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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.

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das wäre räthselhafter, als das geheimnißvolle Dunkel, welches dem Menschen sein Jnnerstes Wesen verbirgt. Wahrlich! es wäre das räthselhafteste Räthsel, wenn unsere Gedanken so an unsern Nerven hafteten, wie die Perlen auf einem Faden zusammengereihet werden, und wenn die gerißne Schnur sich selbst wieder zusammenknüpfen, nur nicht alle zerstreuete Perlen wieder aufreihen könnte. Solche Erscheinungen, wie die angeführten, irren mich in dem Glauben an die höhere Natur und Bestimmung des menschlichen Geistes nicht, vielmehr bestätigen sie mir beides. Das Kind ist nicht für das vollkommne Jnstrument und das vollkommne Jnstrument nicht für das Kind. Aber wenn es die erste Stufe seiner Bildung glücklich vollendet hat, so wird man ihm das vollkommnere Jnstrument anvertrauen können, und es wird in die Harmonien der Engel einstimmen.


II. Sonderbare Gemüthsbeschaffenheit eines alten Mannes, der sich einbildete, daß er geschlachtet werden solle.

Johann Christoph Becker, (dies ist der Name des Mannes, über dessen sonderbaren Seelenzustand ich jetzt etwas gegen sie zu erwähnen gereizt


das waͤre raͤthselhafter, als das geheimnißvolle Dunkel, welches dem Menschen sein Jnnerstes Wesen verbirgt. Wahrlich! es waͤre das raͤthselhafteste Raͤthsel, wenn unsere Gedanken so an unsern Nerven hafteten, wie die Perlen auf einem Faden zusammengereihet werden, und wenn die gerißne Schnur sich selbst wieder zusammenknuͤpfen, nur nicht alle zerstreuete Perlen wieder aufreihen koͤnnte. Solche Erscheinungen, wie die angefuͤhrten, irren mich in dem Glauben an die hoͤhere Natur und Bestimmung des menschlichen Geistes nicht, vielmehr bestaͤtigen sie mir beides. Das Kind ist nicht fuͤr das vollkommne Jnstrument und das vollkommne Jnstrument nicht fuͤr das Kind. Aber wenn es die erste Stufe seiner Bildung gluͤcklich vollendet hat, so wird man ihm das vollkommnere Jnstrument anvertrauen koͤnnen, und es wird in die Harmonien der Engel einstimmen.


II. Sonderbare Gemuͤthsbeschaffenheit eines alten Mannes, der sich einbildete, daß er geschlachtet werden solle.

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[14/0014] das waͤre raͤthselhafter, als das geheimnißvolle Dunkel, welches dem Menschen sein Jnnerstes Wesen verbirgt. Wahrlich! es waͤre das raͤthselhafteste Raͤthsel, wenn unsere Gedanken so an unsern Nerven hafteten, wie die Perlen auf einem Faden zusammengereihet werden, und wenn die gerißne Schnur sich selbst wieder zusammenknuͤpfen, nur nicht alle zerstreuete Perlen wieder aufreihen koͤnnte. Solche Erscheinungen, wie die angefuͤhrten, irren mich in dem Glauben an die hoͤhere Natur und Bestimmung des menschlichen Geistes nicht, vielmehr bestaͤtigen sie mir beides. Das Kind ist nicht fuͤr das vollkommne Jnstrument und das vollkommne Jnstrument nicht fuͤr das Kind. Aber wenn es die erste Stufe seiner Bildung gluͤcklich vollendet hat, so wird man ihm das vollkommnere Jnstrument anvertrauen koͤnnen, und es wird in die Harmonien der Engel einstimmen. II. Sonderbare Gemuͤthsbeschaffenheit eines alten Mannes, der sich einbildete, daß er geschlachtet werden solle. Johann Christoph Becker, (dies ist der Name des Mannes, uͤber dessen sonderbaren Seelenzustand ich jetzt etwas gegen sie zu erwaͤhnen gereizt

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0303_1785/14>, abgerufen am 29.03.2024.