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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783.

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Er schickte ihn wieder; aber ohne Erfolg. Jetzt sprach er von Kuren, denen er sich habe unterwerfen müssen, vom Bade, in das er getaucht wäre, um seinen Kopf wieder in Ordnung zu bringen. Als man in der Lehrstunde einen Brief diktirte, schrieb er, statt des Diktirten, viel verwirrtes Zeug nieder, das keinen Sinn hatte. Nun lief sogar von einem Vater eines andern Schülers ein Schreiben an einen Lehrer ein, worinn er bat, auf diesen Menschen Acht zu haben, weil er einen seiner Mitschüler zu erstechen gedroht habe.

Dieser Wink nebst den vielen nachtheiligen verdrehten Gerüchten über diesen Vorfall, noch mehr aber folgender Brief, der von diesem Jüngling selbst einem Lehrer in dessen Abwesenheit ins Haus gebracht wurde, veranlaßte, daß man gewissere Auskunft darüber suchte. Jch will ihn ganz wörtlich mittheilen.

"Mein lieber Herr K..,

Jch bedanke mich auch für Jhren guten Unterricht, den ich bishero von Jhnen gehabt habe; denn ich werde nunmehro nach Jtalien reisen, Leben Sie wohl; ich werde mich beständig an Sie erinnern, weil ich Jhnen so gut gewesen bin, als allen meinen Maiters, und ich von Jhnen am meisten gelernt habe. Jch verbleibe mit vieler Hochachtung, u.s.w."



Er schickte ihn wieder; aber ohne Erfolg. Jetzt sprach er von Kuren, denen er sich habe unterwerfen muͤssen, vom Bade, in das er getaucht waͤre, um seinen Kopf wieder in Ordnung zu bringen. Als man in der Lehrstunde einen Brief diktirte, schrieb er, statt des Diktirten, viel verwirrtes Zeug nieder, das keinen Sinn hatte. Nun lief sogar von einem Vater eines andern Schuͤlers ein Schreiben an einen Lehrer ein, worinn er bat, auf diesen Menschen Acht zu haben, weil er einen seiner Mitschuͤler zu erstechen gedroht habe.

Dieser Wink nebst den vielen nachtheiligen verdrehten Geruͤchten uͤber diesen Vorfall, noch mehr aber folgender Brief, der von diesem Juͤngling selbst einem Lehrer in dessen Abwesenheit ins Haus gebracht wurde, veranlaßte, daß man gewissere Auskunft daruͤber suchte. Jch will ihn ganz woͤrtlich mittheilen.

»Mein lieber Herr K..,

Jch bedanke mich auch fuͤr Jhren guten Unterricht, den ich bishero von Jhnen gehabt habe; denn ich werde nunmehro nach Jtalien reisen, Leben Sie wohl; ich werde mich bestaͤndig an Sie erinnern, weil ich Jhnen so gut gewesen bin, als allen meinen Maiters, und ich von Jhnen am meisten gelernt habe. Jch verbleibe mit vieler Hochachtung, u.s.w.«


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[32/0036] Er schickte ihn wieder; aber ohne Erfolg. Jetzt sprach er von Kuren, denen er sich habe unterwerfen muͤssen, vom Bade, in das er getaucht waͤre, um seinen Kopf wieder in Ordnung zu bringen. Als man in der Lehrstunde einen Brief diktirte, schrieb er, statt des Diktirten, viel verwirrtes Zeug nieder, das keinen Sinn hatte. Nun lief sogar von einem Vater eines andern Schuͤlers ein Schreiben an einen Lehrer ein, worinn er bat, auf diesen Menschen Acht zu haben, weil er einen seiner Mitschuͤler zu erstechen gedroht habe. Dieser Wink nebst den vielen nachtheiligen verdrehten Geruͤchten uͤber diesen Vorfall, noch mehr aber folgender Brief, der von diesem Juͤngling selbst einem Lehrer in dessen Abwesenheit ins Haus gebracht wurde, veranlaßte, daß man gewissere Auskunft daruͤber suchte. Jch will ihn ganz woͤrtlich mittheilen. »Mein lieber Herr K.., Jch bedanke mich auch fuͤr Jhren guten Unterricht, den ich bishero von Jhnen gehabt habe; denn ich werde nunmehro nach Jtalien reisen, Leben Sie wohl; ich werde mich bestaͤndig an Sie erinnern, weil ich Jhnen so gut gewesen bin, als allen meinen Maiters, und ich von Jhnen am meisten gelernt habe. Jch verbleibe mit vieler Hochachtung, u.s.w.«

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0102_1783/36>, abgerufen am 20.04.2024.