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Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847.

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schneidenden Viertheil-Ellipsen gebildet wird (wie sie Taf. VI. Fig.
126. und 127. gezeichnet sind).

Taf. VIII. Fig. 176. zeigt den Grundriß, Fig. 174. den Durch-
schnitt einer solchen Anordnung. Die Gewölbe breiten sich von den
sie unterstützenden Pfeilern so lange kreisförmig aus, bis diese Kreise
sich gegenseitig berühren. Die deutlichste Vorstellung kann man sich
hiervon machen, wenn man sich stark nach außen geschweifte Cham-
pagnergläser so aneinander gestellt denkt, daß ihre oberen Kreise sich
berühren, die Stiele der Gläser würden dann die Pfeiler, die Schwei-
fungen des Glases oben die Gewölbe bedeuten.

Zwischen je vier solchen Gewölben (oder Gläsern) wird sich ein
offner Raum bilden, welcher durch ein besonderes flaches Gewölbe (ei-
nen sogenannten Spiegel) geschlossen wird. Um diesem Spiegelge-
wölbe noch mehr Festigkeit, und den Gewölben selbst mehr Spannung
zu geben, wird zwischen den 4 Kreisbogen der Gewölbe noch ein
Kranz eingewölbt, welcher abermals die Gewölbe berührt, wie Fig. 176.
bei K. zu sehen. L. zeigt einen der offenen Räume ohne eingewölb-
ten Kranz.

Jn diese Kränze setzte man tief herunterhängende Schlußsteine
ein, wie in Fig. 177. ein solcher bei A. gezeichnet ist.

Es ist von diesen Gewölben noch zu merken, daß sie vermöge
des flachen Bogens, welchen sie bilden, einen sehr bedeutenden Sei-
tenschub auf die Strebepfeiler ausüben, welche eben darum sehr stark
sein müssen; ferner verursacht die an sich flache Lage der Gewölbe,
und namentlich der zwischen ihnen befindlichen fast scheitrechten Spie-
gel, so wie die schweren, tief herunterhängenden Schlußsteine, daß sie
an sich keine übermäßige Festigkeit haben, weshalb sie sich zur Ueber-
wölbung großer Räume nicht eignen.

Deshalb hat man diese Art von Gewölben auch nur bei klei-
nen
Abmessungen in Stein, sonst aber, bei größeren Maaßen, im-
mer in Holz ausgeführt.

Jn Stein ausgeführt bedürfen sie ebenfalls, wie die Kreuzge-
wölbe, keiner Verschalung, sondern nur aufgestellter Lehrbogen, um
die Richtung des Gewölbes nicht zu verlieren.

§. 49. Die Topf- und Gußgewölbe.

(Taf. VIII. Fig. 190--192. und Fig. 195--200.)

Die Hauptursache der Erfindung von Topf- und Gußgewölben
war unstreitig, durch Anwendung vermauerter, hohler Töpfe den Ge-
wölben mehr Leichtigkeit zu geben, wodurch der Seitenschub vermin-

ſchneidenden Viertheil-Ellipſen gebildet wird (wie ſie Taf. VI. Fig.
126. und 127. gezeichnet ſind).

Taf. VIII. Fig. 176. zeigt den Grundriß, Fig. 174. den Durch-
ſchnitt einer ſolchen Anordnung. Die Gewölbe breiten ſich von den
ſie unterſtützenden Pfeilern ſo lange kreisförmig aus, bis dieſe Kreiſe
ſich gegenſeitig berühren. Die deutlichſte Vorſtellung kann man ſich
hiervon machen, wenn man ſich ſtark nach außen geſchweifte Cham-
pagnergläſer ſo aneinander geſtellt denkt, daß ihre oberen Kreiſe ſich
berühren, die Stiele der Gläſer würden dann die Pfeiler, die Schwei-
fungen des Glaſes oben die Gewölbe bedeuten.

Zwiſchen je vier ſolchen Gewölben (oder Gläſern) wird ſich ein
offner Raum bilden, welcher durch ein beſonderes flaches Gewölbe (ei-
nen ſogenannten Spiegel) geſchloſſen wird. Um dieſem Spiegelge-
wölbe noch mehr Feſtigkeit, und den Gewölben ſelbſt mehr Spannung
zu geben, wird zwiſchen den 4 Kreisbogen der Gewölbe noch ein
Kranz eingewölbt, welcher abermals die Gewölbe berührt, wie Fig. 176.
bei K. zu ſehen. L. zeigt einen der offenen Räume ohne eingewölb-
ten Kranz.

Jn dieſe Kränze ſetzte man tief herunterhängende Schlußſteine
ein, wie in Fig. 177. ein ſolcher bei A. gezeichnet iſt.

