkeit unserer Gedanken hat beweisen und damit vergleichen wollen) womit sie uns von fernher Begebenheiten be-


Doch ich muß noch einen Einwurf beruͤhren, welchen man gegen meinen letztern Satz von der Unmoͤglichkeit, daß uns Geister zufaͤllige Begebenheiten bekannt machen koͤnnten, anfuͤhren duͤrfte. Wie koͤnnte man sagen, wenn nun jene Geister, was gar nicht unwahrscheinlich ist, die Ursachen von gewissen uns zufaͤllig scheinenden und bevorstehenden Begebenheiten auf eine natuͤrliche Art vorherwissen, die wir nicht kennen? Wie, wenn sie uns vermoͤge ihrer Schnelligkeit Nachrichten in einem und dem nehmlichen Augenblick von andern Orten bringen koͤnnten, wenn sie Schwedenburgen sagten: daß es eben jetzt in Stockholm oder Copenhagen brenne, wenn sie einer Frau von R—r, die behauptete, daß eben jetzt ihr Sohn in einer Bataille blieb, diese Botschaft als Zeugen jener Begebenheit schnell uͤberbrachten? — —

Das ließe sich nun freilich hoͤren, (obgleich eine solche Ahndung, ein solches Vorhersehen nicht mehr Ahndung, Vorhersehen waͤre); allein, ich frage mit Recht hier wieder: wie brachten denn jene Geister solche Nachrichten, wie theilten sie dieselben mit, da wir von Andern in unserer gegenwaͤrtigen Existenz ohne symbolische Zeichen nichts Neues erfahren koͤnnen? Jch frage weiter: ist denn die angenommene Schnelligkeit der Geister, (die man oft so unphilosophisch aus der Schnelligkeit unserer Gedanken hat beweisen und damit vergleichen wollen) womit sie uns von fernher Begebenheiten be-

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[9/0009] Doch ich muß noch einen Einwurf beruͤhren, welchen man gegen meinen letztern Satz von der Unmoͤglichkeit, daß uns Geister zufaͤllige Begebenheiten bekannt machen koͤnnten, anfuͤhren duͤrfte. Wie koͤnnte man sagen, wenn nun jene Geister, was gar nicht unwahrscheinlich ist, die Ursachen von gewissen uns zufaͤllig scheinenden und bevorstehenden Begebenheiten auf eine natuͤrliche Art vorherwissen, die wir nicht kennen? Wie, wenn sie uns vermoͤge ihrer Schnelligkeit Nachrichten in einem und dem nehmlichen Augenblick von andern Orten bringen koͤnnten, wenn sie Schwedenburgen sagten: daß es eben jetzt in Stockholm oder Copenhagen brenne, wenn sie einer Frau von R—r, die behauptete, daß eben jetzt ihr Sohn in einer Bataille blieb, diese Botschaft als Zeugen jener Begebenheit schnell uͤberbrachten? — — Das ließe sich nun freilich hoͤren, (obgleich eine solche Ahndung, ein solches Vorhersehen nicht mehr Ahndung, Vorhersehen waͤre); allein, ich frage mit Recht hier wieder: wie brachten denn jene Geister solche Nachrichten, wie theilten sie dieselben mit, da wir von Andern in unserer gegenwaͤrtigen Existenz ohne symbolische Zeichen nichts Neues erfahren koͤnnen? Jch frage weiter: ist denn die angenommene Schnelligkeit der Geister, (die man oft so unphilosophisch aus der Schnelligkeit unserer Gedanken hat beweisen und damit vergleichen wollen) womit sie uns von fernher Begebenheiten be-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 2. Berlin, 1787, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0502_1787/9>, abgerufen am 29.03.2024.