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Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

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Solches ist die Wahrheit nicht,
Ist ein leeres Meinen,
Doch das Volk im Dämmerlicht
Schaudert vor dem Kleinen.
So die Jungen wie die Alten
Weichen aus dem Ungestalten --
Doch vorüber wohlgemut
Auf des Schusters Räppchen
Trabt er. Blauer Fingerhut
Nickt von seinem Käppchen.
Einmal geht er heim bei Nacht
Nach des Tages Lasten,
Hat den halben Weg gemacht,
Darf ein bischen rasten,
Setzt sich und den Korb daneben,
Schimmernd hebt der Mond sich eben:
Fingerhut ist gar nicht bang,
Ihm ist gar nicht schaurig,
Nur daß noch der Weg so lang,
Macht den Kleinen traurig.
Solches iſt die Wahrheit nicht,
Iſt ein leeres Meinen,
Doch das Volk im Dämmerlicht
Schaudert vor dem Kleinen.
So die Jungen wie die Alten
Weichen aus dem Ungeſtalten —
Doch vorüber wohlgemut
Auf des Schuſters Räppchen
Trabt er. Blauer Fingerhut
Nickt von ſeinem Käppchen.
Einmal geht er heim bei Nacht
Nach des Tages Laſten,
Hat den halben Weg gemacht,
Darf ein bischen raſten,
Setzt ſich und den Korb daneben,
Schimmernd hebt der Mond ſich eben:
Fingerhut iſt gar nicht bang,
Ihm iſt gar nicht ſchaurig,
Nur daß noch der Weg ſo lang,
Macht den Kleinen traurig.
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[24/0038] Solches iſt die Wahrheit nicht, Iſt ein leeres Meinen, Doch das Volk im Dämmerlicht Schaudert vor dem Kleinen. So die Jungen wie die Alten Weichen aus dem Ungeſtalten — Doch vorüber wohlgemut Auf des Schuſters Räppchen Trabt er. Blauer Fingerhut Nickt von ſeinem Käppchen. Einmal geht er heim bei Nacht Nach des Tages Laſten, Hat den halben Weg gemacht, Darf ein bischen raſten, Setzt ſich und den Korb daneben, Schimmernd hebt der Mond ſich eben: Fingerhut iſt gar nicht bang, Ihm iſt gar nicht ſchaurig, Nur daß noch der Weg ſo lang, Macht den Kleinen traurig.

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/38>, abgerufen am 25.04.2024.