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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Gebrauchswerth und Tauschwerth.
weder Gebrauchswerth, oder überhaupt keinen Werth. Aber auch
unter entwickelten Culturverhältnissen und bei lebhaftem Verkehre
können zahlreiche Fälle beobachtet werden, wo ökonomische
Güter für die wirthschaftenden Subjecte, welche über dieselben
verfügen, keinerlei Tauschwerth haben, obzwar ihr Gebrauchs-
werth für diese Personen ganz ausser allem Zweifel steht.

Die Krücke eines eigenthümlich verkrüppelten Menschen,
Notizen, welche nur derjenige, welcher sie abgefasst hat, zu be-
nützen vermag, Familiendocumente, alle diese und so zahlreiche
andere Güter haben für bestimmte Individuen nicht selten einen
sehr bedeutenden Gebrauchswerth, während dieselben Individuen
in den meisten Fällen es doch vergeblich versuchen würden,
irgend welche Bedürfnisse in indirecter, durch Tausch ver-
mittelten Weise mit jenen Gütern zu befriedigen. Viel häufiger
noch können wir bei fortgeschrittener Cultur jedoch das ent-
gegensetzte Verhältniss beobachten. Die Brillen und optischen
Instrumente, welche ein Optiker am Lager hält, haben für diesen
letzteren, chirurgische Instrumente für diejenigen, welche sie ver-
fertigen und damit Handel treiben, Werke in fremden, nur
wenigen Gelehrten verständlichen Sprachen für die Buchhändler
der Regel nach keinen Gebrauchswerth, während alle diese Güter
mit Rücksicht auf die sich darbietenden Tauschgelegenheiten,
für die obengenannten Personen doch zumeist einen unzweifel-
haften Tauschwerth haben.

In diesen und so in allen andern Fällen, wo ökonomische
Güter für diejenigen, welche darüber verfügen, entweder nur Ge-
brauchswerth, oder nur Tauschwerth haben, kann die Frage,
welcher von beiden der die wirthschaftliche Thätigkeit der be-
treffenden Individuen bestimmende ist, gar nicht entstehen. Diese
Fälle bilden indess doch nur Ausnahmen im wirthschaftlichen
Leben der Menschen, denn der Regel nach haben die wirth-
schaftenden Individuen überall dort, wo sich bereits ein nennens-
werther Tauschverkehr entwickelt hat, die Wahl, die in ihrer
Verfügung befindlichen ökonomischen Güter, entweder in directer,
oder aber in indirecter Weise, zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse
heranzuziehen und die ökonomischen Güter haben somit für die-
selben der Regel nach eben sowohl Gebrauchswerth, als auch
Tauschwerth. Die Kleidungsstücke, die Zimmereinrichtungsstücke,

Gebrauchswerth und Tauschwerth.
weder Gebrauchswerth, oder überhaupt keinen Werth. Aber auch
unter entwickelten Culturverhältnissen und bei lebhaftem Verkehre
können zahlreiche Fälle beobachtet werden, wo ökonomische
Güter für die wirthschaftenden Subjecte, welche über dieselben
verfügen, keinerlei Tauschwerth haben, obzwar ihr Gebrauchs-
werth für diese Personen ganz ausser allem Zweifel steht.

Die Krücke eines eigenthümlich verkrüppelten Menschen,
Notizen, welche nur derjenige, welcher sie abgefasst hat, zu be-
nützen vermag, Familiendocumente, alle diese und so zahlreiche
andere Güter haben für bestimmte Individuen nicht selten einen
sehr bedeutenden Gebrauchswerth, während dieselben Individuen
in den meisten Fällen es doch vergeblich versuchen würden,
irgend welche Bedürfnisse in indirecter, durch Tausch ver-
mittelten Weise mit jenen Gütern zu befriedigen. Viel häufiger
noch können wir bei fortgeschrittener Cultur jedoch das ent-
gegensetzte Verhältniss beobachten. Die Brillen und optischen
Instrumente, welche ein Optiker am Lager hält, haben für diesen
letzteren, chirurgische Instrumente für diejenigen, welche sie ver-
fertigen und damit Handel treiben, Werke in fremden, nur
wenigen Gelehrten verständlichen Sprachen für die Buchhändler
der Regel nach keinen Gebrauchswerth, während alle diese Güter
mit Rücksicht auf die sich darbietenden Tauschgelegenheiten,
für die obengenannten Personen doch zumeist einen unzweifel-
haften Tauschwerth haben.

