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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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Vater nicht besser anwenden, als wenn ich ihr die
Hälfte davon gebe. -- Behalt dein Geld, gute
Seele! sagte Therese. Für Salome ist schon ge-
sorgt. Jch hab mit meinem Mann drüber ge-
sprochen. Wir wollen sie auf unser Schloß neh-
men, wenn sie Lust hat. Will sie nicht, oder kön-
nen wir zusammen nicht auskommen, so will mein
Kronhelm sie in München unterbringen. O du
himmlische Schwester! sagte Siegwart, und um-
armte sie. Salome'n ward auch wirklich nachher
dieser Vorschlag gethan, und sie nahm ihm mit
Freuden, und, wie es schien, mit der dankbarsten
Rührung an.

Als Karl und seine Frau weggegangen waren,
entdeckte Siegwart Kronhelm und Theresen seinen
Wunsch, morgen nach Jngolstadt zurückzureisen,
um wieder bey seiner lieben Mariane zu seyn. So
gern ihn auch Kronhelm und seine Schwester noch
länger bey sich behalten hätten, so konnten sie es doch
nicht übers Herz bringen, ein paar so zärtlich Liebende
länger getrennt zu lassen; daher willigten sie in
seinen Vorsatz, nachdem er ihnen erst versprochen
hatte, sie gewiß bald, von Jngolstadt aus, zu be-
suchen. Kronhelm sagte ihm, sein Onkel habe ihm
versprochen, ganz gewiß für ihn zu sorgen, und



Vater nicht beſſer anwenden, als wenn ich ihr die
Haͤlfte davon gebe. — Behalt dein Geld, gute
Seele! ſagte Thereſe. Fuͤr Salome iſt ſchon ge-
ſorgt. Jch hab mit meinem Mann druͤber ge-
ſprochen. Wir wollen ſie auf unſer Schloß neh-
men, wenn ſie Luſt hat. Will ſie nicht, oder koͤn-
nen wir zuſammen nicht auskommen, ſo will mein
Kronhelm ſie in Muͤnchen unterbringen. O du
himmliſche Schweſter! ſagte Siegwart, und um-
armte ſie. Salome’n ward auch wirklich nachher
dieſer Vorſchlag gethan, und ſie nahm ihm mit
Freuden, und, wie es ſchien, mit der dankbarſten
Ruͤhrung an.

Als Karl und ſeine Frau weggegangen waren,
entdeckte Siegwart Kronhelm und Thereſen ſeinen
Wunſch, morgen nach Jngolſtadt zuruͤckzureiſen,
um wieder bey ſeiner lieben Mariane zu ſeyn. So
gern ihn auch Kronhelm und ſeine Schweſter noch
laͤnger bey ſich behalten haͤtten, ſo konnten ſie es doch
nicht uͤbers Herz bringen, ein paar ſo zaͤrtlich Liebende
laͤnger getrennt zu laſſen; daher willigten ſie in
ſeinen Vorſatz, nachdem er ihnen erſt verſprochen
hatte, ſie gewiß bald, von Jngolſtadt aus, zu be-
ſuchen. Kronhelm ſagte ihm, ſein Onkel habe ihm
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[895/0475] Vater nicht beſſer anwenden, als wenn ich ihr die Haͤlfte davon gebe. — Behalt dein Geld, gute Seele! ſagte Thereſe. Fuͤr Salome iſt ſchon ge- ſorgt. Jch hab mit meinem Mann druͤber ge- ſprochen. Wir wollen ſie auf unſer Schloß neh- men, wenn ſie Luſt hat. Will ſie nicht, oder koͤn- nen wir zuſammen nicht auskommen, ſo will mein Kronhelm ſie in Muͤnchen unterbringen. O du himmliſche Schweſter! ſagte Siegwart, und um- armte ſie. Salome’n ward auch wirklich nachher dieſer Vorſchlag gethan, und ſie nahm ihm mit Freuden, und, wie es ſchien, mit der dankbarſten Ruͤhrung an. Als Karl und ſeine Frau weggegangen waren, entdeckte Siegwart Kronhelm und Thereſen ſeinen Wunſch, morgen nach Jngolſtadt zuruͤckzureiſen, um wieder bey ſeiner lieben Mariane zu ſeyn. So gern ihn auch Kronhelm und ſeine Schweſter noch laͤnger bey ſich behalten haͤtten, ſo konnten ſie es doch nicht uͤbers Herz bringen, ein paar ſo zaͤrtlich Liebende laͤnger getrennt zu laſſen; daher willigten ſie in ſeinen Vorſatz, nachdem er ihnen erſt verſprochen hatte, ſie gewiß bald, von Jngolſtadt aus, zu be- ſuchen. Kronhelm ſagte ihm, ſein Onkel habe ihm verſprochen, ganz gewiß fuͤr ihn zu ſorgen, und

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 895. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/475>, abgerufen am 19.04.2024.