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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.

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IV. 20-24.

Ein spanischer Weber, den vermuthlich das beständige krumme Sitzen, oft scharfes Nachdenken, und weitläuftiges Ueberrechnen bei schweren und künstlichen Mustern, die mit seiner Profession verknüpft sind, zu hypochondrischen Zufällen geneigt gemacht hatten, und wahrscheinlich auch eine Neigung zum Müßiggang, ein bequemeres Leben zu suchen veranlaßte, gerieth auf den Gedanken, Schätze zu graben.

Diese Jdee wurde in seiner lebhaften Einbildungskraft so fixirt, daß er zuletzt an ihre Wirklichkeit zu glauben anfieng. Dieses verwirrte schon seinen Verstand. Krankheit, Nothdürftigkeit und Kummer zerrütteten denselben vollends.

Er glaubte im Jahre 1764 wirklich mit Hülfe seines schon verstorbenen Bruders einen Schatz (den er sehr umständlich beschrieb) gefunden zu haben. Die heiligen Engel und Geister, wie auch zwei schon verstorbene Menschen hatten ihnen denselben offenbart, und mit Hülfe eines solchen Geistes und der Wünschelruthe hatte er die Stelle wo der Schatz sich befand, entdeckt. Böse Geister aber hatten ihm und seinem Bruder Hindernisse in den Weg gelegt. Er entdeckte also dieses Geheimniß andern Leuten, die er nannte, und wollte mit ihrer Hülfe die zweite Nacht sein Heil probiren.


IV. 20-24.

Ein spanischer Weber, den vermuthlich das bestaͤndige krumme Sitzen, oft scharfes Nachdenken, und weitlaͤuftiges Ueberrechnen bei schweren und kuͤnstlichen Mustern, die mit seiner Profession verknuͤpft sind, zu hypochondrischen Zufaͤllen geneigt gemacht hatten, und wahrscheinlich auch eine Neigung zum Muͤßiggang, ein bequemeres Leben zu suchen veranlaßte, gerieth auf den Gedanken, Schaͤtze zu graben.

Diese Jdee wurde in seiner lebhaften Einbildungskraft so fixirt, daß er zuletzt an ihre Wirklichkeit zu glauben anfieng. Dieses verwirrte schon seinen Verstand. Krankheit, Nothduͤrftigkeit und Kummer zerruͤtteten denselben vollends.

Er glaubte im Jahre 1764 wirklich mit Huͤlfe seines schon verstorbenen Bruders einen Schatz (den er sehr umstaͤndlich beschrieb) gefunden zu haben. Die heiligen Engel und Geister, wie auch zwei schon verstorbene Menschen hatten ihnen denselben offenbart, und mit Huͤlfe eines solchen Geistes und der Wuͤnschelruthe hatte er die Stelle wo der Schatz sich befand, entdeckt. Boͤse Geister aber hatten ihm und seinem Bruder Hindernisse in den Weg gelegt. Er entdeckte also dieses Geheimniß andern Leuten, die er nannte, und wollte mit ihrer Huͤlfe die zweite Nacht sein Heil probiren.

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[7/0007] IV. 20-24. Ein spanischer Weber, den vermuthlich das bestaͤndige krumme Sitzen, oft scharfes Nachdenken, und weitlaͤuftiges Ueberrechnen bei schweren und kuͤnstlichen Mustern, die mit seiner Profession verknuͤpft sind, zu hypochondrischen Zufaͤllen geneigt gemacht hatten, und wahrscheinlich auch eine Neigung zum Muͤßiggang, ein bequemeres Leben zu suchen veranlaßte, gerieth auf den Gedanken, Schaͤtze zu graben. Diese Jdee wurde in seiner lebhaften Einbildungskraft so fixirt, daß er zuletzt an ihre Wirklichkeit zu glauben anfieng. Dieses verwirrte schon seinen Verstand. Krankheit, Nothduͤrftigkeit und Kummer zerruͤtteten denselben vollends. Er glaubte im Jahre 1764 wirklich mit Huͤlfe seines schon verstorbenen Bruders einen Schatz (den er sehr umstaͤndlich beschrieb) gefunden zu haben. Die heiligen Engel und Geister, wie auch zwei schon verstorbene Menschen hatten ihnen denselben offenbart, und mit Huͤlfe eines solchen Geistes und der Wuͤnschelruthe hatte er die Stelle wo der Schatz sich befand, entdeckt. Boͤse Geister aber hatten ihm und seinem Bruder Hindernisse in den Weg gelegt. Er entdeckte also dieses Geheimniß andern Leuten, die er nannte, und wollte mit ihrer Huͤlfe die zweite Nacht sein Heil probiren.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/7>, abgerufen am 28.03.2024.