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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Die Gesetze, nach welchen sich der Werth der Güter regelt.
nicht einordnen lässt, ist ein deutlicher Beweis für die Reform-
bedürftigkeit dieser letztern, nicht aber ein Grund, der zu dem
bedenklichsten methodischen Hilfsmittel berechtigen würde, zu
der Absonderung einer Gruppe von Erscheinungen von den
übrigen, ihrer allgemeinen Natur nach völlig gleichartigen Ob-
jecten der Beobachtung, und zur Aufstellung besonderer höchster
Principien für jede der beiden Gruppen.

Diese Erkenntniss hat denn auch in neuerer Zeit zu mannig-
fachen Versuchen geführt, die Bodenbenützungen und die Grund-
stücke, gleich allen andern Gütern, in den Rahmen der volks-
wirthschaftlichen Systeme einzuordnen und den herrschenden
Principien gemäss, ihren Werth, beziehungsweise die Preise,
welche für dieselben erzielt werden können, auf menschliche
Arbeit, oder auf Capitalsaufwendungen zurückzuführen*).

Die Gewaltsamkeiten, zu welchen dieser Versuch bei den
Gütern im Allgemeinen und bei den Grundstücken insbesondere
führen muss, sind indess offenliegend. Ob ein Grundstück mit
dem grössten Aufwande menschlicher Arbeit dem Meere abge-
rungen, oder ohne jede Arbeit angeschwemmt, ob dasselbe ur-
sprünglich mit Urwald bewachsen und mit Steinen übersät und
erst in der Folge mit grosser Anstrengung und ökonomischen
Opfern gerodet, gereinigt und mit fruchtbaren Erden bedeckt
wurde, oder aber von vornherein waldfrei und fruchtbar war,
ist für die Beurtheilung seiner natürlichen Fruchtbarkeit, auch
wohl für die Frage von Interesse, ob die Verwendungen
von ökonomischen Gütern auf dies Grundstück

(die Ameliorirungen) zweckmässig und ökonomisch
waren
, nicht aber dort, wo es sich um die allgemeinen wirth-
schaftlichen Beziehungen desselben und insbesondere um seinen
Werth, also um die Bedeutung handelt, welche Güter für uns
lediglich mit Rücksicht auf die der Zukunft angehörigen Be-
dürfnissbefriedigungen**) erlangen.


*) Canard: Principes d'econ. polit., 1801, S. 5 ff.; Carey: Princi-
ples
of Soc. Sc. XLII §. 1; Bastiat: Harmonies econ., Chap. 9; Max
Wirth: Grundzüge d. Nationalök., 1861, S. 347 ff.; Rösler: Grundsätze
der Volkswirthschaftslehre, 1864, §. 100.
**) Aus dem Obigen ergibt sich zugleich, dass wir überall dort, wo wir
von Bodennutzungen sprechen, darunter die zeitlich gemessenen Nutzungen
Menger, Volkswirthschaftslehre. 10

Die Gesetze, nach welchen sich der Werth der Güter regelt.
nicht einordnen lässt, ist ein deutlicher Beweis für die Reform-
bedürftigkeit dieser letztern, nicht aber ein Grund, der zu dem
bedenklichsten methodischen Hilfsmittel berechtigen würde, zu
der Absonderung einer Gruppe von Erscheinungen von den
übrigen, ihrer allgemeinen Natur nach völlig gleichartigen Ob-
jecten der Beobachtung, und zur Aufstellung besonderer höchster
Principien für jede der beiden Gruppen.

Diese Erkenntniss hat denn auch in neuerer Zeit zu mannig-
fachen Versuchen geführt, die Bodenbenützungen und die Grund-
stücke, gleich allen andern Gütern, in den Rahmen der volks-
wirthschaftlichen Systeme einzuordnen und den herrschenden
Principien gemäss, ihren Werth, beziehungsweise die Preise,
welche für dieselben erzielt werden können, auf menschliche
Arbeit, oder auf Capitalsaufwendungen zurückzuführen*).

