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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Das Vermögen.
Nun haben wir gesehen, dass die ökonomischen Güter diejenigen
sind, deren verfügbare Quantität geringer ist, als der Bedarf
an denselben. Das Vermögen liesse sich demnach auch defi-
niren als "die Gesammtheit der einem wirthschaftenden Subjecte
verfügbaren Güter, deren Quantität geringer ist, als der

fasst unter dem Vermögensbegriff alle (materiellen) Güter, auch die nicht
ökonomischen, und ist deshalb entschieden zu weit. In seinen "Definitions,"
welche er sieben Jahre später erscheinen liess, fügt er denn auch (Chap. II
Art. "Wealth", S. 7 der edit. 1853) der obigen, im Wesentlichen unveränder-
ten Definition den Nachsatz hinzu: "which have required some portion of
human industry to appropriate or produce." Als Grund dieses Beisatzes giebt
er in der zweiten Ausgabe seiner Principles (1836, S. 34) an: "this latter
part was added to exclude air, light, rain etc." Aber auch diese Definition
erkennt er später als unhaltbar an, denn "there is some objection," sagt er
a. a. O.: "to the introduction of the term industry or labour into the Defini-
tion (of wealth), because an object might be considered as wealth, which has
had no labour employed upon it" und gelangt schliesslich (Principles o. P. E.
1836, S. 33) zu folgender Definition des Begriffes "Vermögen": I should
define wealth to be the material objects, necessary, useful or agreeable to
man, which are voluntary appropriated by individuals or nations," also zur
Bestimmung der Vermögensobjecte als materielle Güter, die von den Menschen
freiwillig in ihr Eigeuthum genommen wurden," und verfällt demnach in einen
neuen Irrthum, indem er den Umstand, dass ein Gut sich im Eigenthume
wirthschaftender Menschen befindet, zum Principe der Vermögensqualität (des
ökonomischen Charakters) desselben macht. Fast eben so wechselnde Versuche,
den Begriff des Vermögensobjectes festzustellen, finden wir in den Schriften
Say's. In seinem "Traite d'econ. pol." (1803) stellt er den Werth (Tausch-
werth) als Princip der Vermögensqualität der Güter auf: "ce qui n'a point de
valeur, ne saurait etre une richesse (S. 2)." Diese Ansicht wird von Tor-
rens
(On production of wealth S. 7, 1821) bekämpft und Say gelangt denn
auch in seinem Cours d'E. P. (1828, I. S. 133 ff.) bezüglich jener Güter,
welche Vermögensobjecte sind, zu der nachfolgenden Ansicht: "Nous sommes
forces d'acheter, pour ainsi dire, ces biens par des traveaux, des economies
des privations; en un mot par de veritables sacrifices," also zu einer An-
schauung, welche jener, welcher Malthus in seinen "Definitions" folgte, ver-
wandt ist. Dagegen sagt Say (a. a. O. S. 133 weiter unten): On ne peut
pas separer de ces biens l'idee de la propriete. Ils n'existeraient pas, si la
possession exclusive n'en etait assure a celui qui les a acquis .... (S. 34)
D'un autre cote la propriete suppose une societe quelconque, des conven-
tions, des lois. On peut en consequence nommer les richesses ainsi acquises
"des richesses sociales."

Das Vermögen.
Nun haben wir gesehen, dass die ökonomischen Güter diejenigen
sind, deren verfügbare Quantität geringer ist, als der Bedarf
an denselben. Das Vermögen liesse sich demnach auch defi-
niren als „die Gesammtheit der einem wirthschaftenden Subjecte
verfügbaren Güter, deren Quantität geringer ist, als der

