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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.

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Einige Zeit ehe die Krankheit sie verließ, träumte ihr, wie sie erzählte, das Wasser eines benachbarten Brunnens Tropfbrunnen genannt, werde sie heilen. Diesem zufolge, trank sie in reichem Maße davon, sowohl in als außer dem Paroxysmus.

Reichte man ihr während des Paroxysmus anderes Wasser, so stieß sie es mit Widerwillen von sich. Brachte man ihr hingegen das Wasser aus diesem Brunnen, so trank sie es sehr gierig mit immer verschlossenen Augen.

Vor ihrem letzten Paroxysmus sagte sie: nun habe sie gerade noch drei Sprünge zu machen, und dann wolle sie weiter weder springen noch laufen.

Diesem zufolge, nachdem sie in ihren gewöhnlichen Schlaf gefallen war, sprang sie auf das Gesimse des Kamins, und wieder herunter. Dies that sie dreimal, hielt drauf Wort, und sprang niemals wieder.


78-82.

Einer Frauensperson von sehr lebhaftem Temperament und feuriger Einbildungskraft, von sehr feinem Nervenbau und folglich sehr empfindsam, ist im Jahre .... Monat .... ein Kind, das sie ungemein zärtlich liebte, durch den Tod entrissen worden.


Einige Zeit ehe die Krankheit sie verließ, traͤumte ihr, wie sie erzaͤhlte, das Wasser eines benachbarten Brunnens Tropfbrunnen genannt, werde sie heilen. Diesem zufolge, trank sie in reichem Maße davon, sowohl in als außer dem Paroxysmus.

Reichte man ihr waͤhrend des Paroxysmus anderes Wasser, so stieß sie es mit Widerwillen von sich. Brachte man ihr hingegen das Wasser aus diesem Brunnen, so trank sie es sehr gierig mit immer verschlossenen Augen.

Vor ihrem letzten Paroxysmus sagte sie: nun habe sie gerade noch drei Spruͤnge zu machen, und dann wolle sie weiter weder springen noch laufen.

Diesem zufolge, nachdem sie in ihren gewoͤhnlichen Schlaf gefallen war, sprang sie auf das Gesimse des Kamins, und wieder herunter. Dies that sie dreimal, hielt drauf Wort, und sprang niemals wieder.


78-82.

Einer Frauensperson von sehr lebhaftem Temperament und feuriger Einbildungskraft, von sehr feinem Nervenbau und folglich sehr empfindsam, ist im Jahre .... Monat .... ein Kind, das sie ungemein zaͤrtlich liebte, durch den Tod entrissen worden.

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[25/0025] Einige Zeit ehe die Krankheit sie verließ, traͤumte ihr, wie sie erzaͤhlte, das Wasser eines benachbarten Brunnens Tropfbrunnen genannt, werde sie heilen. Diesem zufolge, trank sie in reichem Maße davon, sowohl in als außer dem Paroxysmus. Reichte man ihr waͤhrend des Paroxysmus anderes Wasser, so stieß sie es mit Widerwillen von sich. Brachte man ihr hingegen das Wasser aus diesem Brunnen, so trank sie es sehr gierig mit immer verschlossenen Augen. Vor ihrem letzten Paroxysmus sagte sie: nun habe sie gerade noch drei Spruͤnge zu machen, und dann wolle sie weiter weder springen noch laufen. Diesem zufolge, nachdem sie in ihren gewoͤhnlichen Schlaf gefallen war, sprang sie auf das Gesimse des Kamins, und wieder herunter. Dies that sie dreimal, hielt drauf Wort, und sprang niemals wieder. 78-82. Einer Frauensperson von sehr lebhaftem Temperament und feuriger Einbildungskraft, von sehr feinem Nervenbau und folglich sehr empfindsam, ist im Jahre .... Monat .... ein Kind, das sie ungemein zaͤrtlich liebte, durch den Tod entrissen worden.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/25>, abgerufen am 29.03.2024.