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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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altfrei Rhätia, -- voraus aber auf Euer Wohlergehen,
Herr Pompejus, und auf Eure baldige ehrenvolle Wieder¬
einsetzung in alle Eure Würden und Rechte!"

"Habt Dank! Und vor Allem auf den Untergang
der ruchlosen Pöbelherrschaft, die jetzt unser Land mit
Blut und Schande bedeckt!"

"Erlaubt," bemerkte der Andere vorsichtig, "daß ich
als Neutraler mein Urtheil über die verwickelten Bünd¬
nerdinge einigermaßen zurückhalte. Die vorgefallenen
Formverletzungen und Unregelmäßigkeiten freilich sind
höchlich zu beklagen und ich nehme keinen Anstand, sie
auch meinerseits zu verdammen."

"Formverletzung! Unregelmäßigkeit!" brauste Herr
Pompejus zornig auf, "das sind gar schwächliche Aus¬
drücke für Aufruhr, Plünderung, Brandschatzung und
Justizmord! Daß ein Pöbelhaufe mir die Burg um¬
zingelt oder eine Scheuer in Brand steckt, davon will
ich noch nicht viel Aufhebens machen. Man hat mich
ihnen als Landesverräther vorgemalt und sie so gegen
mich verhetzt, daß ich ihnen einen bösen Streich nicht
verarge. Aber daß diese Hungerleider von Prädikanten
einen Gerichtshof aus der Hefe des Volks zusammen¬
lesen, mit der Folter hantiren und mit Zeugen, die
verlogener sind als die falschen Zeugen in der Passion

altfrei Rhätia, — voraus aber auf Euer Wohlergehen,
Herr Pompejus, und auf Eure baldige ehrenvolle Wieder¬
einſetzung in alle Eure Würden und Rechte!“

„Habt Dank! Und vor Allem auf den Untergang
der ruchloſen Pöbelherrſchaft, die jetzt unſer Land mit
Blut und Schande bedeckt!“

„Erlaubt,“ bemerkte der Andere vorſichtig, „daß ich
als Neutraler mein Urtheil über die verwickelten Bünd¬
nerdinge einigermaßen zurückhalte. Die vorgefallenen
Formverletzungen und Unregelmäßigkeiten freilich ſind
höchlich zu beklagen und ich nehme keinen Anſtand, ſie
auch meinerſeits zu verdammen.“

„Formverletzung! Unregelmäßigkeit!“ brauſte Herr
Pompejus zornig auf, „das ſind gar ſchwächliche Aus¬
drücke für Aufruhr, Plünderung, Brandſchatzung und
Juſtizmord! Daß ein Pöbelhaufe mir die Burg um¬
zingelt oder eine Scheuer in Brand ſteckt, davon will
ich noch nicht viel Aufhebens machen. Man hat mich
ihnen als Landesverräther vorgemalt und ſie ſo gegen
mich verhetzt, daß ich ihnen einen böſen Streich nicht
verarge. Aber daß dieſe Hungerleider von Prädikanten
einen Gerichtshof aus der Hefe des Volks zuſammen¬
leſen, mit der Folter hantiren und mit Zeugen, die
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[9/0019] altfrei Rhätia, — voraus aber auf Euer Wohlergehen, Herr Pompejus, und auf Eure baldige ehrenvolle Wieder¬ einſetzung in alle Eure Würden und Rechte!“ „Habt Dank! Und vor Allem auf den Untergang der ruchloſen Pöbelherrſchaft, die jetzt unſer Land mit Blut und Schande bedeckt!“ „Erlaubt,“ bemerkte der Andere vorſichtig, „daß ich als Neutraler mein Urtheil über die verwickelten Bünd¬ nerdinge einigermaßen zurückhalte. Die vorgefallenen Formverletzungen und Unregelmäßigkeiten freilich ſind höchlich zu beklagen und ich nehme keinen Anſtand, ſie auch meinerſeits zu verdammen.“ „Formverletzung! Unregelmäßigkeit!“ brauſte Herr Pompejus zornig auf, „das ſind gar ſchwächliche Aus¬ drücke für Aufruhr, Plünderung, Brandſchatzung und Juſtizmord! Daß ein Pöbelhaufe mir die Burg um¬ zingelt oder eine Scheuer in Brand ſteckt, davon will ich noch nicht viel Aufhebens machen. Man hat mich ihnen als Landesverräther vorgemalt und ſie ſo gegen mich verhetzt, daß ich ihnen einen böſen Streich nicht verarge. Aber daß dieſe Hungerleider von Prädikanten einen Gerichtshof aus der Hefe des Volks zuſammen¬ leſen, mit der Folter hantiren und mit Zeugen, die verlogener ſind als die falſchen Zeugen in der Paſſion

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/19>, abgerufen am 29.03.2024.