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Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847.

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dazu genommen macht die Steine an den Außenflächen weich und
zusammendrückbar, wodurch auch eine stärkere Setzung des Mauer-
werks erfolgen muß, bei der dritten Verbindung aber, wo die Steine
blos angenetzt und aufeinander gerieben werden, kleben sie an einander
und ihre Last drückt sie fest auch ohne Mörtel, und überdieß bleibt
die Mauer auf diese Art gleich von vorn herein am trockensten. Wäh-
rend des Erdbebens in Odessa haben diese 3 Gebäude durchaus nicht
gelitten. Mit den einzelnen Steinen sowohl als mit den Mauern sind
mannigfaltige Versuche angestellt, und zwar bricht ein Stein, der nach
dieser Art angefertigt worden, wenn man ihn aus Leibeskräften auf
die Erde wirft, nicht entzwei, sondern erhält höchstens einige Beschä-
digungen an den Kanten. Mit einem Beile kann man einen solchen
Stein nur mit Mühe zertrümmern. Eine Büchsenkugel auf 30 Schritt
auf eine solche Mauer abgeschossen, fällt plattgedrückt, ohne die ge-
ringste Zerstörung bewirkt zu haben, auf die Erde nieder. Der Ge-
neralgouverneur Graf Woronzow hat eine Kanone anfahren lassen,
und eine 31/2 Fuß starke Mauer ertrug diesen Schuß ohne bedeutende
Zerstörung, und nur der Stein, auf den die Kugel gewirkt, hatte eine
Vertiefung in der Stärke dieser Kugel bekommen. Der Stein läßt
sich nicht anders zum Gebrauch verkleinern, als wenn man ihn mit
einer Schrotsäge zerschneidet. Man thut wohl die Mauer mit einer
Berappung oder einem Abputz zu bekleiden (welcher Abputz mit Kalk
wird aber an den großen glatten Steinen, die außerdem noch sehr
kleine Fugen haben, haften?); obgleich der Regen ihnen nicht schadet (?)
so ist es für die Dauer doch zweckmäßig. Unter vielen guten Eigen-
schaften dieser Bauart, bei denen die Wärme, welche die Räume er-
halten, für unser Klima nicht die unbedeutendste sein möchte, ist be-
sonders noch zu bemerken, daß die Bekleidung der Mauer mit Kalk
in Zeit von 8 -- 10 Tagen vollkommen trocken ist, und den der Ge-
sundheit so nachtheiligen Kalkgeruch durchaus in sich aufnimmt, so
daß Häuser schon 14 Tage nach der Vollendung der Bekleidung be-
wohnt werden können. Zu den Fundamenten benutzt man entweder
Feldsteine, wenn der Grund feucht ist, oder bei trocknem Grunde
gräbt man nur einen Kanal zum Fundament und füllt in denselben
schichtenweise 6 Zoll hoch Erde. Jede Schicht wird tüchtig abgerammt,
mit einer Handramme festgestampft und damit fortgefahren bis der
Kanal voll ist.
Die Vortheile dieser Bauart vor dem Lehmstein- und Piseebau
theils durch ihre bei weitem größere Wohlfeilheit, theils durch die
so geringen Umstände, welche durch die Ausführung verursacht wer-
dazu genommen macht die Steine an den Außenflächen weich und
zuſammendrückbar, wodurch auch eine ſtärkere Setzung des Mauer-
werks erfolgen muß, bei der dritten Verbindung aber, wo die Steine
blos angenetzt und aufeinander gerieben werden, kleben ſie an einander
und ihre Laſt drückt ſie feſt auch ohne Mörtel, und überdieß bleibt
die Mauer auf dieſe Art gleich von vorn herein am trockenſten. Wäh-
rend des Erdbebens in Odeſſa haben dieſe 3 Gebäude durchaus nicht
gelitten. Mit den einzelnen Steinen ſowohl als mit den Mauern ſind
mannigfaltige Verſuche angeſtellt, und zwar bricht ein Stein, der nach
dieſer Art angefertigt worden, wenn man ihn aus Leibeskräften auf
die Erde wirft, nicht entzwei, ſondern erhält höchſtens einige Beſchä-
digungen an den Kanten. Mit einem Beile kann man einen ſolchen
Stein nur mit Mühe zertrümmern. Eine Büchſenkugel auf 30 Schritt
auf eine ſolche Mauer abgeſchoſſen, fällt plattgedrückt, ohne die ge-
ringſte Zerſtörung bewirkt zu haben, auf die Erde nieder. Der Ge-
neralgouverneur Graf Woronzow hat eine Kanone anfahren laſſen,
und eine 3½ Fuß ſtarke Mauer ertrug dieſen Schuß ohne bedeutende
Zerſtörung, und nur der Stein, auf den die Kugel gewirkt, hatte eine
Vertiefung in der Stärke dieſer Kugel bekommen. Der Stein läßt
ſich nicht anders zum Gebrauch verkleinern, als wenn man ihn mit
einer Schrotſäge zerſchneidet. Man thut wohl die Mauer mit einer
Berappung oder einem Abputz zu bekleiden (welcher Abputz mit Kalk
wird aber an den großen glatten Steinen, die außerdem noch ſehr
kleine Fugen haben, haften?); obgleich der Regen ihnen nicht ſchadet (?)
