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Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847.

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als auch die erforderlichen Folgerungen aus den Be-
schreibungen und Zeichnungen anerkannt guter Muster
zu erforschen.
Eiserne Anker in den verschiedenen Stockwerks-
höhen angebracht, halten die massiven Mauern der Höhe und
Breite nach zusammen und sind ein vorzügliches Mittel zur Beför-
derung der Festigkeit. Werden sie an den Balkenköpfen der Etagen
und Dachbalken angebracht, so haben sie untereinander eine Entfer-
nung von 12 bis 16 Fuß.

§. 27. Mauern von Feld- und Bruchsteinen.

Sie werden entweder aus großen Blöcken und ohne Mörtel zu-
sammengesetzt, oder sie bestehen aus kleineren Steinstücken, welche
durch Mörtel verbunden werden. Schon aus dem frühesten Alterthum
besitzen wir im südlichen Europa vorzugsweise Mauern aus großen
unregelmäßigen Steinblöcken, ohne allen Mörtel zusammengesetzt, die
Fugen sind auf das Genaueste in einander gepaßt, und ihre wohl
dreitausendjährige Dauer, ungeachtet aller Erdbeben und willkührlicher
Beschädigungen, beweiset wohl genugsam ihre Festigkeit; sie sind in
Jtalien und Griechenland unter dem Namen der Cyclopen-Mauern
bekannt. Jm nördlichen Europa wo einzelne Spuren ähnlicher Bau-
werke vorkommen, nennt man sie gewöhnlich Teufelsmauern, da man
die Uebereinanderschichtung solch ungeheurer Blöcke gewöhnlichen
Kräften nicht zutraute.

Das Grundgesetz, worauf ihre Festigkeit beruht, ist ein mög-
lichst guter Steinverband, so weit er sich bei der Unregelmäßigkeit des
Materials erreichen läßt, und möglichste Größe der Steine selbst, da
sie sich um so fester und unverschiebbarer auf einander pressen, je
größer und folglich je schwerer sie sind.

Um in solcher Bauart ganze Räume auch mit Steinen über-
decken zu können, verfuhr man so, daß man jede nächstfolgende obere
Schicht um Etwas gegen die nächstuntere vorrückte bis die beiden
gegenüberstehenden Mauern oberhalb so nahe kamen, daß man nur
wieder einen großen Stein überzulegen brauchte, um die Oeffnung
zu schließen. Man nennt dies Verfahren die Ueberkragung,
Auskragung.

Das schönste und festeste Mauerwerk ist das aus regelmäßig
behauenen rechteckigen Steinblöcken, deren Breite zugleich die Dicke
der Mauer ausmacht, und welche übereinander in regelmäßigem Ver-
bande liegen; d. h. die Fuge zweier oberhalb liegender Steine trifft
auf die Mitte des in der nächstuntern Schicht folgenden Steines.

als auch die erforderlichen Folgerungen aus den Be-
ſchreibungen und Zeichnungen anerkannt guter Muſter
zu erforſchen.
Eiſerne Anker in den verſchiedenen Stockwerks-
höhen angebracht, halten die maſſiven Mauern der Höhe und
Breite nach zuſammen und ſind ein vorzügliches Mittel zur Beför-
derung der Feſtigkeit. Werden ſie an den Balkenköpfen der Etagen
und Dachbalken angebracht, ſo haben ſie untereinander eine Entfer-
nung von 12 bis 16 Fuß.

§. 27. Mauern von Feld- und Bruchſteinen.

Sie werden entweder aus großen Blöcken und ohne Mörtel zu-
ſammengeſetzt, oder ſie beſtehen aus kleineren Steinſtücken, welche
durch Mörtel verbunden werden. Schon aus dem früheſten Alterthum
beſitzen wir im ſüdlichen Europa vorzugsweiſe Mauern aus großen
unregelmäßigen Steinblöcken, ohne allen Mörtel zuſammengeſetzt, die
Fugen ſind auf das Genaueſte in einander gepaßt, und ihre wohl
dreitauſendjährige Dauer, ungeachtet aller Erdbeben und willkührlicher
Beſchädigungen, beweiſet wohl genugſam ihre Feſtigkeit; ſie ſind in
Jtalien und Griechenland unter dem Namen der Cyclopen-Mauern
bekannt. Jm nördlichen Europa wo einzelne Spuren ähnlicher Bau-
werke vorkommen, nennt man ſie gewöhnlich Teufelsmauern, da man
die Uebereinanderſchichtung ſolch ungeheurer Blöcke gewöhnlichen
Kräften nicht zutraute.

