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Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847.

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Meubeln, Waaren etc. betrifft, welche die Mauern außer ihrem eigenen
Gewicht zu tragen haben, so lehrt die Erfahrung, daß alle die ver-
schiedenen Arten Mauerwerk durch diese vermehrte Last nicht zer-
quetscht werden, sondern recht gut im Stande sind, dieselben zu
tragen.

Dagegen aber ist die Last des ganzen Gebäudes mit allem was es
außerdem zu tragen bestimmt ist, sehr zu berücksichtigen hinsichtlich
des Druckes, den es auf den Untergrund ausübt. Es wird also na-
mentlich bei starker sonstiger Belastung besonders auf hinlänglich
breite Grundmauern gesehen werden müssen, welche, wenn man
blos das Gewicht des Gebäudes selbst und allein berücksichtigt, viel
schwächer angelegt werden können. So z. B. wird bei Getreidema-
gazinen, Salzmagazinen etc. etc. diese Rücksicht besonders eintreten,
wegen der sehr vermehrten Last auf den Untergrund.

Mauern deren Grundriß ein Kreis oder ein regelmäßiges Viel-
eck ist, haben deßhalb eine verhältnißmäßig größere Standfähigkeit als
in gerader Linie fortlaufende, weil sie 1) in sich selbst zurückkehren
und 2) bei Vielecken in jeder Ecke einen Anhaltepunkt der Mauer
bilden, ähnlich einem Strebepfeiler. Die runde Mauer hat aus diesem
Grunde die meiste Standfähigkeit und können dergleichen Mauern auch
schwächer angelegt werden, als wenn sie in gerader Linie fortliefen.

Sind viele Mauern im Jnnern des Gebäudes vorhanden, also
die Räume verhältnißmäßig klein, so entsteht dadurch ein verhältniß-
mäßig festeres Gebäude, als wenn nur ein oder viele große Räume
darin vorhanden sind. Auch wird ein Gebäude mit vielen kleinen
Räumen (der vielen Grundmauern wegen) den Untergrund gleich-
mäßiger belasten als ein hohles Gebäude, und sich auch leichter tra-
gen, da eine größere Grundfläche desselben vorhanden ist, auch kann
man in diesem Falle die Mauern schwächer machen, als im umge-
kehrten Falle.

Eine ganz andere Bestimmung der Mauerstärken tritt ein, wenn
statt hölzerner Decken gewölbte angewendet werden. (Hiervon das
Weitere bei den Gewölben.) Hierüber und über die Bestimmung der
Mauerstärken in zweifelhaften Fällen überhaupt, wo die gewöhnlichen
Erfahrungssätze nicht auszureichen scheinen, sehe man das vortreffliche
Werk: theoretische und praktische Anleitung zur Kunst zu bauen, von
J. Roudelet.

Den besten Aufschluß giebt die Vergleichung ausgeführter Ge-
bäude. Es ist deshalb dem angehenden Maurer und Baumeister nicht
oft genug zu empfehlen: die Baustellen sowohl zu besuchen,

Meubeln, Waaren ꝛc. betrifft, welche die Mauern außer ihrem eigenen
Gewicht zu tragen haben, ſo lehrt die Erfahrung, daß alle die ver-
ſchiedenen Arten Mauerwerk durch dieſe vermehrte Laſt nicht zer-
quetſcht werden, ſondern recht gut im Stande ſind, dieſelben zu
tragen.

Dagegen aber iſt die Laſt des ganzen Gebäudes mit allem was es
außerdem zu tragen beſtimmt iſt, ſehr zu berückſichtigen hinſichtlich
des Druckes, den es auf den Untergrund ausübt. Es wird alſo na-
mentlich bei ſtarker ſonſtiger Belaſtung beſonders auf hinlänglich
breite Grundmauern geſehen werden müſſen, welche, wenn man
blos das Gewicht des Gebäudes ſelbſt und allein berückſichtigt, viel
ſchwächer angelegt werden können. So z. B. wird bei Getreidema-
gazinen, Salzmagazinen ꝛc. ꝛc. dieſe Rückſicht beſonders eintreten,
wegen der ſehr vermehrten Laſt auf den Untergrund.

Mauern deren Grundriß ein Kreis oder ein regelmäßiges Viel-
eck iſt, haben deßhalb eine verhältnißmäßig größere Standfähigkeit als
in gerader Linie fortlaufende, weil ſie 1) in ſich ſelbſt zurückkehren
und 2) bei Vielecken in jeder Ecke einen Anhaltepunkt der Mauer
bilden, ähnlich einem Strebepfeiler. Die runde Mauer hat aus dieſem
Grunde die meiſte Standfähigkeit und können dergleichen Mauern auch
ſchwächer angelegt werden, als wenn ſie in gerader Linie fortliefen.

