Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite


seinen Händen, redet dabei mit der größten Aengstlichkeit, und nennt die Sachen, die er sucht, auch wenn keiner um ihn ist, dem ers etwa sagen könnte.

So läuft er auf und ab, und wohl zehnmal an denselben Ort, wo er schon gesucht hat. Sein Blick, wenn ers gefunden, ist derselbe, ob er gleich nun die größte Freude anzeigen soll. Denn nun läuft er eben so hurtig und für Freude taumelnd hin und her, und sagt es laut, daß er das Verlohrne wieder gefunden habe.

Seine Fähigkeiten sind unbedeutend und er wird es niemals weit in einer Sache bringen.

Aber ein unglückliches, sich selbst lästiges Geschöpf scheint er zu werden, wenn nicht eine große Verwandlung mit ihm geschieht, wozu in der That fast keine Hofnung ist.

Seine Unruhe wird ihn in Streitigkeiten mit seinen Mitmenschen verwickeln; seine Zanksucht wird ihm Feinde verursachen, und in seinem Herzen wird er kein Mittel finden, sich irgend eine von den menschlichen Wiederwärtigkeiten zu versüßen.

Seidel.



seinen Haͤnden, redet dabei mit der groͤßten Aengstlichkeit, und nennt die Sachen, die er sucht, auch wenn keiner um ihn ist, dem ers etwa sagen koͤnnte.

So laͤuft er auf und ab, und wohl zehnmal an denselben Ort, wo er schon gesucht hat. Sein Blick, wenn ers gefunden, ist derselbe, ob er gleich nun die groͤßte Freude anzeigen soll. Denn nun laͤuft er eben so hurtig und fuͤr Freude taumelnd hin und her, und sagt es laut, daß er das Verlohrne wieder gefunden habe.

Seine Faͤhigkeiten sind unbedeutend und er wird es niemals weit in einer Sache bringen.

Aber ein ungluͤckliches, sich selbst laͤstiges Geschoͤpf scheint er zu werden, wenn nicht eine große Verwandlung mit ihm geschieht, wozu in der That fast keine Hofnung ist.

Seine Unruhe wird ihn in Streitigkeiten mit seinen Mitmenschen verwickeln; seine Zanksucht wird ihm Feinde verursachen, und in seinem Herzen wird er kein Mittel finden, sich irgend eine von den menschlichen Wiederwaͤrtigkeiten zu versuͤßen.

Seidel.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0128" n="128"/><lb/>
seinen Ha&#x0364;nden, redet dabei mit der                         gro&#x0364;ßten Aengstlichkeit, und nennt die Sachen, die er sucht, auch wenn keiner                         um ihn ist, dem ers etwa sagen ko&#x0364;nnte.</p>
          <p>So la&#x0364;uft er auf und ab, und wohl zehnmal an denselben Ort, wo er schon                         gesucht hat. Sein Blick, wenn ers gefunden, ist derselbe, ob er gleich nun                         die gro&#x0364;ßte Freude anzeigen soll. Denn nun la&#x0364;uft er eben so hurtig und fu&#x0364;r                         Freude taumelnd hin und her, und sagt es laut, daß er das Verlohrne wieder                         gefunden habe.</p>
          <p>Seine Fa&#x0364;higkeiten sind unbedeutend und er wird es niemals weit in einer Sache                         bringen.</p>
          <p>Aber ein unglu&#x0364;ckliches, sich selbst la&#x0364;stiges Gescho&#x0364;pf scheint er zu werden,                         wenn nicht eine große Verwandlung mit ihm geschieht, wozu in der That fast                         keine Hofnung ist.</p>
          <p>Seine Unruhe wird ihn in Streitigkeiten mit seinen Mitmenschen verwickeln;                         seine Zanksucht wird ihm Feinde verursachen, und in seinem Herzen wird er                         kein Mittel finden, sich irgend eine von den menschlichen Wiederwa&#x0364;rtigkeiten                         zu versu&#x0364;ßen.</p>
          <p rendition="#right"> <hi rendition="#b">
              <persName ref="#ref0088"><note type="editorial">Seidel,         Johann Friedrich</note>Seidel.</persName>
            </hi> </p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[128/0128] seinen Haͤnden, redet dabei mit der groͤßten Aengstlichkeit, und nennt die Sachen, die er sucht, auch wenn keiner um ihn ist, dem ers etwa sagen koͤnnte. So laͤuft er auf und ab, und wohl zehnmal an denselben Ort, wo er schon gesucht hat. Sein Blick, wenn ers gefunden, ist derselbe, ob er gleich nun die groͤßte Freude anzeigen soll. Denn nun laͤuft er eben so hurtig und fuͤr Freude taumelnd hin und her, und sagt es laut, daß er das Verlohrne wieder gefunden habe. Seine Faͤhigkeiten sind unbedeutend und er wird es niemals weit in einer Sache bringen. Aber ein ungluͤckliches, sich selbst laͤstiges Geschoͤpf scheint er zu werden, wenn nicht eine große Verwandlung mit ihm geschieht, wozu in der That fast keine Hofnung ist. Seine Unruhe wird ihn in Streitigkeiten mit seinen Mitmenschen verwickeln; seine Zanksucht wird ihm Feinde verursachen, und in seinem Herzen wird er kein Mittel finden, sich irgend eine von den menschlichen Wiederwaͤrtigkeiten zu versuͤßen. Seidel.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/128
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/128>, abgerufen am 25.04.2024.