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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Die Münze.
das man gerade abgeschlagen hat. Bei grössern Einkäufen, die
nur mit dem feinsten Silber gemacht werden, ist der Process
noch umständlicher, indem man erst einen Assayer rufen muss,
um das Silber in der Feinheit genau zu bestimmen und dafür
bezahlt zu werden."

Die obige Schilderung bietet uns ein klares Bild der
Schwierigkeiten, mit welchen der Verkehr aller Völker ver-
bunden war, bevor sie Metalle münzen lernten und die Be-
seitigung dieser Schwierigkeiten musste um so wünschenswerther
erscheinen, je mehr dieselben durch ihre häufige Wiederkehr
jedem einzelnen wirthschaftenden Individuum empfindlich wurden.

Die erste der beiden Schwierigkeiten, die Feststellung der
Feinhaltigkeit des Metalles, scheint diejenige gewesen zu
sein, deren Beseitigung den wirthschaftenden Menschen zunächst
von Wichtigkeit erschien. Ein Stempel, von der öffentlichen
Gewalt, oder von einer vertrauenswürdigen Person auf einen
Metallbarren gedrückt, garantirte nicht dessen Gewicht, wohl
aber dessen Feinheitsgrad und enthob den Besitzer bei Weiter-
begebung des Metalles an Personen, welche die Verlässlichkeit
des Stempels zu würdigen wussten, der lästigen und kostspieligen
Probe. So geprägtes Metall musste zwar vor wie nach gewogen
werden, dessen Feinheit erforderte indess keine weitere Unter-
suchung.

Gleichzeitig, in manchen Fällen vielleicht auch etwas
später, scheinen die wirthschaftenden Menschen auf den Ge-
danken verfallen zu sein, auch das Gewicht der Metallstücke
in ähnlicher Weise zu bezeichnen und die Metalle von vorn-
herein in Stücke zu zerlegen, welche ihrem Feingehalte, aber
zugleich auch ihrem Gewichte nach, in vertrauenswürdiger Weise
bezeichnet waren. Dies geschah naturgemäss am besten da-
durch, dass das edle Metall in kleine, dem Bedürfnisse des Ver-
kehres entsprechende Stücke getheilt, die Bezeichnung des edlen
Metalles aber in solcher Weise vorgenommen wurde, dass kein
nennenswerther Theil der ihrem Gewichte und Feingehalte nach
bestimmten Metallstücke defraudirt werden konnte, ohne dass
dies sofort bemerkbar wurde. Diesen Zweck erreichte man durch
Ausmünzung des Metalls und so erstanden unsere Münzen,
welche demnach ihrem Wesen nach nichts anderes sind, als

Die Münze.
das man gerade abgeschlagen hat. Bei grössern Einkäufen, die
nur mit dem feinsten Silber gemacht werden, ist der Process
noch umständlicher, indem man erst einen Assayer rufen muss,
um das Silber in der Feinheit genau zu bestimmen und dafür
bezahlt zu werden.“

Die obige Schilderung bietet uns ein klares Bild der
Schwierigkeiten, mit welchen der Verkehr aller Völker ver-
bunden war, bevor sie Metalle münzen lernten und die Be-
seitigung dieser Schwierigkeiten musste um so wünschenswerther
erscheinen, je mehr dieselben durch ihre häufige Wiederkehr
jedem einzelnen wirthschaftenden Individuum empfindlich wurden.

Die erste der beiden Schwierigkeiten, die Feststellung der
Feinhaltigkeit des Metalles, scheint diejenige gewesen zu
sein, deren Beseitigung den wirthschaftenden Menschen zunächst
von Wichtigkeit erschien. Ein Stempel, von der öffentlichen
Gewalt, oder von einer vertrauenswürdigen Person auf einen
Metallbarren gedrückt, garantirte nicht dessen Gewicht, wohl
aber dessen Feinheitsgrad und enthob den Besitzer bei Weiter-
begebung des Metalles an Personen, welche die Verlässlichkeit
des Stempels zu würdigen wussten, der lästigen und kostspieligen
Probe. So geprägtes Metall musste zwar vor wie nach gewogen
werden, dessen Feinheit erforderte indess keine weitere Unter-
suchung.