Die Gewaltsamkeiten, zu welchen dieser Versuch bei den
Gütern im Allgemeinen und bei den Grundstücken insbesondere
führen muss, sind indess offenliegend. Ob ein Grundstück mit
dem grössten Aufwande menschlicher Arbeit dem Meere abge-
rungen, oder ohne jede Arbeit angeschwemmt, ob dasselbe ur-
sprünglich mit Urwald bewachsen und mit Steinen übersät und
erst in der Folge mit grosser Anstrengung und ökonomischen
Opfern gerodet, gereinigt und mit fruchtbaren Erden bedeckt
wurde, oder aber von vornherein waldfrei und fruchtbar war,
ist für die Beurtheilung seiner natürlichen Fruchtbarkeit, auch
wohl für die Frage von Interesse, ob die Verwendungen
von ökonomischen Gütern auf dies Grundstück

(die Ameliorirungen) zweckmässig und ökonomisch
waren
, nicht aber dort, wo es sich um die allgemeinen wirth-
schaftlichen Beziehungen desselben und insbesondere um seinen
Werth, also um die Bedeutung handelt, welche Güter für uns
lediglich mit Rücksicht auf die der Zukunft angehörigen Be-
dürfnissbefriedigungen**) erlangen.


*) Canard: Principes d’econ. polit., 1801, S. 5 ff.; Carey: Princi-
ples
of Soc. Sc. XLII §. 1; Bastiat: Harmonies écon., Chap. 9; Max
Wirth: Grundzüge d. Nationalök., 1861, S. 347 ff.; Rösler: Grundsätze
der Volkswirthschaftslehre, 1864, §. 100.
**) Aus dem Obigen ergibt sich zugleich, dass wir überall dort, wo wir
von Bodennutzungen sprechen, darunter die zeitlich gemessenen Nutzungen
Menger, Volkswirthschaftslehre. 10
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[145/0163] Die Gesetze, nach welchen sich der Werth der Güter regelt. nicht einordnen lässt, ist ein deutlicher Beweis für die Reform- bedürftigkeit dieser letztern, nicht aber ein Grund, der zu dem bedenklichsten methodischen Hilfsmittel berechtigen würde, zu der Absonderung einer Gruppe von Erscheinungen von den übrigen, ihrer allgemeinen Natur nach völlig gleichartigen Ob- jecten der Beobachtung, und zur Aufstellung besonderer höchster Principien für jede der beiden Gruppen. Diese Erkenntniss hat denn auch in neuerer Zeit zu mannig- fachen Versuchen geführt, die Bodenbenützungen und die Grund- stücke, gleich allen andern Gütern, in den Rahmen der volks- wirthschaftlichen Systeme einzuordnen und den herrschenden Principien gemäss, ihren Werth, beziehungsweise die Preise, welche für dieselben erzielt werden können, auf menschliche Arbeit, oder auf Capitalsaufwendungen zurückzuführen *). Die Gewaltsamkeiten, zu welchen dieser Versuch bei den Gütern im Allgemeinen und bei den Grundstücken insbesondere führen muss, sind indess offenliegend. Ob ein Grundstück mit dem grössten Aufwande menschlicher Arbeit dem Meere abge- rungen, oder ohne jede Arbeit angeschwemmt, ob dasselbe ur- sprünglich mit Urwald bewachsen und mit Steinen übersät und erst in der Folge mit grosser Anstrengung und ökonomischen Opfern gerodet, gereinigt und mit fruchtbaren Erden bedeckt wurde, oder aber von vornherein waldfrei und fruchtbar war, ist für die Beurtheilung seiner natürlichen Fruchtbarkeit, auch wohl für die Frage von Interesse, ob die Verwendungen von ökonomischen Gütern auf dies Grundstück (die Ameliorirungen) zweckmässig und ökonomisch waren, nicht aber dort, wo es sich um die allgemeinen wirth- schaftlichen Beziehungen desselben und insbesondere um seinen Werth, also um die Bedeutung handelt, welche Güter für uns lediglich mit Rücksicht auf die der Zukunft angehörigen Be- dürfnissbefriedigungen **) erlangen. *) Canard: Principes d’econ. polit., 1801, S. 5 ff.; Carey: Princi- ples of Soc. Sc. XLII §. 1; Bastiat: Harmonies écon., Chap. 9; Max Wirth: Grundzüge d. Nationalök., 1861, S. 347 ff.; Rösler: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre, 1864, §. 100. **) Aus dem Obigen ergibt sich zugleich, dass wir überall dort, wo wir von Bodennutzungen sprechen, darunter die zeitlich gemessenen Nutzungen Menger, Volkswirthschaftslehre. 10

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/163>, abgerufen am 29.03.2024.