Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite


"funfzig Thaler durch Heiligung des Bra-" mit einem Abbrechungszeichen, weil die Zeile zu Ende war. Es war mir nicht möglich, mich auf etwas in meinen vorhergegangnen Vorstellungen oder Geschäften zu besinnen, welches durch einen dunklen mechanischen Einfluß zu diesen unverständlichen Worten hätte Anlaß geben können.

***

Diese Erzählung mag gar leicht in den Augen anderer, die aus der Erfahrung oder aus Lektüre mehr mit den mannichfaltigen Erscheinungen in der menschlichen Natur bekannt sind, weit weniger Befremdendes und Sonderbares an sich haben, als in den meinigen. Der seelige Sulzer selbst sagte mir in seiner Antwort hierauf manche Seltsamkeiten von etwas ähnlicher Art, die er theils an sich, theils an Bekannten erlebt hatte; doch gestand er einen beträchtlichen Unterschied zwischen denselben und dem gegenwärtigen Fall.

So viel, dünkt mich, folgt aus diesem letzteren, daß es nicht so leicht sey, von der Verstandesverrückung eines andern zu urtheilen. Jch erinnerte mich mitten in meinem oben beschriebenen Zustande eines damals in dem hiesigen Jrrenhause befindlichen Candidaten, der anfänglich auch verwirrt und unverständlich gesprochen hatte, und dessen Verrückung nachher darein gesetzt ward, daß er zu gar keinem weiteren Sprechen zu bringen war.


»funfzig Thaler durch Heiligung des Bra-« mit einem Abbrechungszeichen, weil die Zeile zu Ende war. Es war mir nicht moͤglich, mich auf etwas in meinen vorhergegangnen Vorstellungen oder Geschaͤften zu besinnen, welches durch einen dunklen mechanischen Einfluß zu diesen unverstaͤndlichen Worten haͤtte Anlaß geben koͤnnen.

***

Diese Erzaͤhlung mag gar leicht in den Augen anderer, die aus der Erfahrung oder aus Lektuͤre mehr mit den mannichfaltigen Erscheinungen in der menschlichen Natur bekannt sind, weit weniger Befremdendes und Sonderbares an sich haben, als in den meinigen. Der seelige Sulzer selbst sagte mir in seiner Antwort hierauf manche Seltsamkeiten von etwas aͤhnlicher Art, die er theils an sich, theils an Bekannten erlebt hatte; doch gestand er einen betraͤchtlichen Unterschied zwischen denselben und dem gegenwaͤrtigen Fall.

So viel, duͤnkt mich, folgt aus diesem letzteren, daß es nicht so leicht sey, von der Verstandesverruͤckung eines andern zu urtheilen. Jch erinnerte mich mitten in meinem oben beschriebenen Zustande eines damals in dem hiesigen Jrrenhause befindlichen Candidaten, der anfaͤnglich auch verwirrt und unverstaͤndlich gesprochen hatte, und dessen Verruͤckung nachher darein gesetzt ward, daß er zu gar keinem weiteren Sprechen zu bringen war.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div>
          <p><pb facs="#f0046" n="42"/><lb/>
»funfzig Thaler durch Heiligung des Bra-« mit einem                         Abbrechungszeichen, weil die Zeile zu Ende war. Es war mir nicht mo&#x0364;glich,                         mich auf etwas in meinen vorhergegangnen Vorstellungen oder Gescha&#x0364;ften zu                         besinnen, welches durch einen dunklen mechanischen Einfluß zu diesen                         unversta&#x0364;ndlichen Worten ha&#x0364;tte Anlaß geben ko&#x0364;nnen. </p>
          <p rend="center">***</p>
          <p>Diese Erza&#x0364;hlung mag gar leicht in den Augen anderer, die aus der Erfahrung                         oder aus Lektu&#x0364;re mehr mit den mannichfaltigen Erscheinungen in der                         menschlichen Natur bekannt sind, weit weniger Befremdendes und Sonderbares                         an sich haben, als in den meinigen. Der seelige <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0142"><note type="editorial">Sulzer, Johann Georg</note>Sulzer</persName></hi> selbst sagte mir in seiner Antwort hierauf manche Seltsamkeiten von etwas                         a&#x0364;hnlicher Art, die er theils an sich, theils an Bekannten erlebt hatte; doch                         gestand er einen betra&#x0364;chtlichen Unterschied zwischen denselben und dem                         gegenwa&#x0364;rtigen Fall. </p>
          <p>So viel, du&#x0364;nkt mich, folgt aus diesem letzteren, daß es nicht so leicht sey,                         von der Verstandesverru&#x0364;ckung eines andern zu urtheilen. Jch erinnerte mich                         mitten in meinem oben beschriebenen Zustande eines damals in dem hiesigen                         Jrrenhause befindlichen Candidaten, der anfa&#x0364;nglich auch verwirrt und                         unversta&#x0364;ndlich gesprochen hatte, und dessen Verru&#x0364;ckung nachher darein                         gesetzt ward, daß er zu gar keinem weiteren Sprechen zu bringen war.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0046] »funfzig Thaler durch Heiligung des Bra-« mit einem Abbrechungszeichen, weil die Zeile zu Ende war. Es war mir nicht moͤglich, mich auf etwas in meinen vorhergegangnen Vorstellungen oder Geschaͤften zu besinnen, welches durch einen dunklen mechanischen Einfluß zu diesen unverstaͤndlichen Worten haͤtte Anlaß geben koͤnnen. *** Diese Erzaͤhlung mag gar leicht in den Augen anderer, die aus der Erfahrung oder aus Lektuͤre mehr mit den mannichfaltigen Erscheinungen in der menschlichen Natur bekannt sind, weit weniger Befremdendes und Sonderbares an sich haben, als in den meinigen. Der seelige Sulzer selbst sagte mir in seiner Antwort hierauf manche Seltsamkeiten von etwas aͤhnlicher Art, die er theils an sich, theils an Bekannten erlebt hatte; doch gestand er einen betraͤchtlichen Unterschied zwischen denselben und dem gegenwaͤrtigen Fall. So viel, duͤnkt mich, folgt aus diesem letzteren, daß es nicht so leicht sey, von der Verstandesverruͤckung eines andern zu urtheilen. Jch erinnerte mich mitten in meinem oben beschriebenen Zustande eines damals in dem hiesigen Jrrenhause befindlichen Candidaten, der anfaͤnglich auch verwirrt und unverstaͤndlich gesprochen hatte, und dessen Verruͤckung nachher darein gesetzt ward, daß er zu gar keinem weiteren Sprechen zu bringen war.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0102_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0102_1783/46
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0102_1783/46>, abgerufen am 23.04.2024.