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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Ueber das ursprünglichste Mass des Güterwerthes.
Genüsse willen hält, welche ihm eine reichlichere Nahrung, oder
aber ihre blosse Gesellschaft bietet. Eine weitere Quantität,
das ist mehr als hundert Mass Wasser, wüsste er aber nicht zu
verwenden.

So lange nun die Quelle so reich an Wasser ist, dass er
nicht nur alle seine Bedürfnisse nach Wasser befriedigen, son-
dern täglich einige tausend Eimer ins Meer fliessen lassen kann,
kurz, so lange davon, ob er über eine bestimmte Quantität,
z. B. einen Eimer Wasser mehr oder weniger verfügt, die Be-
friedigung keines seiner Bedürfnisse abhängig ist, wird, wie wir
sahen, eine solche Quantität für ihn weder den ökonomischen
Charakter, noch auch Werth haben, und es kann somit auch von
einem Masse des letztern nicht die Rede sein. Würde nun aber
durch ein Naturereigniss bewirkt, dass die Quelle plötzlich so
weit versiegen würde, dass unser Inselbewohner nur über 90 Mass
Wasser täglich zu verfügen vermöchte, während ihm, wie wir
sahen, 100 Mass zur vollständigen Befriedigung seiner Bedürf-
nisse erforderlich sind, so wäre klar, dass von der Verfügung
über jede Theilquantität dieses Wassers für ihn dann bereits
eine Bedürfnissbefriedigung abhängig wäre, und somit jede con-
crete Quantität hievon für ihn jene Bedeutung erlangen würde,
welche wir Werth nennen.

Fragen wir nun aber, welche seiner Bedürfnissbefriedigungen
in dem vorliegenden Falle von einer bestimmten Theilquantität
der ihm verfügbaren 90 Mass Wasser z. B. von 10 Mass ab-
hängig sind, so stellt sich uns die Frage auch so dar: Welche
Bedürfnissbefriedigungen unseres isolirten Subjectes würden nicht
erfolgen, wenn dasselbe über diese Theilquantität nicht, d. i.
statt über 90 Mass nur über 80 Mass verfügen würde.

Nun ist nichts sicherer, als dass das obige wirthschaftende
Subject, auch wenn es nur über 80 Mass Wasser täglich ver-
fügen könnte, vor wie nach täglich die zur Erhaltung seines
Lebens nöthige Quantität Wasser zu sich nehmen, ferner so
viel Thiere erhalten würde, als ihm zur Erhaltung seines
Lebens unumgänglich erforderlich sind. Es würde, da diese Ge-
brauchszwecke nur 20 Mass Wasser täglich erfordern, die ihm
erübrigenden 60 Mass dazu verwenden, um zunächst alle jene
Bedürfnisse zu befriedigen, von deren Befriedigung seine Gesund-

Ueber das ursprünglichste Mass des Güterwerthes.
Genüsse willen hält, welche ihm eine reichlichere Nahrung, oder
aber ihre blosse Gesellschaft bietet. Eine weitere Quantität,
das ist mehr als hundert Mass Wasser, wüsste er aber nicht zu
verwenden.

So lange nun die Quelle so reich an Wasser ist, dass er
nicht nur alle seine Bedürfnisse nach Wasser befriedigen, son-
dern täglich einige tausend Eimer ins Meer fliessen lassen kann,
kurz, so lange davon, ob er über eine bestimmte Quantität,
z. B. einen Eimer Wasser mehr oder weniger verfügt, die Be-
friedigung keines seiner Bedürfnisse abhängig ist, wird, wie wir
sahen, eine solche Quantität für ihn weder den ökonomischen
Charakter, noch auch Werth haben, und es kann somit auch von
einem Masse des letztern nicht die Rede sein. Würde nun aber
durch ein Naturereigniss bewirkt, dass die Quelle plötzlich so
weit versiegen würde, dass unser Inselbewohner nur über 90 Mass
Wasser täglich zu verfügen vermöchte, während ihm, wie wir
sahen, 100 Mass zur vollständigen Befriedigung seiner Bedürf-
nisse erforderlich sind, so wäre klar, dass von der Verfügung
über jede Theilquantität dieses Wassers für ihn dann bereits
eine Bedürfnissbefriedigung abhängig wäre, und somit jede con-
crete Quantität hievon für ihn jene Bedeutung erlangen würde,
welche wir Werth nennen.