fasst unter dem Vermögensbegriff alle (materiellen) Güter, auch die nicht
ökonomischen, und ist deshalb entschieden zu weit. In seinen „Definitions,“
welche er sieben Jahre später erscheinen liess, fügt er denn auch (Chap. II
Art. „Wealth“, S. 7 der edit. 1853) der obigen, im Wesentlichen unveränder-
ten Definition den Nachsatz hinzu: „which have required some portion of
human industry to appropriate or produce.“ Als Grund dieses Beisatzes giebt
er in der zweiten Ausgabe seiner Principles (1836, S. 34) an: „this latter
part was added to exclude air, light, rain etc.“ Aber auch diese Definition
erkennt er später als unhaltbar an, denn „there is some objection,“ sagt er
a. a. O.: „to the introduction of the term industry or labour into the Defini-
tion (of wealth), because an object might be considered as wealth, which has
had no labour employed upon it“ und gelangt schliesslich (Principles o. P. E.
1836, S. 33) zu folgender Definition des Begriffes „Vermögen“: I should
define wealth to be the material objects, necessary, useful or agreeable to
man, which are voluntary appropriated by individuals or nations,“ also zur
Bestimmung der Vermögensobjecte als materielle Güter, die von den Menschen
freiwillig in ihr Eigeuthum genommen wurden,“ und verfällt demnach in einen
neuen Irrthum, indem er den Umstand, dass ein Gut sich im Eigenthume
wirthschaftender Menschen befindet, zum Principe der Vermögensqualität (des
ökonomischen Charakters) desselben macht. Fast eben so wechselnde Versuche,
den Begriff des Vermögensobjectes festzustellen, finden wir in den Schriften
Say’s. In seinem „Traité d’econ. pol.“ (1803) stellt er den Werth (Tausch-
werth) als Princip der Vermögensqualität der Güter auf: „ce qui n’a point de
valeur, ne saurait être une richesse (S. 2).“ Diese Ansicht wird von Tor-
rens
(On production of wealth S. 7, 1821) bekämpft und Say gelangt denn
auch in seinem Cours d’E. P. (1828, I. S. 133 ff.) bezüglich jener Güter,
welche Vermögensobjecte sind, zu der nachfolgenden Ansicht: „Nous sommes
forcés d’acheter, pour ainsi dire, ces biens par des traveaux, des économies
des privations; en un mot par de veritables sacrifices,“ also zu einer An-
schauung, welche jener, welcher Malthus in seinen „Definitions“ folgte, ver-
wandt ist. Dagegen sagt Say (a. a. O. S. 133 weiter unten): On ne peut
pas separer de ces biens l’idée de la proprieté. Ils n’existeraient pas, si la
possession exclusive n’en était assuré à celui qui les a acquis .... (S. 34)
D’un autre côté la propriété suppose une société quelconque, des conven-
tions, des lois. On peut en consequence nommer les richesses ainsi acquises
„des richesses sociales.“
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[71/0089] Das Vermögen. Nun haben wir gesehen, dass die ökonomischen Güter diejenigen sind, deren verfügbare Quantität geringer ist, als der Bedarf an denselben. Das Vermögen liesse sich demnach auch defi- niren als „die Gesammtheit der einem wirthschaftenden Subjecte verfügbaren Güter, deren Quantität geringer ist, als der **) **) fasst unter dem Vermögensbegriff alle (materiellen) Güter, auch die nicht ökonomischen, und ist deshalb entschieden zu weit. In seinen „Definitions,“ welche er sieben Jahre später erscheinen liess, fügt er denn auch (Chap. II Art. „Wealth“, S. 7 der edit. 1853) der obigen, im Wesentlichen unveränder- ten Definition den Nachsatz hinzu: „which have required some portion of human industry to appropriate or produce.“ Als Grund dieses Beisatzes giebt er in der zweiten Ausgabe seiner Principles (1836, S. 34) an: „this latter part was added to exclude air, light, rain etc.“ Aber auch diese Definition erkennt er später als unhaltbar an, denn „there is some objection,“ sagt er a. a. O.: „to the introduction of the term industry or labour into the Defini- tion (of wealth), because an object might be considered as wealth, which has had no labour employed upon it“ und gelangt schliesslich (Principles o. P. E. 1836, S. 33) zu folgender Definition des Begriffes „Vermögen“: I should define wealth to be the material objects, necessary, useful or agreeable to man, which are voluntary appropriated by individuals or nations,“ also zur Bestimmung der Vermögensobjecte als materielle Güter, die von den Menschen freiwillig in ihr Eigeuthum genommen wurden,“ und verfällt demnach in einen neuen Irrthum, indem er den Umstand, dass ein Gut sich im Eigenthume wirthschaftender Menschen befindet, zum Principe der Vermögensqualität (des ökonomischen Charakters) desselben macht. Fast eben so wechselnde Versuche, den Begriff des Vermögensobjectes festzustellen, finden wir in den Schriften Say’s. In seinem „Traité d’econ. pol.“ (1803) stellt er den Werth (Tausch- werth) als Princip der Vermögensqualität der Güter auf: „ce qui n’a point de valeur, ne saurait être une richesse (S. 2).“ Diese Ansicht wird von Tor- rens (On production of wealth S. 7, 1821) bekämpft und Say gelangt denn auch in seinem Cours d’E. P. (1828, I. S. 133 ff.) bezüglich jener Güter, welche Vermögensobjecte sind, zu der nachfolgenden Ansicht: „Nous sommes forcés d’acheter, pour ainsi dire, ces biens par des traveaux, des économies des privations; en un mot par de veritables sacrifices,“ also zu einer An- schauung, welche jener, welcher Malthus in seinen „Definitions“ folgte, ver- wandt ist. Dagegen sagt Say (a. a. O. S. 133 weiter unten): On ne peut pas separer de ces biens l’idée de la proprieté. Ils n’existeraient pas, si la possession exclusive n’en était assuré à celui qui les a acquis .... (S. 34) D’un autre côté la propriété suppose une société quelconque, des conven- tions, des lois. On peut en consequence nommer les richesses ainsi acquises „des richesses sociales.“

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/89>, abgerufen am 24.04.2024.