Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite



Hör, Karl, das Fräulein hier wollt ich dir eben
wünschen! Sie ist schön, hat Geld, und ist von
steinaltem Adel. -- Verzeihen Sie, Papa, sagt
ich, und zuckte die Achseln; Sie wissen ... Ey
was? rief er, freylich weis ich! Aber, schlag mich
der Donner, da wird nichts draus! Lieber zieh
ich dir die Haut ab! -- Es leb Fräulein Stell-
mann! Trinks mit! -- Jch konnts, ohne die
Höflichkeit zu beleidigen, nicht abschlagen. -- So,
Karl, das ist brav! Jhr müst ein Paar werden;
nicht wahr, Fräulein? -- Sie sah mir unverschämt
ins Gesicht, lachte, und gab mir die Hand.
Jch ließ es so geschehen, weil ich dachte, hier
wird doch nichts ausgemacht, und allein will ich
schon mit ihm reden. --

Schade, daß nicht gleich ein Pfaff bey
der Hand ist! sagte mein Vater; man könnt sie
gleich zusammengeben. -- O, da ist Rath vor, sagte
der Amtmann, hier ist schon ein Pfarrer! indem
machte er ein Seitenzimmer auf, und ein dicker
Pfaffe trat heraus. Jch riß mich von der Stell-
mann los, und sprang auf. Papa, rief ich, ist
das Ernst? Freylich, Kerl, rief er, und riegelte
die Saalthüre zu. Man wird dich schon krie-
gen, du vermaledeyte Bestie! -- Jch ward in



Hoͤr, Karl, das Fraͤulein hier wollt ich dir eben
wuͤnſchen! Sie iſt ſchoͤn, hat Geld, und iſt von
ſteinaltem Adel. — Verzeihen Sie, Papa, ſagt
ich, und zuckte die Achſeln; Sie wiſſen … Ey
was? rief er, freylich weis ich! Aber, ſchlag mich
der Donner, da wird nichts draus! Lieber zieh
ich dir die Haut ab! — Es leb Fraͤulein Stell-
mann! Trinks mit! — Jch konnts, ohne die
Hoͤflichkeit zu beleidigen, nicht abſchlagen. — So,
Karl, das iſt brav! Jhr muͤſt ein Paar werden;
nicht wahr, Fraͤulein? — Sie ſah mir unverſchaͤmt
ins Geſicht, lachte, und gab mir die Hand.
Jch ließ es ſo geſchehen, weil ich dachte, hier
wird doch nichts ausgemacht, und allein will ich
ſchon mit ihm reden. —

Schade, daß nicht gleich ein Pfaff bey
der Hand iſt! ſagte mein Vater; man koͤnnt ſie
gleich zuſammengeben. — O, da iſt Rath vor, ſagte
der Amtmann, hier iſt ſchon ein Pfarrer! indem
machte er ein Seitenzimmer auf, und ein dicker
Pfaffe trat heraus. Jch riß mich von der Stell-
mann los, und ſprang auf. Papa, rief ich, iſt
das Ernſt? Freylich, Kerl, rief er, und riegelte
die Saalthuͤre zu. Man wird dich ſchon krie-
gen, du vermaledeyte Beſtie! — Jch ward in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p>
          <floatingText>
            <body>
              <div type="letter">
                <p><pb facs="#f0350" n="770"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Ho&#x0364;r, Karl, das Fra&#x0364;ulein hier wollt ich dir eben<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;chen! Sie i&#x017F;t &#x017F;cho&#x0364;n, hat Geld, und i&#x017F;t von<lb/>
&#x017F;teinaltem Adel. &#x2014; Verzeihen Sie, Papa, &#x017F;agt<lb/>
ich, und zuckte die Ach&#x017F;eln; Sie wi&#x017F;&#x017F;en &#x2026; Ey<lb/>
was? rief er, freylich weis ich! Aber, &#x017F;chlag mich<lb/>
der Donner, da wird nichts draus! Lieber zieh<lb/>
ich dir die Haut ab! &#x2014; Es leb Fra&#x0364;ulein Stell-<lb/>
mann! Trinks mit! &#x2014; Jch konnts, ohne die<lb/>
Ho&#x0364;flichkeit zu beleidigen, nicht ab&#x017F;chlagen. &#x2014; So,<lb/>
Karl, das i&#x017F;t brav! Jhr mu&#x0364;&#x017F;t ein Paar werden;<lb/>
nicht wahr, Fra&#x0364;ulein? &#x2014; Sie &#x017F;ah mir unver&#x017F;cha&#x0364;mt<lb/>
ins Ge&#x017F;icht, lachte, und gab mir die Hand.<lb/>
Jch ließ es &#x017F;o ge&#x017F;chehen, weil ich dachte, hier<lb/>
wird doch nichts ausgemacht, und allein will ich<lb/>
&#x017F;chon mit ihm reden. &#x2014;</p><lb/>
                <p>Schade, daß nicht gleich ein Pfaff bey<lb/>
der Hand i&#x017F;t! &#x017F;agte mein Vater; man ko&#x0364;nnt &#x017F;ie<lb/>
gleich zu&#x017F;ammengeben. &#x2014; O, da i&#x017F;t Rath vor, &#x017F;agte<lb/>
der Amtmann, hier i&#x017F;t &#x017F;chon ein Pfarrer! indem<lb/>
machte er ein Seitenzimmer auf, und ein dicker<lb/>
Pfaffe trat heraus. Jch riß mich von der Stell-<lb/>
mann los, und &#x017F;prang auf. Papa, rief ich, i&#x017F;t<lb/>
das Ern&#x017F;t? Freylich, Kerl, rief er, und riegelte<lb/>
die Saalthu&#x0364;re zu. Man wird dich &#x017F;chon krie-<lb/>
gen, du vermaledeyte Be&#x017F;tie! &#x2014; Jch ward in<lb/></p>
              </div>
            </body>
          </floatingText>
        </p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[770/0350] Hoͤr, Karl, das Fraͤulein hier wollt ich dir eben wuͤnſchen! Sie iſt ſchoͤn, hat Geld, und iſt von ſteinaltem Adel. — Verzeihen Sie, Papa, ſagt ich, und zuckte die Achſeln; Sie wiſſen … Ey was? rief er, freylich weis ich! Aber, ſchlag mich der Donner, da wird nichts draus! Lieber zieh ich dir die Haut ab! — Es leb Fraͤulein Stell- mann! Trinks mit! — Jch konnts, ohne die Hoͤflichkeit zu beleidigen, nicht abſchlagen. — So, Karl, das iſt brav! Jhr muͤſt ein Paar werden; nicht wahr, Fraͤulein? — Sie ſah mir unverſchaͤmt ins Geſicht, lachte, und gab mir die Hand. Jch ließ es ſo geſchehen, weil ich dachte, hier wird doch nichts ausgemacht, und allein will ich ſchon mit ihm reden. — Schade, daß nicht gleich ein Pfaff bey der Hand iſt! ſagte mein Vater; man koͤnnt ſie gleich zuſammengeben. — O, da iſt Rath vor, ſagte der Amtmann, hier iſt ſchon ein Pfarrer! indem machte er ein Seitenzimmer auf, und ein dicker Pfaffe trat heraus. Jch riß mich von der Stell- mann los, und ſprang auf. Papa, rief ich, iſt das Ernſt? Freylich, Kerl, rief er, und riegelte die Saalthuͤre zu. Man wird dich ſchon krie- gen, du vermaledeyte Beſtie! — Jch ward in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/350
Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 770. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/350>, abgerufen am 20.04.2024.