Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite
Siebentes Capitel.
Die Lehre von der Waare.
§. 1.
Ueber den Begriff der Waare im populären und wissenschaft-
lichen Sinne.

In der isolirten Wirthschaft ist die productive Thätigkeit
jeder einzelnen wirthschaftenden Person lediglich auf die Her-
stellung der zum Eigenverbrauche nöthigen Güter gerichtet und
somit die Production von Gütern zum Zwecke des Austausches
derselben durch die eigenthümliche Natur dieser Wirthschaft
von selbst ausgeschlossen. Dabei können die zur Deckung des
Eigenbedarfes erforderlichen Arbeitsleistungen von dem Haupte der
Familie immerhin den einzelnen Mitgliedern derselben und dem
etwa vorhandenen Gesinde mit entsprechender Rücksichtnahme
auf ihre besonderen Fähigkeiten und Fertigkeiten zugetheilt
werden. Was die isolirte Wirthschaft charakterisirt, ist demnach
nicht der Mangel an jeder Arbeitstheilung, sondern ihre Selbst-
genügsamkeit, die ausschliessliche Richtung der Production auf
die Hervorbringung von Gütern für den Eigenbedarf und der
vollständige Mangel an solchen Gütern, welche zum Austausche
gegen andere bestimmt sind.

Dass die Arbeitstheilung im Bereiche der isolirten Wirth-
schaft eine sehr eng begrenzte bleibt, versteht sich dagegen von
selbst. Der Bedarf einer Familie an einem einzelnen Gute ist
zumeist viel zu gering, als dass ein sich ausschliesslich mit der
Hervorbringung desselben, oder gar mit einer einzelnen Hand-
tirung beschäftigendes Individuum im Bereiche derselben einen aus-
reichenden Wirkungskreis fände und die verfügbaren Mittel sind
zur Ernährung zahlreicher Arbeiter meist viel zu klein. Alle
niederen Culturentwicklungen bieten uns das Bild complicirterer

Menger, Volkswirthschaftslehre. 15
Siebentes Capitel.
Die Lehre von der Waare.
§. 1.
Ueber den Begriff der Waare im populären und wissenschaft-
lichen Sinne.

In der isolirten Wirthschaft ist die productive Thätigkeit
jeder einzelnen wirthschaftenden Person lediglich auf die Her-
stellung der zum Eigenverbrauche nöthigen Güter gerichtet und
somit die Production von Gütern zum Zwecke des Austausches
derselben durch die eigenthümliche Natur dieser Wirthschaft
von selbst ausgeschlossen. Dabei können die zur Deckung des
Eigenbedarfes erforderlichen Arbeitsleistungen von dem Haupte der
Familie immerhin den einzelnen Mitgliedern derselben und dem
etwa vorhandenen Gesinde mit entsprechender Rücksichtnahme
auf ihre besonderen Fähigkeiten und Fertigkeiten zugetheilt
werden. Was die isolirte Wirthschaft charakterisirt, ist demnach
nicht der Mangel an jeder Arbeitstheilung, sondern ihre Selbst-
genügsamkeit, die ausschliessliche Richtung der Production auf
die Hervorbringung von Gütern für den Eigenbedarf und der
vollständige Mangel an solchen Gütern, welche zum Austausche
gegen andere bestimmt sind.

Dass die Arbeitstheilung im Bereiche der isolirten Wirth-
schaft eine sehr eng begrenzte bleibt, versteht sich dagegen von
selbst. Der Bedarf einer Familie an einem einzelnen Gute ist
zumeist viel zu gering, als dass ein sich ausschliesslich mit der
Hervorbringung desselben, oder gar mit einer einzelnen Hand-
tirung beschäftigendes Individuum im Bereiche derselben einen aus-
reichenden Wirkungskreis fände und die verfügbaren Mittel sind
zur Ernährung zahlreicher Arbeiter meist viel zu klein. Alle
niederen Culturentwicklungen bieten uns das Bild complicirterer