Fragen wir nun aber, welche seiner Bedürfnissbefriedigungen
in dem vorliegenden Falle von einer bestimmten Theilquantität
der ihm verfügbaren 90 Mass Wasser z. B. von 10 Mass ab-
hängig sind, so stellt sich uns die Frage auch so dar: Welche
Bedürfnissbefriedigungen unseres isolirten Subjectes würden nicht
erfolgen, wenn dasselbe über diese Theilquantität nicht, d. i.
statt über 90 Mass nur über 80 Mass verfügen würde.

Nun ist nichts sicherer, als dass das obige wirthschaftende
Subject, auch wenn es nur über 80 Mass Wasser täglich ver-
fügen könnte, vor wie nach täglich die zur Erhaltung seines
Lebens nöthige Quantität Wasser zu sich nehmen, ferner so
viel Thiere erhalten würde, als ihm zur Erhaltung seines
Lebens unumgänglich erforderlich sind. Es würde, da diese Ge-
brauchszwecke nur 20 Mass Wasser täglich erfordern, die ihm
erübrigenden 60 Mass dazu verwenden, um zunächst alle jene
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[101/0119] Ueber das ursprünglichste Mass des Güterwerthes. Genüsse willen hält, welche ihm eine reichlichere Nahrung, oder aber ihre blosse Gesellschaft bietet. Eine weitere Quantität, das ist mehr als hundert Mass Wasser, wüsste er aber nicht zu verwenden. So lange nun die Quelle so reich an Wasser ist, dass er nicht nur alle seine Bedürfnisse nach Wasser befriedigen, son- dern täglich einige tausend Eimer ins Meer fliessen lassen kann, kurz, so lange davon, ob er über eine bestimmte Quantität, z. B. einen Eimer Wasser mehr oder weniger verfügt, die Be- friedigung keines seiner Bedürfnisse abhängig ist, wird, wie wir sahen, eine solche Quantität für ihn weder den ökonomischen Charakter, noch auch Werth haben, und es kann somit auch von einem Masse des letztern nicht die Rede sein. Würde nun aber durch ein Naturereigniss bewirkt, dass die Quelle plötzlich so weit versiegen würde, dass unser Inselbewohner nur über 90 Mass Wasser täglich zu verfügen vermöchte, während ihm, wie wir sahen, 100 Mass zur vollständigen Befriedigung seiner Bedürf- nisse erforderlich sind, so wäre klar, dass von der Verfügung über jede Theilquantität dieses Wassers für ihn dann bereits eine Bedürfnissbefriedigung abhängig wäre, und somit jede con- crete Quantität hievon für ihn jene Bedeutung erlangen würde, welche wir Werth nennen. Fragen wir nun aber, welche seiner Bedürfnissbefriedigungen in dem vorliegenden Falle von einer bestimmten Theilquantität der ihm verfügbaren 90 Mass Wasser z. B. von 10 Mass ab- hängig sind, so stellt sich uns die Frage auch so dar: Welche Bedürfnissbefriedigungen unseres isolirten Subjectes würden nicht erfolgen, wenn dasselbe über diese Theilquantität nicht, d. i. statt über 90 Mass nur über 80 Mass verfügen würde. Nun ist nichts sicherer, als dass das obige wirthschaftende Subject, auch wenn es nur über 80 Mass Wasser täglich ver- fügen könnte, vor wie nach täglich die zur Erhaltung seines Lebens nöthige Quantität Wasser zu sich nehmen, ferner so viel Thiere erhalten würde, als ihm zur Erhaltung seines Lebens unumgänglich erforderlich sind. Es würde, da diese Ge- brauchszwecke nur 20 Mass Wasser täglich erfordern, die ihm erübrigenden 60 Mass dazu verwenden, um zunächst alle jene Bedürfnisse zu befriedigen, von deren Befriedigung seine Gesund-

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/119>, abgerufen am 28.03.2024.