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Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847.

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Lehrgerüst, daß man dieses nur entfernen kann, wenn man es ge-
waltsam umschlägt, wodurch aber eine solche Erschütterung des Ge-
wölbes erfolgen kann, daß es augenblicklich einstürzt, welcher Fall lei-
der sehr oft vorgekommen ist, und schon viele Menschenleben ge-
kostet hat.

Jedes Gewölbe drückt sich nach der Entfernung des Lehrgerüstes
zusammen, welches man das Setzen des Gewölbes nennt. Deshalb
setzt man die Lehrbogen auf Keile, damit, wenn man diese langsam lüf-
tet, das Setzen langsam vor sich gehen kann, und man ist dann im-
mer vor jedem plötzlichen Einsturz des Gewölbes gesichert, selbst wenn
es schlecht gemauert wäre, da das Lehrgerüst, wenn die Keile gelöset
werden, das sich nachsenkende Gewölbe immer noch trägt. Je größer
die Wölbungen sind, um so nöthiger wird es die Lehrbogen zu un-
terkeilen.

Bei den Gewölben werden die ganzen Flächen von den Lehr-
bogen aus unterschalt, und auf diese Unterschalung die Gewölbesteine
gelegt. Es giebt aber auch einige Arten von Gewölben, wo nur
einige Lehrbogen allein deshalb aufgestellt werden, um die erforder-
liche Krümmung des Gewölbes bei der Arbeit zu bezeichnen, und
damit die Arbeiter diese Krümmung nicht verlieren. Jn diesem Falle
wird die ganze Fläche des Gewölbes nicht unterschalt, welches
eine große Ersparung an Zeit, Arbeit, Holz und folglich an Kosten
gewährt.

Diese Gewölbe sind die Kuppel, das spitzbogige Kreuzgewölbe,
das böhmische Gewölbe, und die Kuppel im viereckigen Raume.
Wir werden sie später näher kennen lernen. Alle Gußgewölbe da-
gegen bedürfen einer vollständigen Unterschalung. (Siehe auch weiter
unten §. 53).

§. 42. Das Tonnen- oder Kufengewölbe.

Es hat gewöhnlich die Gestalt eines nach der Länge halb durch-
geschnittenen Cylinders und sein Gewölbebogen ist demnach der Halb-
kreis; denkt man sich einen Gurtbogen von beliebiger Bogenform sei-
ner Länge nach fortgesetzt, so entsteht ebenfalls ein Tonnengewölbe,
und dasselbe kann demnach auch elliptisch, spitzbogig etc. sein.

Es ist etwa 50--60 Jahre her, als man sich zu Unterkelle-
rungen der Gebäude noch sehr häufig des Tonnengewölbes bediente;
seit der Zeit aber verwendete man sie immer weniger, weil sie, als
Halbkreis geformt, mindestens die halbe Breite eines Raumes zur

Lehrgerüſt, daß man dieſes nur entfernen kann, wenn man es ge-
waltſam umſchlägt, wodurch aber eine ſolche Erſchütterung des Ge-
wölbes erfolgen kann, daß es augenblicklich einſtürzt, welcher Fall lei-
der ſehr oft vorgekommen iſt, und ſchon viele Menſchenleben ge-
koſtet hat.

Jedes Gewölbe drückt ſich nach der Entfernung des Lehrgerüſtes
zuſammen, welches man das Setzen des Gewölbes nennt. Deshalb
ſetzt man die Lehrbogen auf Keile, damit, wenn man dieſe langſam lüf-
tet, das Setzen langſam vor ſich gehen kann, und man iſt dann im-
mer vor jedem plötzlichen Einſturz des Gewölbes geſichert, ſelbſt wenn
es ſchlecht gemauert wäre, da das Lehrgerüſt, wenn die Keile gelöſet
werden, das ſich nachſenkende Gewölbe immer noch trägt. Je größer
die Wölbungen ſind, um ſo nöthiger wird es die Lehrbogen zu un-
terkeilen.

Bei den Gewölben werden die ganzen Flächen von den Lehr-
bogen aus unterſchalt, und auf dieſe Unterſchalung die Gewölbeſteine
gelegt. Es giebt aber auch einige Arten von Gewölben, wo nur
einige Lehrbogen allein deshalb aufgeſtellt werden, um die erforder-
liche Krümmung des Gewölbes bei der Arbeit zu bezeichnen, und
damit die Arbeiter dieſe Krümmung nicht verlieren. Jn dieſem Falle
wird die ganze Fläche des Gewölbes nicht unterſchalt, welches
eine große Erſparung an Zeit, Arbeit, Holz und folglich an Koſten
gewährt.

