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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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willigung erhalten habe; daß der Vater aber
durch den Tod verhindert worden sey, sich, wie
er ihm versprochen habe, deutlicher darüber zu
erklären u. s. w. Karl, und noch mehr seine Frau,
fielen nun über Siegwart her; nannten seinen
Einfall dumm, und gottlos, scholten ihn Lügen,
und erklärten sich: sie würden dieses nimmer-
mehr zugeben; Karl sey ihm nun an Vaters
statt, und ihm müß' er folgen. Ueberdas sey
gar kein Geld da, um das Studieren noch ein-
mal von neuem anzufangen. Der sel. Vater hab
auf der Schule und auf der Universität schon
mehr an ihn gewendet, als an alle seine übri-
gen Kinder zusammen; die zweyfache Krankheit
hab auch viel gekostet, und Theresens Aussteuer;
jetzt sey kein Heller baares Geld da, und das
übrige werd auch soviel nicht ausmachen; er ko-
ste in Einem Jahr so viel, daß sein ganzes
Erbtheil darauf gehn würde; er könn jetzt ein
Mönch werden, denn darauf hab er lange gnug
studiert; sein Vorgeben sey auch sehr verdächtig,
da der sel. Vater kein Wort davon habe verlau-
ten lassen u. s. w. Kurz; der Schluß war:
Auf sein Gewissen könne er, sein Bruder, nie
darein willigen, und an Unterstützung sey gar



willigung erhalten habe; daß der Vater aber
durch den Tod verhindert worden ſey, ſich, wie
er ihm verſprochen habe, deutlicher daruͤber zu
erklaͤren u. ſ. w. Karl, und noch mehr ſeine Frau,
fielen nun uͤber Siegwart her; nannten ſeinen
Einfall dumm, und gottlos, ſcholten ihn Luͤgen,
und erklaͤrten ſich: ſie wuͤrden dieſes nimmer-
mehr zugeben; Karl ſey ihm nun an Vaters
ſtatt, und ihm muͤß’ er folgen. Ueberdas ſey
gar kein Geld da, um das Studieren noch ein-
mal von neuem anzufangen. Der ſel. Vater hab
auf der Schule und auf der Univerſitaͤt ſchon
mehr an ihn gewendet, als an alle ſeine uͤbri-
gen Kinder zuſammen; die zweyfache Krankheit
hab auch viel gekoſtet, und Thereſens Ausſteuer;
jetzt ſey kein Heller baares Geld da, und das
uͤbrige werd auch ſoviel nicht ausmachen; er ko-
ſte in Einem Jahr ſo viel, daß ſein ganzes
Erbtheil darauf gehn wuͤrde; er koͤnn jetzt ein
Moͤnch werden, denn darauf hab er lange gnug
ſtudiert; ſein Vorgeben ſey auch ſehr verdaͤchtig,
da der ſel. Vater kein Wort davon habe verlau-
ten laſſen u. ſ. w. Kurz; der Schluß war:
Auf ſein Gewiſſen koͤnne er, ſein Bruder, nie
darein willigen, und an Unterſtuͤtzung ſey gar

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[883/0463] willigung erhalten habe; daß der Vater aber durch den Tod verhindert worden ſey, ſich, wie er ihm verſprochen habe, deutlicher daruͤber zu erklaͤren u. ſ. w. Karl, und noch mehr ſeine Frau, fielen nun uͤber Siegwart her; nannten ſeinen Einfall dumm, und gottlos, ſcholten ihn Luͤgen, und erklaͤrten ſich: ſie wuͤrden dieſes nimmer- mehr zugeben; Karl ſey ihm nun an Vaters ſtatt, und ihm muͤß’ er folgen. Ueberdas ſey gar kein Geld da, um das Studieren noch ein- mal von neuem anzufangen. Der ſel. Vater hab auf der Schule und auf der Univerſitaͤt ſchon mehr an ihn gewendet, als an alle ſeine uͤbri- gen Kinder zuſammen; die zweyfache Krankheit hab auch viel gekoſtet, und Thereſens Ausſteuer; jetzt ſey kein Heller baares Geld da, und das uͤbrige werd auch ſoviel nicht ausmachen; er ko- ſte in Einem Jahr ſo viel, daß ſein ganzes Erbtheil darauf gehn wuͤrde; er koͤnn jetzt ein Moͤnch werden, denn darauf hab er lange gnug ſtudiert; ſein Vorgeben ſey auch ſehr verdaͤchtig, da der ſel. Vater kein Wort davon habe verlau- ten laſſen u. ſ. w. Kurz; der Schluß war: Auf ſein Gewiſſen koͤnne er, ſein Bruder, nie darein willigen, und an Unterſtuͤtzung ſey gar

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 883. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/463>, abgerufen am 28.03.2024.