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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 1. Berlin, 1787.

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liches, wider die einmahl vorhandene Einrichtung unsrer Denkkraft Streitendes, und für unsere moralische Ausbildung Unbrauchbares, - ja vielmehr wegen der Neigung der Menschen zum Aberglauben höchst Schädliches seyn muß; so kann und darf Alles, was Ahndung, Traum, Vision, Weissagung heißt, vor dem Richterstuhle der reinen Vernunft keinen Werth behalten, und die Menschen würden sich tausenderlei Unruhen, Sorgen und lächerliche Grillen erspart haben, wenn sie nie daran geglaubt hätten; doch hievon ein andermahl. -

Jch komme iezt zu den einzelnen Ahndungsgeschichten selbst, welche in die drei ersten Bände der Seelenkunde eingeschickt sind.

Jm zweiten Stück des ersten Bandes S. 78 steht ein Aufsatz über das Vorhersehungsvermögen der Seele, welchen der Kirchenrath Hr. Hennig aus Königsberg eingeschickt hat. "Einer Kaufmannsfrau, Nahmens Krausin in Löbnicht zu Königsberg wohnhaft, war 1782 im Monat Januar eines ihrer geliebtesten Kinder gestorben. Schon damahls hatte sie gesagt: daß sie dieß Kind nicht lange überleben würde. Aufs folgende Jahr würde sie im Monat Januar wieder entbunden werden, und in diesen sechs Wochen würde sie sterben". Dieß war nun freilich ziemlich bestimmt vorhergesagt; allein in der ganzen Prophezeihung, dergleichen viele im gemeinen Leben vorkommen, scheint


liches, wider die einmahl vorhandene Einrichtung unsrer Denkkraft Streitendes, und fuͤr unsere moralische Ausbildung Unbrauchbares, – ja vielmehr wegen der Neigung der Menschen zum Aberglauben hoͤchst Schaͤdliches seyn muß; so kann und darf Alles, was Ahndung, Traum, Vision, Weissagung heißt, vor dem Richterstuhle der reinen Vernunft keinen Werth behalten, und die Menschen wuͤrden sich tausenderlei Unruhen, Sorgen und laͤcherliche Grillen erspart haben, wenn sie nie daran geglaubt haͤtten; doch hievon ein andermahl. –

Jch komme iezt zu den einzelnen Ahndungsgeschichten selbst, welche in die drei ersten Baͤnde der Seelenkunde eingeschickt sind.

Jm zweiten Stuͤck des ersten Bandes S. 78 steht ein Aufsatz uͤber das Vorhersehungsvermoͤgen der Seele, welchen der Kirchenrath Hr. Hennig aus Koͤnigsberg eingeschickt hat. »Einer Kaufmannsfrau, Nahmens Krausin in Loͤbnicht zu Koͤnigsberg wohnhaft, war 1782 im Monat Januar eines ihrer geliebtesten Kinder gestorben. Schon damahls hatte sie gesagt: daß sie dieß Kind nicht lange uͤberleben wuͤrde. Aufs folgende Jahr wuͤrde sie im Monat Januar wieder entbunden werden, und in diesen sechs Wochen wuͤrde sie sterben«. Dieß war nun freilich ziemlich bestimmt vorhergesagt; allein in der ganzen Prophezeihung, dergleichen viele im gemeinen Leben vorkommen, scheint

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[8/0010] liches, wider die einmahl vorhandene Einrichtung unsrer Denkkraft Streitendes, und fuͤr unsere moralische Ausbildung Unbrauchbares, – ja vielmehr wegen der Neigung der Menschen zum Aberglauben hoͤchst Schaͤdliches seyn muß; so kann und darf Alles, was Ahndung, Traum, Vision, Weissagung heißt, vor dem Richterstuhle der reinen Vernunft keinen Werth behalten, und die Menschen wuͤrden sich tausenderlei Unruhen, Sorgen und laͤcherliche Grillen erspart haben, wenn sie nie daran geglaubt haͤtten; doch hievon ein andermahl. – Jch komme iezt zu den einzelnen Ahndungsgeschichten selbst, welche in die drei ersten Baͤnde der Seelenkunde eingeschickt sind. Jm zweiten Stuͤck des ersten Bandes S. 78 steht ein Aufsatz uͤber das Vorhersehungsvermoͤgen der Seele, welchen der Kirchenrath Hr. Hennig aus Koͤnigsberg eingeschickt hat. »Einer Kaufmannsfrau, Nahmens Krausin in Loͤbnicht zu Koͤnigsberg wohnhaft, war 1782 im Monat Januar eines ihrer geliebtesten Kinder gestorben. Schon damahls hatte sie gesagt: daß sie dieß Kind nicht lange uͤberleben wuͤrde. Aufs folgende Jahr wuͤrde sie im Monat Januar wieder entbunden werden, und in diesen sechs Wochen wuͤrde sie sterben«. Dieß war nun freilich ziemlich bestimmt vorhergesagt; allein in der ganzen Prophezeihung, dergleichen viele im gemeinen Leben vorkommen, scheint

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 1. Berlin, 1787, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0501_1787/10>, abgerufen am 25.04.2024.