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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Der menschliche Bedarf.
zelnen Gute höherer Ordnung auf, vielmehr ist wohl zu beachten,
dass, so oft der Bedarf an einem Gute niederer Ordnung nicht,
oder nur unvollständig gedeckt ist, der Bedarf an jedem ein-
zelnen der entsprechenden Güter höherer Ordnung stets nur
zugleich mit dem quantitativ entsprechenden Bedarfe an den
complementären Gütern höherer Ordnung sich thatsächlich
geltend macht.

Setzen wir z. B. den Fall, dass wir bei einem noch un-
gedeckten Bedarfe von 10.000 Paar Schuhen für einen gegebe-
nen Zeitraum wohl über die zur Herstellung einer solchen Quan-
tität von Schuhen erforderliche Quantität von Werkzeugen, Ar-
beitsleistungen etc. aber nur über die zur Hervorbringung von
5000 Paar Schuhen nöthigen Lederquantitäten, oder umgekehrt
über die sämmtlichen übrigen zur Herstellung von 10.000 Paar
Schuhen erforderlichen Güter höherer Ordnung, aber nur über
die zur Hervorbringung von 5000 Paar Schuhen erforderlichen Ar-
beitsleistungen verfügen könnten, so ist kein Zweifel, dass sich, mit
Rücksicht auf den obigen Zeitraum, unser Gesammtbedarf
vor wie nach auf solche Quantitäten der einzelnen zur Hervor-
bringung von Schuhen erforderlichen Güter höherer Ordnung
erstrecken würde, die zur Production der obigen Quantität von
Schuhen ausreichen; unser effectiver Bedarf würde sich jedoch
auch rücksichtlich der übrigen complementären Gütern nur auf
solche Quantitäten erstrecken, die zur Herstellung von 5000 Paar
Schuhen erforderlich sind, der übrige Bedarf aber ein latenter
sein und erst dann ein effectiver werden, wenn auch die obi-
gen uns mangelnden complementären Quantitäten uns verfügbar
würden.

Es ergiebt sich aber aus dem Gesagten das Gesetz,
dass, mit Rücksicht auf gegebene kommende Zeit-
räume, unser effectiver Bedarf an den einzelnen Gü-
tern höherer Ordnung dadurch bedingt ist, dass
wir über die complementären Quantitäten der ent-
sprechenden Güter höherer Ordnung zu verfügen
vermögen
.

Als in Folge des nordamerikanischen Bürgerkrieges die
Baumwollzufuhren nach Europa sich beträchtlich verminderten,
blieb der Bedarf an Baumwollstoffen offenbar ziemlich unver-

Der menschliche Bedarf.
zelnen Gute höherer Ordnung auf, vielmehr ist wohl zu beachten,
dass, so oft der Bedarf an einem Gute niederer Ordnung nicht,
oder nur unvollständig gedeckt ist, der Bedarf an jedem ein-
zelnen der entsprechenden Güter höherer Ordnung stets nur
zugleich mit dem quantitativ entsprechenden Bedarfe an den
complementären Gütern höherer Ordnung sich thatsächlich
geltend macht.

Setzen wir z. B. den Fall, dass wir bei einem noch un-
gedeckten Bedarfe von 10.000 Paar Schuhen für einen gegebe-
nen Zeitraum wohl über die zur Herstellung einer solchen Quan-
tität von Schuhen erforderliche Quantität von Werkzeugen, Ar-
beitsleistungen etc. aber nur über die zur Hervorbringung von
5000 Paar Schuhen nöthigen Lederquantitäten, oder umgekehrt
über die sämmtlichen übrigen zur Herstellung von 10.000 Paar
Schuhen erforderlichen Güter höherer Ordnung, aber nur über
die zur Hervorbringung von 5000 Paar Schuhen erforderlichen Ar-
beitsleistungen verfügen könnten, so ist kein Zweifel, dass sich, mit
Rücksicht auf den obigen Zeitraum, unser Gesammtbedarf
vor wie nach auf solche Quantitäten der einzelnen zur Hervor-
bringung von Schuhen erforderlichen Güter höherer Ordnung
erstrecken würde, die zur Production der obigen Quantität von
Schuhen ausreichen; unser effectiver Bedarf würde sich jedoch
auch rücksichtlich der übrigen complementären Gütern nur auf
solche Quantitäten erstrecken, die zur Herstellung von 5000 Paar
Schuhen erforderlich sind, der übrige Bedarf aber ein latenter
sein und erst dann ein effectiver werden, wenn auch die obi-
gen uns mangelnden complementären Quantitäten uns verfügbar
würden.