Menger, Volkswirthschaftslehre. 15
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0243" n="[225]"/>
      <div n="1">
        <head>Siebentes Capitel.<lb/><hi rendition="#b">Die Lehre von der Waare.</hi></head><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 1.<lb/>
Ueber den Begriff der Waare im populären und wissenschaft-<lb/>
lichen Sinne.</head><lb/>
          <p>In der isolirten Wirthschaft ist die productive Thätigkeit<lb/>
jeder einzelnen wirthschaftenden Person lediglich auf die Her-<lb/>
stellung der zum Eigenverbrauche nöthigen Güter gerichtet und<lb/>
somit die Production von Gütern zum Zwecke des Austausches<lb/>
derselben durch die eigenthümliche Natur dieser Wirthschaft<lb/>
von selbst ausgeschlossen. Dabei können die zur Deckung des<lb/>
Eigenbedarfes erforderlichen Arbeitsleistungen von dem Haupte der<lb/>
Familie immerhin den einzelnen Mitgliedern derselben und dem<lb/>
etwa vorhandenen Gesinde mit entsprechender Rücksichtnahme<lb/>
auf ihre besonderen Fähigkeiten und Fertigkeiten zugetheilt<lb/>
werden. Was die isolirte Wirthschaft charakterisirt, ist demnach<lb/>
nicht der Mangel an jeder Arbeitstheilung, sondern ihre Selbst-<lb/>
genügsamkeit, die ausschliessliche Richtung der Production auf<lb/>
die Hervorbringung von Gütern für den Eigenbedarf und der<lb/>
vollständige Mangel an solchen Gütern, welche zum Austausche<lb/>
gegen andere bestimmt sind.</p><lb/>
          <p>Dass die Arbeitstheilung im Bereiche der isolirten Wirth-<lb/>
schaft eine sehr eng begrenzte bleibt, versteht sich dagegen von<lb/>
selbst. Der Bedarf einer Familie an einem einzelnen Gute ist<lb/>
zumeist viel zu gering, als dass ein sich ausschliesslich mit der<lb/>
Hervorbringung desselben, oder gar mit einer einzelnen Hand-<lb/>
tirung beschäftigendes Individuum im Bereiche derselben einen aus-<lb/>
reichenden Wirkungskreis fände und die verfügbaren Mittel sind<lb/>
zur Ernährung zahlreicher Arbeiter meist viel zu klein. Alle<lb/>
niederen Culturentwicklungen bieten uns das Bild complicirterer<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Menger</hi>, Volkswirthschaftslehre. 15</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[225]/0243] Siebentes Capitel. Die Lehre von der Waare. §. 1. Ueber den Begriff der Waare im populären und wissenschaft- lichen Sinne. In der isolirten Wirthschaft ist die productive Thätigkeit jeder einzelnen wirthschaftenden Person lediglich auf die Her- stellung der zum Eigenverbrauche nöthigen Güter gerichtet und somit die Production von Gütern zum Zwecke des Austausches derselben durch die eigenthümliche Natur dieser Wirthschaft von selbst ausgeschlossen. Dabei können die zur Deckung des Eigenbedarfes erforderlichen Arbeitsleistungen von dem Haupte der Familie immerhin den einzelnen Mitgliedern derselben und dem etwa vorhandenen Gesinde mit entsprechender Rücksichtnahme auf ihre besonderen Fähigkeiten und Fertigkeiten zugetheilt werden. Was die isolirte Wirthschaft charakterisirt, ist demnach nicht der Mangel an jeder Arbeitstheilung, sondern ihre Selbst- genügsamkeit, die ausschliessliche Richtung der Production auf die Hervorbringung von Gütern für den Eigenbedarf und der vollständige Mangel an solchen Gütern, welche zum Austausche gegen andere bestimmt sind. Dass die Arbeitstheilung im Bereiche der isolirten Wirth- schaft eine sehr eng begrenzte bleibt, versteht sich dagegen von selbst. Der Bedarf einer Familie an einem einzelnen Gute ist zumeist viel zu gering, als dass ein sich ausschliesslich mit der Hervorbringung desselben, oder gar mit einer einzelnen Hand- tirung beschäftigendes Individuum im Bereiche derselben einen aus- reichenden Wirkungskreis fände und die verfügbaren Mittel sind zur Ernährung zahlreicher Arbeiter meist viel zu klein. Alle niederen Culturentwicklungen bieten uns das Bild complicirterer Menger, Volkswirthschaftslehre. 15

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/243
Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. [225]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/243>, abgerufen am 28.03.2024.