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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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helm, du hast viel gelitten, und auch du, Therese;
und doch nahms ein Ende. Und doch seyd ihr
noch so fern vom Grab, wo alles Leiden aufhört,
und ich bin ihm schon so nah. Hat doch Maria-
ne ausgelitten; warum sollt ich nun nicht alles
tragen? Damals wars noch schwer, als ich mit
ihr trug, und sie mit mir, aber nun ... ist alles
leicht ..... Ach, daß ich euch trösten muß!
Jhr verliert nur mich, und Jch habe sie verloh-
ren ... Lieben Freunde, ihr habt viel gethan an
mir .. und besonders Sie, mein Rothfels, in den
letzten Tagen. Gott vergelts Euch! ... wärs
auf Euch angekommen, ich wäre glücklich. Gott
hats anders gewollt, und ich mutre nicht. Jst
sie doch in der Hand des Allmächtigen, und wird
mir bald entgegen kommen .. Darum tröstet Euch!
Jch werde glücklich .. Glaubet mir, im Himmel
werd ich ihr erzählen, was ihr an mir thatet.
Gott wirds segnen. Jch kann nichts |vergelten.
Diese kurze Zeit noch, daß ich lebe, will ich für
Euch bethen. -- .. Warum weinest du, mein Kron-
helm, und du, meine Schwester? Soll ich mit
euch weinen? Ja, ihr wart mir lieb und theuer;
ach, ihr wißt es selbst, wie mein Leben euch zu
Dienste stand! ... Aber nun ists aus; nun ge-



helm, du haſt viel gelitten, und auch du, Thereſe;
und doch nahms ein Ende. Und doch ſeyd ihr
noch ſo fern vom Grab, wo alles Leiden aufhoͤrt,
und ich bin ihm ſchon ſo nah. Hat doch Maria-
ne ausgelitten; warum ſollt ich nun nicht alles
tragen? Damals wars noch ſchwer, als ich mit
ihr trug, und ſie mit mir, aber nun … iſt alles
leicht ..... Ach, daß ich euch troͤſten muß!
Jhr verliert nur mich, und Jch habe ſie verloh-
ren … Lieben Freunde, ihr habt viel gethan an
mir .. und beſonders Sie, mein Rothfels, in den
letzten Tagen. Gott vergelts Euch! … waͤrs
auf Euch angekommen, ich waͤre gluͤcklich. Gott
hats anders gewollt, und ich mutre nicht. Jſt
ſie doch in der Hand des Allmaͤchtigen, und wird
mir bald entgegen kommen .. Darum troͤſtet Euch!
Jch werde gluͤcklich .. Glaubet mir, im Himmel
werd ich ihr erzaͤhlen, was ihr an mir thatet.
Gott wirds ſegnen. Jch kann nichts |vergelten.
Dieſe kurze Zeit noch, daß ich lebe, will ich fuͤr
Euch bethen. — .. Warum weineſt du, mein Kron-
helm, und du, meine Schweſter? Soll ich mit
euch weinen? Ja, ihr wart mir lieb und theuer;
ach, ihr wißt es ſelbſt, wie mein Leben euch zu
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[1022/0602] helm, du haſt viel gelitten, und auch du, Thereſe; und doch nahms ein Ende. Und doch ſeyd ihr noch ſo fern vom Grab, wo alles Leiden aufhoͤrt, und ich bin ihm ſchon ſo nah. Hat doch Maria- ne ausgelitten; warum ſollt ich nun nicht alles tragen? Damals wars noch ſchwer, als ich mit ihr trug, und ſie mit mir, aber nun … iſt alles leicht ..... Ach, daß ich euch troͤſten muß! Jhr verliert nur mich, und Jch habe ſie verloh- ren … Lieben Freunde, ihr habt viel gethan an mir .. und beſonders Sie, mein Rothfels, in den letzten Tagen. Gott vergelts Euch! … waͤrs auf Euch angekommen, ich waͤre gluͤcklich. Gott hats anders gewollt, und ich mutre nicht. Jſt ſie doch in der Hand des Allmaͤchtigen, und wird mir bald entgegen kommen .. Darum troͤſtet Euch! Jch werde gluͤcklich .. Glaubet mir, im Himmel werd ich ihr erzaͤhlen, was ihr an mir thatet. Gott wirds ſegnen. Jch kann nichts |vergelten. Dieſe kurze Zeit noch, daß ich lebe, will ich fuͤr Euch bethen. — .. Warum weineſt du, mein Kron- helm, und du, meine Schweſter? Soll ich mit euch weinen? Ja, ihr wart mir lieb und theuer; ach, ihr wißt es ſelbſt, wie mein Leben euch zu Dienſte ſtand! … Aber nun iſts aus; nun ge-

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 1022. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/602>, abgerufen am 29.03.2024.