Es iſt von dieſen Gewölben noch zu merken, daß ſie vermöge
des flachen Bogens, welchen ſie bilden, einen ſehr bedeutenden Sei-
tenſchub auf die Strebepfeiler ausüben, welche eben darum ſehr ſtark
ſein müſſen; ferner verurſacht die an ſich flache Lage der Gewölbe,
und namentlich der zwiſchen ihnen befindlichen faſt ſcheitrechten Spie-
gel, ſo wie die ſchweren, tief herunterhängenden Schlußſteine, daß ſie
an ſich keine übermäßige Feſtigkeit haben, weshalb ſie ſich zur Ueber-
wölbung großer Räume nicht eignen.

Deshalb hat man dieſe Art von Gewölben auch nur bei klei-
nen
Abmeſſungen in Stein, ſonſt aber, bei größeren Maaßen, im-
mer in Holz ausgeführt.

Jn Stein ausgeführt bedürfen ſie ebenfalls, wie die Kreuzge-
wölbe, keiner Verſchalung, ſondern nur aufgeſtellter Lehrbogen, um
die Richtung des Gewölbes nicht zu verlieren.

§. 49. Die Topf- und Gußgewölbe.

(Taf. VIII. Fig. 190—192. und Fig. 195—200.)

Die Haupturſache der Erfindung von Topf- und Gußgewölben
war unſtreitig, durch Anwendung vermauerter, hohler Töpfe den Ge-
wölben mehr Leichtigkeit zu geben, wodurch der Seitenſchub vermin-

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[218/0228] ſchneidenden Viertheil-Ellipſen gebildet wird (wie ſie Taf. VI. Fig. 126. und 127. gezeichnet ſind). Taf. VIII. Fig. 176. zeigt den Grundriß, Fig. 174. den Durch- ſchnitt einer ſolchen Anordnung. Die Gewölbe breiten ſich von den ſie unterſtützenden Pfeilern ſo lange kreisförmig aus, bis dieſe Kreiſe ſich gegenſeitig berühren. Die deutlichſte Vorſtellung kann man ſich hiervon machen, wenn man ſich ſtark nach außen geſchweifte Cham- pagnergläſer ſo aneinander geſtellt denkt, daß ihre oberen Kreiſe ſich berühren, die Stiele der Gläſer würden dann die Pfeiler, die Schwei- fungen des Glaſes oben die Gewölbe bedeuten. Zwiſchen je vier ſolchen Gewölben (oder Gläſern) wird ſich ein offner Raum bilden, welcher durch ein beſonderes flaches Gewölbe (ei- nen ſogenannten Spiegel) geſchloſſen wird. Um dieſem Spiegelge- wölbe noch mehr Feſtigkeit, und den Gewölben ſelbſt mehr Spannung zu geben, wird zwiſchen den 4 Kreisbogen der Gewölbe noch ein Kranz eingewölbt, welcher abermals die Gewölbe berührt, wie Fig. 176. bei K. zu ſehen. L. zeigt einen der offenen Räume ohne eingewölb- ten Kranz. Jn dieſe Kränze ſetzte man tief herunterhängende Schlußſteine ein, wie in Fig. 177. ein ſolcher bei A. gezeichnet iſt. Es iſt von dieſen Gewölben noch zu merken, daß ſie vermöge des flachen Bogens, welchen ſie bilden, einen ſehr bedeutenden Sei- tenſchub auf die Strebepfeiler ausüben, welche eben darum ſehr ſtark ſein müſſen; ferner verurſacht die an ſich flache Lage der Gewölbe, und namentlich der zwiſchen ihnen befindlichen faſt ſcheitrechten Spie- gel, ſo wie die ſchweren, tief herunterhängenden Schlußſteine, daß ſie an ſich keine übermäßige Feſtigkeit haben, weshalb ſie ſich zur Ueber- wölbung großer Räume nicht eignen. Deshalb hat man dieſe Art von Gewölben auch nur bei klei- nen Abmeſſungen in Stein, ſonſt aber, bei größeren Maaßen, im- mer in Holz ausgeführt. Jn Stein ausgeführt bedürfen ſie ebenfalls, wie die Kreuzge- wölbe, keiner Verſchalung, ſondern nur aufgeſtellter Lehrbogen, um die Richtung des Gewölbes nicht zu verlieren. §. 49. Die Topf- und Gußgewölbe. (Taf. VIII. Fig. 190—192. und Fig. 195—200.) Die Haupturſache der Erfindung von Topf- und Gußgewölben war unſtreitig, durch Anwendung vermauerter, hohler Töpfe den Ge- wölben mehr Leichtigkeit zu geben, wodurch der Seitenſchub vermin-

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Zitationshilfe: Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_maurer_1847/228>, abgerufen am 24.04.2024.