Es ergiebt sich aber aus dem Gesagten das Gesetz,
dass, mit Rücksicht auf gegebene kommende Zeit-
räume, unser effectiver Bedarf an den einzelnen Gü-
tern höherer Ordnung dadurch bedingt ist, dass
wir über die complementären Quantitäten der ent-
sprechenden Güter höherer Ordnung zu verfügen
vermögen
.

Als in Folge des nordamerikanischen Bürgerkrieges die
Baumwollzufuhren nach Europa sich beträchtlich verminderten,
blieb der Bedarf an Baumwollstoffen offenbar ziemlich unver-

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[41/0059] Der menschliche Bedarf. zelnen Gute höherer Ordnung auf, vielmehr ist wohl zu beachten, dass, so oft der Bedarf an einem Gute niederer Ordnung nicht, oder nur unvollständig gedeckt ist, der Bedarf an jedem ein- zelnen der entsprechenden Güter höherer Ordnung stets nur zugleich mit dem quantitativ entsprechenden Bedarfe an den complementären Gütern höherer Ordnung sich thatsächlich geltend macht. Setzen wir z. B. den Fall, dass wir bei einem noch un- gedeckten Bedarfe von 10.000 Paar Schuhen für einen gegebe- nen Zeitraum wohl über die zur Herstellung einer solchen Quan- tität von Schuhen erforderliche Quantität von Werkzeugen, Ar- beitsleistungen etc. aber nur über die zur Hervorbringung von 5000 Paar Schuhen nöthigen Lederquantitäten, oder umgekehrt über die sämmtlichen übrigen zur Herstellung von 10.000 Paar Schuhen erforderlichen Güter höherer Ordnung, aber nur über die zur Hervorbringung von 5000 Paar Schuhen erforderlichen Ar- beitsleistungen verfügen könnten, so ist kein Zweifel, dass sich, mit Rücksicht auf den obigen Zeitraum, unser Gesammtbedarf vor wie nach auf solche Quantitäten der einzelnen zur Hervor- bringung von Schuhen erforderlichen Güter höherer Ordnung erstrecken würde, die zur Production der obigen Quantität von Schuhen ausreichen; unser effectiver Bedarf würde sich jedoch auch rücksichtlich der übrigen complementären Gütern nur auf solche Quantitäten erstrecken, die zur Herstellung von 5000 Paar Schuhen erforderlich sind, der übrige Bedarf aber ein latenter sein und erst dann ein effectiver werden, wenn auch die obi- gen uns mangelnden complementären Quantitäten uns verfügbar würden. Es ergiebt sich aber aus dem Gesagten das Gesetz, dass, mit Rücksicht auf gegebene kommende Zeit- räume, unser effectiver Bedarf an den einzelnen Gü- tern höherer Ordnung dadurch bedingt ist, dass wir über die complementären Quantitäten der ent- sprechenden Güter höherer Ordnung zu verfügen vermögen. Als in Folge des nordamerikanischen Bürgerkrieges die Baumwollzufuhren nach Europa sich beträchtlich verminderten, blieb der Bedarf an Baumwollstoffen offenbar ziemlich unver-

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/59>, abgerufen am 25.04.2024.