In diesen und so in allen andern Fällen, wo ökonomische
Güter für diejenigen, welche darüber verfügen, entweder nur Ge-
brauchswerth, oder nur Tauschwerth haben, kann die Frage,
welcher von beiden der die wirthschaftliche Thätigkeit der be-
treffenden Individuen bestimmende ist, gar nicht entstehen. Diese
Fälle bilden indess doch nur Ausnahmen im wirthschaftlichen
Leben der Menschen, denn der Regel nach haben die wirth-
schaftenden Individuen überall dort, wo sich bereits ein nennens-
werther Tauschverkehr entwickelt hat, die Wahl, die in ihrer
Verfügung befindlichen ökonomischen Güter, entweder in directer,
oder aber in indirecter Weise, zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse
heranzuziehen und die ökonomischen Güter haben somit für die-
selben der Regel nach eben sowohl Gebrauchswerth, als auch
Tauschwerth. Die Kleidungsstücke, die Zimmereinrichtungsstücke,

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[217/0235] Gebrauchswerth und Tauschwerth. weder Gebrauchswerth, oder überhaupt keinen Werth. Aber auch unter entwickelten Culturverhältnissen und bei lebhaftem Verkehre können zahlreiche Fälle beobachtet werden, wo ökonomische Güter für die wirthschaftenden Subjecte, welche über dieselben verfügen, keinerlei Tauschwerth haben, obzwar ihr Gebrauchs- werth für diese Personen ganz ausser allem Zweifel steht. Die Krücke eines eigenthümlich verkrüppelten Menschen, Notizen, welche nur derjenige, welcher sie abgefasst hat, zu be- nützen vermag, Familiendocumente, alle diese und so zahlreiche andere Güter haben für bestimmte Individuen nicht selten einen sehr bedeutenden Gebrauchswerth, während dieselben Individuen in den meisten Fällen es doch vergeblich versuchen würden, irgend welche Bedürfnisse in indirecter, durch Tausch ver- mittelten Weise mit jenen Gütern zu befriedigen. Viel häufiger noch können wir bei fortgeschrittener Cultur jedoch das ent- gegensetzte Verhältniss beobachten. Die Brillen und optischen Instrumente, welche ein Optiker am Lager hält, haben für diesen letzteren, chirurgische Instrumente für diejenigen, welche sie ver- fertigen und damit Handel treiben, Werke in fremden, nur wenigen Gelehrten verständlichen Sprachen für die Buchhändler der Regel nach keinen Gebrauchswerth, während alle diese Güter mit Rücksicht auf die sich darbietenden Tauschgelegenheiten, für die obengenannten Personen doch zumeist einen unzweifel- haften Tauschwerth haben. In diesen und so in allen andern Fällen, wo ökonomische Güter für diejenigen, welche darüber verfügen, entweder nur Ge- brauchswerth, oder nur Tauschwerth haben, kann die Frage, welcher von beiden der die wirthschaftliche Thätigkeit der be- treffenden Individuen bestimmende ist, gar nicht entstehen. Diese Fälle bilden indess doch nur Ausnahmen im wirthschaftlichen Leben der Menschen, denn der Regel nach haben die wirth- schaftenden Individuen überall dort, wo sich bereits ein nennens- werther Tauschverkehr entwickelt hat, die Wahl, die in ihrer Verfügung befindlichen ökonomischen Güter, entweder in directer, oder aber in indirecter Weise, zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse heranzuziehen und die ökonomischen Güter haben somit für die- selben der Regel nach eben sowohl Gebrauchswerth, als auch Tauschwerth. Die Kleidungsstücke, die Zimmereinrichtungsstücke,

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/235>, abgerufen am 28.03.2024.