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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.

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heilige Abendmahl, und verhielt sich dabei ganz ordentlich und vernünftig.

Die folgende Nacht hindurch bringt er mit unterbrochenem Schlummer zu. Beim Erwachen sagte er, er wäre bei den Engeln im Himmel gewesen, und als er das Blasen der Musikanten in der Nachbarschaft hörte, versicherte er, die Engel im Himmel machten viel schönere Musik.

Den Sonnabend gerieth er in ein offenbares Delirium.

Den Nachmittag nimmt er von seinen Freunden und Bekannten Abschied, und läßt Träger, die er namhaft macht, bestellen, die ihn zu Grabe tragen sollen.

Endlich des Abends um zehn Uhr geräth er in eine völlige Wuth. Dieses dauerte mit einiger Remission, bis über drei Stunden fort, worauf er unbemerkt verschied.

Er ist an eben dem Tage gestorben, an welchem sein Bruder sieben Jahr vorher sein Leben geendigt hat.

Nach seinem Tode hat man in einem Kleiderschrank von ihm eingeschrieben gefunden, er werde nach drei Jahren an eben dem Tage, und um die Zeit sterben, da sein Bruder gestorben wäre.




heilige Abendmahl, und verhielt sich dabei ganz ordentlich und vernuͤnftig.

Die folgende Nacht hindurch bringt er mit unterbrochenem Schlummer zu. Beim Erwachen sagte er, er waͤre bei den Engeln im Himmel gewesen, und als er das Blasen der Musikanten in der Nachbarschaft hoͤrte, versicherte er, die Engel im Himmel machten viel schoͤnere Musik.

Den Sonnabend gerieth er in ein offenbares Delirium.

Den Nachmittag nimmt er von seinen Freunden und Bekannten Abschied, und laͤßt Traͤger, die er namhaft macht, bestellen, die ihn zu Grabe tragen sollen.

Endlich des Abends um zehn Uhr geraͤth er in eine voͤllige Wuth. Dieses dauerte mit einiger Remission, bis uͤber drei Stunden fort, worauf er unbemerkt verschied.

Er ist an eben dem Tage gestorben, an welchem sein Bruder sieben Jahr vorher sein Leben geendigt hat.

Nach seinem Tode hat man in einem Kleiderschrank von ihm eingeschrieben gefunden, er werde nach drei Jahren an eben dem Tage, und um die Zeit sterben, da sein Bruder gestorben waͤre.



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[45/0045] heilige Abendmahl, und verhielt sich dabei ganz ordentlich und vernuͤnftig. Die folgende Nacht hindurch bringt er mit unterbrochenem Schlummer zu. Beim Erwachen sagte er, er waͤre bei den Engeln im Himmel gewesen, und als er das Blasen der Musikanten in der Nachbarschaft hoͤrte, versicherte er, die Engel im Himmel machten viel schoͤnere Musik. Den Sonnabend gerieth er in ein offenbares Delirium. Den Nachmittag nimmt er von seinen Freunden und Bekannten Abschied, und laͤßt Traͤger, die er namhaft macht, bestellen, die ihn zu Grabe tragen sollen. Endlich des Abends um zehn Uhr geraͤth er in eine voͤllige Wuth. Dieses dauerte mit einiger Remission, bis uͤber drei Stunden fort, worauf er unbemerkt verschied. Er ist an eben dem Tage gestorben, an welchem sein Bruder sieben Jahr vorher sein Leben geendigt hat. Nach seinem Tode hat man in einem Kleiderschrank von ihm eingeschrieben gefunden, er werde nach drei Jahren an eben dem Tage, und um die Zeit sterben, da sein Bruder gestorben waͤre.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/45>, abgerufen am 29.03.2024.