Sind viele Mauern im Jnnern des Gebäudes vorhanden, alſo
die Räume verhältnißmäßig klein, ſo entſteht dadurch ein verhältniß-
mäßig feſteres Gebäude, als wenn nur ein oder viele große Räume
darin vorhanden ſind. Auch wird ein Gebäude mit vielen kleinen
Räumen (der vielen Grundmauern wegen) den Untergrund gleich-
mäßiger belaſten als ein hohles Gebäude, und ſich auch leichter tra-
gen, da eine größere Grundfläche deſſelben vorhanden iſt, auch kann
man in dieſem Falle die Mauern ſchwächer machen, als im umge-
kehrten Falle.

Eine ganz andere Beſtimmung der Mauerſtärken tritt ein, wenn
ſtatt hölzerner Decken gewölbte angewendet werden. (Hiervon das
Weitere bei den Gewölben.) Hierüber und über die Beſtimmung der
Mauerſtärken in zweifelhaften Fällen überhaupt, wo die gewöhnlichen
Erfahrungsſätze nicht auszureichen ſcheinen, ſehe man das vortreffliche
Werk: theoretiſche und praktiſche Anleitung zur Kunſt zu bauen, von
J. Roudelet.

Den beſten Aufſchluß giebt die Vergleichung ausgeführter Ge-
bäude. Es iſt deshalb dem angehenden Maurer und Baumeiſter nicht
oft genug zu empfehlen: die Bauſtellen ſowohl zu beſuchen,

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[111/0121] Meubeln, Waaren ꝛc. betrifft, welche die Mauern außer ihrem eigenen Gewicht zu tragen haben, ſo lehrt die Erfahrung, daß alle die ver- ſchiedenen Arten Mauerwerk durch dieſe vermehrte Laſt nicht zer- quetſcht werden, ſondern recht gut im Stande ſind, dieſelben zu tragen. Dagegen aber iſt die Laſt des ganzen Gebäudes mit allem was es außerdem zu tragen beſtimmt iſt, ſehr zu berückſichtigen hinſichtlich des Druckes, den es auf den Untergrund ausübt. Es wird alſo na- mentlich bei ſtarker ſonſtiger Belaſtung beſonders auf hinlänglich breite Grundmauern geſehen werden müſſen, welche, wenn man blos das Gewicht des Gebäudes ſelbſt und allein berückſichtigt, viel ſchwächer angelegt werden können. So z. B. wird bei Getreidema- gazinen, Salzmagazinen ꝛc. ꝛc. dieſe Rückſicht beſonders eintreten, wegen der ſehr vermehrten Laſt auf den Untergrund. Mauern deren Grundriß ein Kreis oder ein regelmäßiges Viel- eck iſt, haben deßhalb eine verhältnißmäßig größere Standfähigkeit als in gerader Linie fortlaufende, weil ſie 1) in ſich ſelbſt zurückkehren und 2) bei Vielecken in jeder Ecke einen Anhaltepunkt der Mauer bilden, ähnlich einem Strebepfeiler. Die runde Mauer hat aus dieſem Grunde die meiſte Standfähigkeit und können dergleichen Mauern auch ſchwächer angelegt werden, als wenn ſie in gerader Linie fortliefen. Sind viele Mauern im Jnnern des Gebäudes vorhanden, alſo die Räume verhältnißmäßig klein, ſo entſteht dadurch ein verhältniß- mäßig feſteres Gebäude, als wenn nur ein oder viele große Räume darin vorhanden ſind. Auch wird ein Gebäude mit vielen kleinen Räumen (der vielen Grundmauern wegen) den Untergrund gleich- mäßiger belaſten als ein hohles Gebäude, und ſich auch leichter tra- gen, da eine größere Grundfläche deſſelben vorhanden iſt, auch kann man in dieſem Falle die Mauern ſchwächer machen, als im umge- kehrten Falle. Eine ganz andere Beſtimmung der Mauerſtärken tritt ein, wenn ſtatt hölzerner Decken gewölbte angewendet werden. (Hiervon das Weitere bei den Gewölben.) Hierüber und über die Beſtimmung der Mauerſtärken in zweifelhaften Fällen überhaupt, wo die gewöhnlichen Erfahrungsſätze nicht auszureichen ſcheinen, ſehe man das vortreffliche Werk: theoretiſche und praktiſche Anleitung zur Kunſt zu bauen, von J. Roudelet. Den beſten Aufſchluß giebt die Vergleichung ausgeführter Ge- bäude. Es iſt deshalb dem angehenden Maurer und Baumeiſter nicht oft genug zu empfehlen: die Bauſtellen ſowohl zu beſuchen,

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Zitationshilfe: Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_maurer_1847/121>, abgerufen am 29.03.2024.