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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785.

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mahnungen zur Besserung der Gesinnungen und des Betragens. Seine Aussprache dabei ist sehr angenehm und der Sache, die er vorträgt, angemessen, deutlich, mehrentheils sanft und erweichend. Er bedenket sich nicht auf das, was er sagen will; auch stottert und stocket er nicht. Wo etwas rührendes vorkommt, weinet er auf eine anständige Weise. Nachdem er die Predigt mit Amen geschlossen hat, so betet er das Vater Unser etc. und der Herr segne uns etc. Zuweilen lasset er auch den Segen weg. Während seinem ganzen Vortrag sitzet er in einer Art von Betäubung; hat die Augen starr offen, ohne zu sehen, wer oder was vor ihm ist; geräth dabei in einen Schweiß und in Engbrüstigkeit, ob er gleich weder sehr laut noch lange redet; und wenn alles geendiget ist, scheinet er sehr ermüdet, schöpfet tief Athem, und erholet sich nur langsam wieder. Nachdem er wieder zu


mahnungen zur Besserung der Gesinnungen und des Betragens. Seine Aussprache dabei ist sehr angenehm und der Sache, die er vortraͤgt, angemessen, deutlich, mehrentheils sanft und erweichend. Er bedenket sich nicht auf das, was er sagen will; auch stottert und stocket er nicht. Wo etwas ruͤhrendes vorkommt, weinet er auf eine anstaͤndige Weise. Nachdem er die Predigt mit Amen geschlossen hat, so betet er das Vater Unser etc. und der Herr segne uns etc. Zuweilen lasset er auch den Segen weg. Waͤhrend seinem ganzen Vortrag sitzet er in einer Art von Betaͤubung; hat die Augen starr offen, ohne zu sehen, wer oder was vor ihm ist; geraͤth dabei in einen Schweiß und in Engbruͤstigkeit, ob er gleich weder sehr laut noch lange redet; und wenn alles geendiget ist, scheinet er sehr ermuͤdet, schoͤpfet tief Athem, und erholet sich nur langsam wieder. Nachdem er wieder zu

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[44/0046] mahnungen zur Besserung der Gesinnungen und des Betragens. Seine Aussprache dabei ist sehr angenehm und der Sache, die er vortraͤgt, angemessen, deutlich, mehrentheils sanft und erweichend. Er bedenket sich nicht auf das, was er sagen will; auch stottert und stocket er nicht. Wo etwas ruͤhrendes vorkommt, weinet er auf eine anstaͤndige Weise. Nachdem er die Predigt mit Amen geschlossen hat, so betet er das Vater Unser etc. und der Herr segne uns etc. Zuweilen lasset er auch den Segen weg. Waͤhrend seinem ganzen Vortrag sitzet er in einer Art von Betaͤubung; hat die Augen starr offen, ohne zu sehen, wer oder was vor ihm ist; geraͤth dabei in einen Schweiß und in Engbruͤstigkeit, ob er gleich weder sehr laut noch lange redet; und wenn alles geendiget ist, scheinet er sehr ermuͤdet, schoͤpfet tief Athem, und erholet sich nur langsam wieder. Nachdem er wieder zu

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0301_1785/46>, abgerufen am 29.03.2024.