Gleichzeitig, in manchen Fällen vielleicht auch etwas
später, scheinen die wirthschaftenden Menschen auf den Ge-
danken verfallen zu sein, auch das Gewicht der Metallstücke
in ähnlicher Weise zu bezeichnen und die Metalle von vorn-
herein in Stücke zu zerlegen, welche ihrem Feingehalte, aber
zugleich auch ihrem Gewichte nach, in vertrauenswürdiger Weise
bezeichnet waren. Dies geschah naturgemäss am besten da-
durch, dass das edle Metall in kleine, dem Bedürfnisse des Ver-
kehres entsprechende Stücke getheilt, die Bezeichnung des edlen
Metalles aber in solcher Weise vorgenommen wurde, dass kein
nennenswerther Theil der ihrem Gewichte und Feingehalte nach
bestimmten Metallstücke defraudirt werden konnte, ohne dass
dies sofort bemerkbar wurde. Diesen Zweck erreichte man durch
Ausmünzung des Metalls und so erstanden unsere Münzen,
welche demnach ihrem Wesen nach nichts anderes sind, als

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[281/0299] Die Münze. das man gerade abgeschlagen hat. Bei grössern Einkäufen, die nur mit dem feinsten Silber gemacht werden, ist der Process noch umständlicher, indem man erst einen Assayer rufen muss, um das Silber in der Feinheit genau zu bestimmen und dafür bezahlt zu werden.“ Die obige Schilderung bietet uns ein klares Bild der Schwierigkeiten, mit welchen der Verkehr aller Völker ver- bunden war, bevor sie Metalle münzen lernten und die Be- seitigung dieser Schwierigkeiten musste um so wünschenswerther erscheinen, je mehr dieselben durch ihre häufige Wiederkehr jedem einzelnen wirthschaftenden Individuum empfindlich wurden. Die erste der beiden Schwierigkeiten, die Feststellung der Feinhaltigkeit des Metalles, scheint diejenige gewesen zu sein, deren Beseitigung den wirthschaftenden Menschen zunächst von Wichtigkeit erschien. Ein Stempel, von der öffentlichen Gewalt, oder von einer vertrauenswürdigen Person auf einen Metallbarren gedrückt, garantirte nicht dessen Gewicht, wohl aber dessen Feinheitsgrad und enthob den Besitzer bei Weiter- begebung des Metalles an Personen, welche die Verlässlichkeit des Stempels zu würdigen wussten, der lästigen und kostspieligen Probe. So geprägtes Metall musste zwar vor wie nach gewogen werden, dessen Feinheit erforderte indess keine weitere Unter- suchung. Gleichzeitig, in manchen Fällen vielleicht auch etwas später, scheinen die wirthschaftenden Menschen auf den Ge- danken verfallen zu sein, auch das Gewicht der Metallstücke in ähnlicher Weise zu bezeichnen und die Metalle von vorn- herein in Stücke zu zerlegen, welche ihrem Feingehalte, aber zugleich auch ihrem Gewichte nach, in vertrauenswürdiger Weise bezeichnet waren. Dies geschah naturgemäss am besten da- durch, dass das edle Metall in kleine, dem Bedürfnisse des Ver- kehres entsprechende Stücke getheilt, die Bezeichnung des edlen Metalles aber in solcher Weise vorgenommen wurde, dass kein nennenswerther Theil der ihrem Gewichte und Feingehalte nach bestimmten Metallstücke defraudirt werden konnte, ohne dass dies sofort bemerkbar wurde. Diesen Zweck erreichte man durch Ausmünzung des Metalls und so erstanden unsere Münzen, welche demnach ihrem Wesen nach nichts anderes sind, als

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/299>, abgerufen am 29.03.2024.