ſo iſt es für die Dauer doch zweckmäßig. Unter vielen guten Eigen-
ſchaften dieſer Bauart, bei denen die Wärme, welche die Räume er-
halten, für unſer Klima nicht die unbedeutendſte ſein möchte, iſt be-
ſonders noch zu bemerken, daß die Bekleidung der Mauer mit Kalk
in Zeit von 8 — 10 Tagen vollkommen trocken iſt, und den der Ge-
ſundheit ſo nachtheiligen Kalkgeruch durchaus in ſich aufnimmt, ſo
daß Häuſer ſchon 14 Tage nach der Vollendung der Bekleidung be-
wohnt werden können. Zu den Fundamenten benutzt man entweder
Feldſteine, wenn der Grund feucht iſt, oder bei trocknem Grunde
gräbt man nur einen Kanal zum Fundament und füllt in denſelben
ſchichtenweiſe 6 Zoll hoch Erde. Jede Schicht wird tüchtig abgerammt,
mit einer Handramme feſtgeſtampft und damit fortgefahren bis der
Kanal voll iſt.
Die Vortheile dieſer Bauart vor dem Lehmſtein- und Piſéebau
theils durch ihre bei weitem größere Wohlfeilheit, theils durch die
ſo geringen Umſtände, welche durch die Ausführung verurſacht wer-
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[26/0036] dazu genommen macht die Steine an den Außenflächen weich und zuſammendrückbar, wodurch auch eine ſtärkere Setzung des Mauer- werks erfolgen muß, bei der dritten Verbindung aber, wo die Steine blos angenetzt und aufeinander gerieben werden, kleben ſie an einander und ihre Laſt drückt ſie feſt auch ohne Mörtel, und überdieß bleibt die Mauer auf dieſe Art gleich von vorn herein am trockenſten. Wäh- rend des Erdbebens in Odeſſa haben dieſe 3 Gebäude durchaus nicht gelitten. Mit den einzelnen Steinen ſowohl als mit den Mauern ſind mannigfaltige Verſuche angeſtellt, und zwar bricht ein Stein, der nach dieſer Art angefertigt worden, wenn man ihn aus Leibeskräften auf die Erde wirft, nicht entzwei, ſondern erhält höchſtens einige Beſchä- digungen an den Kanten. Mit einem Beile kann man einen ſolchen Stein nur mit Mühe zertrümmern. Eine Büchſenkugel auf 30 Schritt auf eine ſolche Mauer abgeſchoſſen, fällt plattgedrückt, ohne die ge- ringſte Zerſtörung bewirkt zu haben, auf die Erde nieder. Der Ge- neralgouverneur Graf Woronzow hat eine Kanone anfahren laſſen, und eine 3½ Fuß ſtarke Mauer ertrug dieſen Schuß ohne bedeutende Zerſtörung, und nur der Stein, auf den die Kugel gewirkt, hatte eine Vertiefung in der Stärke dieſer Kugel bekommen. Der Stein läßt ſich nicht anders zum Gebrauch verkleinern, als wenn man ihn mit einer Schrotſäge zerſchneidet. Man thut wohl die Mauer mit einer Berappung oder einem Abputz zu bekleiden (welcher Abputz mit Kalk wird aber an den großen glatten Steinen, die außerdem noch ſehr kleine Fugen haben, haften?); obgleich der Regen ihnen nicht ſchadet (?) ſo iſt es für die Dauer doch zweckmäßig. Unter vielen guten Eigen- ſchaften dieſer Bauart, bei denen die Wärme, welche die Räume er- halten, für unſer Klima nicht die unbedeutendſte ſein möchte, iſt be- ſonders noch zu bemerken, daß die Bekleidung der Mauer mit Kalk in Zeit von 8 — 10 Tagen vollkommen trocken iſt, und den der Ge- ſundheit ſo nachtheiligen Kalkgeruch durchaus in ſich aufnimmt, ſo daß Häuſer ſchon 14 Tage nach der Vollendung der Bekleidung be- wohnt werden können. Zu den Fundamenten benutzt man entweder Feldſteine, wenn der Grund feucht iſt, oder bei trocknem Grunde gräbt man nur einen Kanal zum Fundament und füllt in denſelben ſchichtenweiſe 6 Zoll hoch Erde. Jede Schicht wird tüchtig abgerammt, mit einer Handramme feſtgeſtampft und damit fortgefahren bis der Kanal voll iſt. Die Vortheile dieſer Bauart vor dem Lehmſtein- und Piſéebau theils durch ihre bei weitem größere Wohlfeilheit, theils durch die ſo geringen Umſtände, welche durch die Ausführung verurſacht wer-

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Zitationshilfe: Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_maurer_1847/36>, abgerufen am 18.04.2024.