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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.

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Siebenter Gesang.

Vrachte der Behemoth sich [Spaltenumbruch] gg), das ungeheurste der Thiere,
Welches die Erde gebahr, mit seinem unbiegsamen Körper
Aus dem Zeugungsklumpen heraus. Die blöckenden Heerden
460Schoßten dickbewollet hervor, wie Pflanzen. Das Flußpferd

Und das gepanzerte Krokodill stand zwischen dem Wasser
Und dem Land', unschlüßig. Was auf dem Boden umherkriecht,
Kam auf einmal herzu, Jnsekten und Würme. Die ersten
Schwungen die bunten feineren Schwingen, und schmückten die Glieder
465Mit des Sommers prächtgem Gewand, besprenget mit Flecken

Von Lazur und Grün und Gold und Purpur. Die letzten
Zogen den langen Leib wie eine Linie nach sich,
Und bemerkten den Grund mit ihrem schlängelnden Pfade.
Alle nicht waren von Zwergnatur. Vom Schlangengeschlechte
470Wanden einige sich, in dichtverschlungenen Kreisen,

Ungeheuer an Dick' und Länge dahin, und bekamen
Flügel. Zuerst kroch itzt die in der Zukunft erfahrne
Sparende Ameis hervor. Jn einem verachteten Körper
Zeigt sie ein großes Herz. Vielleicht ein künftiges Beyspiel
475Von der billigen Gleichheit, die ihre freye Regierung

Untereinander verknüpft. Drauf kam die weibliche Biene hh)

Schwär-
gg) Behemoth und Leviathan, sind
zwey Thiere, die im Buch Hiob vorkom-
men. Die meisten der alten Ausleger
haben unter ihnen den Elephauten und
Wallfisch verstanden. Die neuern
Schrifterklärer aber haben zu zeigen ge-
sucht, daß Behemoth das Flußpferd
[Spaltenumbruch] und Leviathan das Krokodill sey.
Milton war der ersten Meynung zuge-
than. N.
hh) Nach den neuesten Erfahrungen
weiß man, daß die Königinn oder Mut-
terbiene größer, als alle übrigen ist, und
ein Jahr ins andre gerechnet dreyßig bis
vierzig-
II. Th. D

Siebenter Geſang.

Vrachte der Behemoth ſich [Spaltenumbruch] gg), das ungeheurſte der Thiere,
Welches die Erde gebahr, mit ſeinem unbiegſamen Koͤrper
Aus dem Zeugungsklumpen heraus. Die bloͤckenden Heerden
460Schoßten dickbewollet hervor, wie Pflanzen. Das Flußpferd

Und das gepanzerte Krokodill ſtand zwiſchen dem Waſſer
Und dem Land’, unſchluͤßig. Was auf dem Boden umherkriecht,
Kam auf einmal herzu, Jnſekten und Wuͤrme. Die erſten
Schwungen die bunten feineren Schwingen, und ſchmuͤckten die Glieder
465Mit des Sommers praͤchtgem Gewand, beſprenget mit Flecken

Von Lazur und Gruͤn und Gold und Purpur. Die letzten
Zogen den langen Leib wie eine Linie nach ſich,
Und bemerkten den Grund mit ihrem ſchlaͤngelnden Pfade.
Alle nicht waren von Zwergnatur. Vom Schlangengeſchlechte
470Wanden einige ſich, in dichtverſchlungenen Kreiſen,

Ungeheuer an Dick’ und Laͤnge dahin, und bekamen
Fluͤgel. Zuerſt kroch itzt die in der Zukunft erfahrne
Sparende Ameis hervor. Jn einem verachteten Koͤrper
Zeigt ſie ein großes Herz. Vielleicht ein kuͤnftiges Beyſpiel
475Von der billigen Gleichheit, die ihre freye Regierung

Untereinander verknuͤpft. Drauf kam die weibliche Biene hh)

Schwaͤr-
gg) Behemoth und Leviathan, ſind
zwey Thiere, die im Buch Hiob vorkom-
men. Die meiſten der alten Ausleger
haben unter ihnen den Elephauten und
Wallfiſch verſtanden. Die neuern
Schrifterklaͤrer aber haben zu zeigen ge-
ſucht, daß Behemoth das Flußpferd
[Spaltenumbruch] und Leviathan das Krokodill ſey.
Milton war der erſten Meynung zuge-
than. N.
hh) Nach den neueſten Erfahrungen
weiß man, daß die Koͤniginn oder Mut-
terbiene groͤßer, als alle uͤbrigen iſt, und
ein Jahr ins andre gerechnet dreyßig bis
vierzig-
II. Th. D
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[25/0041] Siebenter Geſang. Vrachte der Behemoth ſich gg), das ungeheurſte der Thiere, Welches die Erde gebahr, mit ſeinem unbiegſamen Koͤrper Aus dem Zeugungsklumpen heraus. Die bloͤckenden Heerden Schoßten dickbewollet hervor, wie Pflanzen. Das Flußpferd Und das gepanzerte Krokodill ſtand zwiſchen dem Waſſer Und dem Land’, unſchluͤßig. Was auf dem Boden umherkriecht, Kam auf einmal herzu, Jnſekten und Wuͤrme. Die erſten Schwungen die bunten feineren Schwingen, und ſchmuͤckten die Glieder Mit des Sommers praͤchtgem Gewand, beſprenget mit Flecken Von Lazur und Gruͤn und Gold und Purpur. Die letzten Zogen den langen Leib wie eine Linie nach ſich, Und bemerkten den Grund mit ihrem ſchlaͤngelnden Pfade. Alle nicht waren von Zwergnatur. Vom Schlangengeſchlechte Wanden einige ſich, in dichtverſchlungenen Kreiſen, Ungeheuer an Dick’ und Laͤnge dahin, und bekamen Fluͤgel. Zuerſt kroch itzt die in der Zukunft erfahrne Sparende Ameis hervor. Jn einem verachteten Koͤrper Zeigt ſie ein großes Herz. Vielleicht ein kuͤnftiges Beyſpiel Von der billigen Gleichheit, die ihre freye Regierung Untereinander verknuͤpft. Drauf kam die weibliche Biene hh) Schwaͤr- gg) Behemoth und Leviathan, ſind zwey Thiere, die im Buch Hiob vorkom- men. Die meiſten der alten Ausleger haben unter ihnen den Elephauten und Wallfiſch verſtanden. Die neuern Schrifterklaͤrer aber haben zu zeigen ge- ſucht, daß Behemoth das Flußpferd und Leviathan das Krokodill ſey. Milton war der erſten Meynung zuge- than. N. hh) Nach den neueſten Erfahrungen weiß man, daß die Koͤniginn oder Mut- terbiene groͤßer, als alle uͤbrigen iſt, und ein Jahr ins andre gerechnet dreyßig bis vierzig- II. Th. D

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/41>, abgerufen am 29.03.2024.