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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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Aber das Leben wird dir doch nicht hell werden,
weil dus so gemacht hast mit mir. -- Lieber Gott!
ich war dir so herzlich gut, und hätt gern mein Le-
ben für dich hingegeben! Und du sagtest mir so oft,
du meynest's treu; Nun hast du auf den Montag
Hochzeit. Hör, Joseph! auf den Sonntag spring
ich ins Wasser. Es kann nicht anders seyn, Jo-
seph!
Aber gib Acht! Jch lade dich ins Thal Jo-
saphat auf den Ersten Tag im neuen Jahr. So
lange hast du noch Zeit zur Busse. Bedenks, Jo-
seph,
und bekehre dich! Jch wollte nicht, daß du
ins Fegfeuer, und von dar in die Hölle kämest; denn
ich hab dich noch lieb, aber in diesem Leben kann
ich dir nicht mehr gut seyn. Mir ists schauerhaft
zu Muth! Jesus und Maria mag sich mein erbar-
men! Aber länger leben kann ich nicht. Denk an
den Ersten Tag im Jahr! Hab Acht, und bekeh-
re dich!



Das ist| meiner Seel recht herzbrechend, sagte der
Fischer, und wischte sich die Augen. Der Joseph
möcht ich nicht seyn um tausend Gulden! Jch denk,
ich steck ihr den Ring wieder an Finger. Jch mag
ihn nicht, weils ein Trauring ist, der ist heilig. --



Aber das Leben wird dir doch nicht hell werden,
weil dus ſo gemacht haſt mit mir. — Lieber Gott!
ich war dir ſo herzlich gut, und haͤtt gern mein Le-
ben fuͤr dich hingegeben! Und du ſagteſt mir ſo oft,
du meyneſt’s treu; Nun haſt du auf den Montag
Hochzeit. Hoͤr, Joſeph! auf den Sonntag ſpring
ich ins Waſſer. Es kann nicht anders ſeyn, Jo-
ſeph!
Aber gib Acht! Jch lade dich ins Thal Jo-
ſaphat auf den Erſten Tag im neuen Jahr. So
lange haſt du noch Zeit zur Buſſe. Bedenks, Jo-
ſeph,
und bekehre dich! Jch wollte nicht, daß du
ins Fegfeuer, und von dar in die Hoͤlle kaͤmeſt; denn
ich hab dich noch lieb, aber in dieſem Leben kann
ich dir nicht mehr gut ſeyn. Mir iſts ſchauerhaft
zu Muth! Jeſus und Maria mag ſich mein erbar-
men! Aber laͤnger leben kann ich nicht. Denk an
den Erſten Tag im Jahr! Hab Acht, und bekeh-
re dich!



Das iſt| meiner Seel recht herzbrechend, ſagte der
Fiſcher, und wiſchte ſich die Augen. Der Joſeph
moͤcht ich nicht ſeyn um tauſend Gulden! Jch denk,
ich ſteck ihr den Ring wieder an Finger. Jch mag
ihn nicht, weils ein Trauring iſt, der iſt heilig. —

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[583/0163] Aber das Leben wird dir doch nicht hell werden, weil dus ſo gemacht haſt mit mir. — Lieber Gott! ich war dir ſo herzlich gut, und haͤtt gern mein Le- ben fuͤr dich hingegeben! Und du ſagteſt mir ſo oft, du meyneſt’s treu; Nun haſt du auf den Montag Hochzeit. Hoͤr, Joſeph! auf den Sonntag ſpring ich ins Waſſer. Es kann nicht anders ſeyn, Jo- ſeph! Aber gib Acht! Jch lade dich ins Thal Jo- ſaphat auf den Erſten Tag im neuen Jahr. So lange haſt du noch Zeit zur Buſſe. Bedenks, Jo- ſeph, und bekehre dich! Jch wollte nicht, daß du ins Fegfeuer, und von dar in die Hoͤlle kaͤmeſt; denn ich hab dich noch lieb, aber in dieſem Leben kann ich dir nicht mehr gut ſeyn. Mir iſts ſchauerhaft zu Muth! Jeſus und Maria mag ſich mein erbar- men! Aber laͤnger leben kann ich nicht. Denk an den Erſten Tag im Jahr! Hab Acht, und bekeh- re dich! Das iſt| meiner Seel recht herzbrechend, ſagte der Fiſcher, und wiſchte ſich die Augen. Der Joſeph moͤcht ich nicht ſeyn um tauſend Gulden! Jch denk, ich ſteck ihr den Ring wieder an Finger. Jch mag ihn nicht, weils ein Trauring iſt, der iſt heilig. —

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 583. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/163>, abgerufen am 29.03.2024.