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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Die Gesetze, nach welchen sich der Werth der Güter regelt.
die Befriedigung ihrer Bedürfnisse in der nächsten Zukunft, und
erst hierauf für jene der ferneren Zeiträume Vorsorge zu treffen,
oder mit andern Worten, der wirthschaftliche Nutzen, welcher
sich für die Menschen aus der fortschreitenden Heranziehung
von Gütern höherer Ordnung zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse
erzielen lässt, ist dadurch bedingt, dass sie nach erfolgter
Deckung des Bedarfes der nächsten Zukunft auch noch Quan-
titäten von Gütern für die entfernteren Zeiträume
verfügbar haben
.

In den Anfängen der Culturentwickelung und beim Beginne
einer jeden neuen Phase derselben, wo erst einzelne wirthschaf-
tende Individuen zu der Heranziehung von Gütern der nächst
höheren Ordnung übergehen, (die ersten Entdecker, Erfinder,
beziehungsweise Unternehmer,) pflegt jener Theil der Güter dieser
Ordnung, welcher bisher noch keinerlei Verwendung in der
menschlichen Wirthschaft fand, nach welchem demnach auch
kein Bedarf bestand, naturgemäss den nicht ökonomischen Cha-
rakter zu haben. Grundstücke pflegen bei einem Jägervolke, das
zum Ackerbaue übergeht, Materialien irgend welcher Art, welche
bisher ungenützt waren und nunmehr zum erstenmale zur Be-
friedigung irgend eines menschlichen Bedürfnisses herangezogen
werden, (z. B. Kalk, Sand, Bauholz, Bausteine etc.,) selbst nach
dem Eintritt dieser letztern Eventualität, durch einige Zeit den
nicht ökonomischen Charakter zu bewahren. Diese Güter sind es
demnach nicht, deren begrenzte Quantität in den Anfängen der
Cultur die wirthschaftenden Menschen von der fortschreitenden
Heranziehung von Gütern höherer Ordnung zur Befriedigung
ihrer Bedürfnisse abhält.

Ein anderer Theil der complementären Güter höherer
Ordnung ist indess der Regel nach ein solcher, welcher bereits
vor der Heranziehung einer neuen Ordnung von Gütern in irgend
einem Productionszweige zur Befriedigung menschlicher Bedürf-
nisse diente und den ökonomischen Charakter aufwies. Das
Saamengetreide und die Arbeitsleistungen, deren ein Indivi-
duum, das von der occupatorischen Wirthschaft zum Ackerbaue
übergehen möchte, benöthigt, sind z. B. Güter dieser Art.

Diese Güter nun, welche das in Rede stehende Individuum bis-
her als Güter niederer Ordnung verwendete und auch fernerhin

Menger, Volkswirthschaftslehre. 9

Die Gesetze, nach welchen sich der Werth der Güter regelt.
die Befriedigung ihrer Bedürfnisse in der nächsten Zukunft, und
erst hierauf für jene der ferneren Zeiträume Vorsorge zu treffen,
oder mit andern Worten, der wirthschaftliche Nutzen, welcher
sich für die Menschen aus der fortschreitenden Heranziehung
von Gütern höherer Ordnung zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse
erzielen lässt, ist dadurch bedingt, dass sie nach erfolgter
Deckung des Bedarfes der nächsten Zukunft auch noch Quan-
titäten von Gütern für die entfernteren Zeiträume
verfügbar haben
.

In den Anfängen der Culturentwickelung und beim Beginne
einer jeden neuen Phase derselben, wo erst einzelne wirthschaf-
tende Individuen zu der Heranziehung von Gütern der nächst
höheren Ordnung übergehen, (die ersten Entdecker, Erfinder,
beziehungsweise Unternehmer,) pflegt jener Theil der Güter dieser
Ordnung, welcher bisher noch keinerlei Verwendung in der
menschlichen Wirthschaft fand, nach welchem demnach auch
kein Bedarf bestand, naturgemäss den nicht ökonomischen Cha-
rakter zu haben. Grundstücke pflegen bei einem Jägervolke, das
zum Ackerbaue übergeht, Materialien irgend welcher Art, welche
bisher ungenützt waren und nunmehr zum erstenmale zur Be-
friedigung irgend eines menschlichen Bedürfnisses herangezogen
werden, (z. B. Kalk, Sand, Bauholz, Bausteine etc.,) selbst nach
dem Eintritt dieser letztern Eventualität, durch einige Zeit den
nicht ökonomischen Charakter zu bewahren. Diese Güter sind es
demnach nicht, deren begrenzte Quantität in den Anfängen der
Cultur die wirthschaftenden Menschen von der fortschreitenden
Heranziehung von Gütern höherer Ordnung zur Befriedigung
ihrer Bedürfnisse abhält.