Dieſe Gewölbe ſind die Kuppel, das ſpitzbogige Kreuzgewölbe,
das böhmiſche Gewölbe, und die Kuppel im viereckigen Raume.
Wir werden ſie ſpäter näher kennen lernen. Alle Gußgewölbe da-
gegen bedürfen einer vollſtändigen Unterſchalung. (Siehe auch weiter
unten §. 53).

§. 42. Das Tonnen- oder Kufengewölbe.

Es hat gewöhnlich die Geſtalt eines nach der Länge halb durch-
geſchnittenen Cylinders und ſein Gewölbebogen iſt demnach der Halb-
kreis; denkt man ſich einen Gurtbogen von beliebiger Bogenform ſei-
ner Länge nach fortgeſetzt, ſo entſteht ebenfalls ein Tonnengewölbe,
und daſſelbe kann demnach auch elliptiſch, ſpitzbogig ꝛc. ſein.

Es iſt etwa 50—60 Jahre her, als man ſich zu Unterkelle-
rungen der Gebäude noch ſehr häufig des Tonnengewölbes bediente;
ſeit der Zeit aber verwendete man ſie immer weniger, weil ſie, als
Halbkreis geformt, mindeſtens die halbe Breite eines Raumes zur

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[189/0199] Lehrgerüſt, daß man dieſes nur entfernen kann, wenn man es ge- waltſam umſchlägt, wodurch aber eine ſolche Erſchütterung des Ge- wölbes erfolgen kann, daß es augenblicklich einſtürzt, welcher Fall lei- der ſehr oft vorgekommen iſt, und ſchon viele Menſchenleben ge- koſtet hat. Jedes Gewölbe drückt ſich nach der Entfernung des Lehrgerüſtes zuſammen, welches man das Setzen des Gewölbes nennt. Deshalb ſetzt man die Lehrbogen auf Keile, damit, wenn man dieſe langſam lüf- tet, das Setzen langſam vor ſich gehen kann, und man iſt dann im- mer vor jedem plötzlichen Einſturz des Gewölbes geſichert, ſelbſt wenn es ſchlecht gemauert wäre, da das Lehrgerüſt, wenn die Keile gelöſet werden, das ſich nachſenkende Gewölbe immer noch trägt. Je größer die Wölbungen ſind, um ſo nöthiger wird es die Lehrbogen zu un- terkeilen. Bei den Gewölben werden die ganzen Flächen von den Lehr- bogen aus unterſchalt, und auf dieſe Unterſchalung die Gewölbeſteine gelegt. Es giebt aber auch einige Arten von Gewölben, wo nur einige Lehrbogen allein deshalb aufgeſtellt werden, um die erforder- liche Krümmung des Gewölbes bei der Arbeit zu bezeichnen, und damit die Arbeiter dieſe Krümmung nicht verlieren. Jn dieſem Falle wird die ganze Fläche des Gewölbes nicht unterſchalt, welches eine große Erſparung an Zeit, Arbeit, Holz und folglich an Koſten gewährt. Dieſe Gewölbe ſind die Kuppel, das ſpitzbogige Kreuzgewölbe, das böhmiſche Gewölbe, und die Kuppel im viereckigen Raume. Wir werden ſie ſpäter näher kennen lernen. Alle Gußgewölbe da- gegen bedürfen einer vollſtändigen Unterſchalung. (Siehe auch weiter unten §. 53). §. 42. Das Tonnen- oder Kufengewölbe. Es hat gewöhnlich die Geſtalt eines nach der Länge halb durch- geſchnittenen Cylinders und ſein Gewölbebogen iſt demnach der Halb- kreis; denkt man ſich einen Gurtbogen von beliebiger Bogenform ſei- ner Länge nach fortgeſetzt, ſo entſteht ebenfalls ein Tonnengewölbe, und daſſelbe kann demnach auch elliptiſch, ſpitzbogig ꝛc. ſein. Es iſt etwa 50—60 Jahre her, als man ſich zu Unterkelle- rungen der Gebäude noch ſehr häufig des Tonnengewölbes bediente; ſeit der Zeit aber verwendete man ſie immer weniger, weil ſie, als Halbkreis geformt, mindeſtens die halbe Breite eines Raumes zur

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Zitationshilfe: Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_maurer_1847/199>, abgerufen am 24.04.2024.