Das Grundgeſetz, worauf ihre Feſtigkeit beruht, iſt ein mög-
lichſt guter Steinverband, ſo weit er ſich bei der Unregelmäßigkeit des
Materials erreichen läßt, und möglichſte Größe der Steine ſelbſt, da
ſie ſich um ſo feſter und unverſchiebbarer auf einander preſſen, je
größer und folglich je ſchwerer ſie ſind.

Um in ſolcher Bauart ganze Räume auch mit Steinen über-
decken zu können, verfuhr man ſo, daß man jede nächſtfolgende obere
Schicht um Etwas gegen die nächſtuntere vorrückte bis die beiden
gegenüberſtehenden Mauern oberhalb ſo nahe kamen, daß man nur
wieder einen großen Stein überzulegen brauchte, um die Oeffnung
zu ſchließen. Man nennt dies Verfahren die Ueberkragung,
Auskragung.

Das ſchönſte und feſteſte Mauerwerk iſt das aus regelmäßig
behauenen rechteckigen Steinblöcken, deren Breite zugleich die Dicke
der Mauer ausmacht, und welche übereinander in regelmäßigem Ver-
bande liegen; d. h. die Fuge zweier oberhalb liegender Steine trifft
auf die Mitte des in der nächſtuntern Schicht folgenden Steines.

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[112/0122] als auch die erforderlichen Folgerungen aus den Be- ſchreibungen und Zeichnungen anerkannt guter Muſter zu erforſchen. Eiſerne Anker in den verſchiedenen Stockwerks- höhen angebracht, halten die maſſiven Mauern der Höhe und Breite nach zuſammen und ſind ein vorzügliches Mittel zur Beför- derung der Feſtigkeit. Werden ſie an den Balkenköpfen der Etagen und Dachbalken angebracht, ſo haben ſie untereinander eine Entfer- nung von 12 bis 16 Fuß. §. 27. Mauern von Feld- und Bruchſteinen. Sie werden entweder aus großen Blöcken und ohne Mörtel zu- ſammengeſetzt, oder ſie beſtehen aus kleineren Steinſtücken, welche durch Mörtel verbunden werden. Schon aus dem früheſten Alterthum beſitzen wir im ſüdlichen Europa vorzugsweiſe Mauern aus großen unregelmäßigen Steinblöcken, ohne allen Mörtel zuſammengeſetzt, die Fugen ſind auf das Genaueſte in einander gepaßt, und ihre wohl dreitauſendjährige Dauer, ungeachtet aller Erdbeben und willkührlicher Beſchädigungen, beweiſet wohl genugſam ihre Feſtigkeit; ſie ſind in Jtalien und Griechenland unter dem Namen der Cyclopen-Mauern bekannt. Jm nördlichen Europa wo einzelne Spuren ähnlicher Bau- werke vorkommen, nennt man ſie gewöhnlich Teufelsmauern, da man die Uebereinanderſchichtung ſolch ungeheurer Blöcke gewöhnlichen Kräften nicht zutraute. Das Grundgeſetz, worauf ihre Feſtigkeit beruht, iſt ein mög- lichſt guter Steinverband, ſo weit er ſich bei der Unregelmäßigkeit des Materials erreichen läßt, und möglichſte Größe der Steine ſelbſt, da ſie ſich um ſo feſter und unverſchiebbarer auf einander preſſen, je größer und folglich je ſchwerer ſie ſind. Um in ſolcher Bauart ganze Räume auch mit Steinen über- decken zu können, verfuhr man ſo, daß man jede nächſtfolgende obere Schicht um Etwas gegen die nächſtuntere vorrückte bis die beiden gegenüberſtehenden Mauern oberhalb ſo nahe kamen, daß man nur wieder einen großen Stein überzulegen brauchte, um die Oeffnung zu ſchließen. Man nennt dies Verfahren die Ueberkragung, Auskragung. Das ſchönſte und feſteſte Mauerwerk iſt das aus regelmäßig behauenen rechteckigen Steinblöcken, deren Breite zugleich die Dicke der Mauer ausmacht, und welche übereinander in regelmäßigem Ver- bande liegen; d. h. die Fuge zweier oberhalb liegender Steine trifft auf die Mitte des in der nächſtuntern Schicht folgenden Steines.

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Zitationshilfe: Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_maurer_1847/122>, abgerufen am 20.04.2024.