Ein anderer Theil der complementären Güter höherer
Ordnung ist indess der Regel nach ein solcher, welcher bereits
vor der Heranziehung einer neuen Ordnung von Gütern in irgend
einem Productionszweige zur Befriedigung menschlicher Bedürf-
nisse diente und den ökonomischen Charakter aufwies. Das
Saamengetreide und die Arbeitsleistungen, deren ein Indivi-
duum, das von der occupatorischen Wirthschaft zum Ackerbaue
übergehen möchte, benöthigt, sind z. B. Güter dieser Art.

Diese Güter nun, welche das in Rede stehende Individuum bis-
her als Güter niederer Ordnung verwendete und auch fernerhin

Menger, Volkswirthschaftslehre. 9
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[129/0147] Die Gesetze, nach welchen sich der Werth der Güter regelt. die Befriedigung ihrer Bedürfnisse in der nächsten Zukunft, und erst hierauf für jene der ferneren Zeiträume Vorsorge zu treffen, oder mit andern Worten, der wirthschaftliche Nutzen, welcher sich für die Menschen aus der fortschreitenden Heranziehung von Gütern höherer Ordnung zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse erzielen lässt, ist dadurch bedingt, dass sie nach erfolgter Deckung des Bedarfes der nächsten Zukunft auch noch Quan- titäten von Gütern für die entfernteren Zeiträume verfügbar haben. In den Anfängen der Culturentwickelung und beim Beginne einer jeden neuen Phase derselben, wo erst einzelne wirthschaf- tende Individuen zu der Heranziehung von Gütern der nächst höheren Ordnung übergehen, (die ersten Entdecker, Erfinder, beziehungsweise Unternehmer,) pflegt jener Theil der Güter dieser Ordnung, welcher bisher noch keinerlei Verwendung in der menschlichen Wirthschaft fand, nach welchem demnach auch kein Bedarf bestand, naturgemäss den nicht ökonomischen Cha- rakter zu haben. Grundstücke pflegen bei einem Jägervolke, das zum Ackerbaue übergeht, Materialien irgend welcher Art, welche bisher ungenützt waren und nunmehr zum erstenmale zur Be- friedigung irgend eines menschlichen Bedürfnisses herangezogen werden, (z. B. Kalk, Sand, Bauholz, Bausteine etc.,) selbst nach dem Eintritt dieser letztern Eventualität, durch einige Zeit den nicht ökonomischen Charakter zu bewahren. Diese Güter sind es demnach nicht, deren begrenzte Quantität in den Anfängen der Cultur die wirthschaftenden Menschen von der fortschreitenden Heranziehung von Gütern höherer Ordnung zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse abhält. Ein anderer Theil der complementären Güter höherer Ordnung ist indess der Regel nach ein solcher, welcher bereits vor der Heranziehung einer neuen Ordnung von Gütern in irgend einem Productionszweige zur Befriedigung menschlicher Bedürf- nisse diente und den ökonomischen Charakter aufwies. Das Saamengetreide und die Arbeitsleistungen, deren ein Indivi- duum, das von der occupatorischen Wirthschaft zum Ackerbaue übergehen möchte, benöthigt, sind z. B. Güter dieser Art. Diese Güter nun, welche das in Rede stehende Individuum bis- her als Güter niederer Ordnung verwendete und auch fernerhin Menger, Volkswirthschaftslehre. 9

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/147>, abgerufen am 25.04.2024.