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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Ueber das ursprünglichste Mass des Güterwerthes.
genuss bereits dieselbe Bedeutung für dies Individuum zu ge-
winnen, wie die fernere Befriedigung des Nahrungsbedürfnisses,
und dasselbe wird daher bemüht sein, von da ab die Befrie-
digung seines Bedürfnisses nach Tabak mit jenem nach Nahrungs-
mitteln in das Gleichgewicht zu bringen. Obzwar nämlich die Be-
friedigung des Nahrungsbedürfnisses im Allgemeinen eine ungleich
höhere Bedeutung, als die Befriedigung des Bedürfnisses nach
dem Tabaksgenusse, für das in Rede stehende Individuum hat,
so tritt doch bei fortgesetzter Befriedigung des ersteren, wie in
der obigen Tabelle veranschaulicht ist, ein Stadium ein, wo die
weiteren Acte der Befriedigung des Nahrungsbedürfnisses doch
für jenes Individuum eine geringere Bedeutung besitzen, als die
ersten Acte der Befriedigung des im Allgemeinen minder wich-
tigen, aber noch gänzlich unbefriedigten Bedürfnisses nach dem
Tabakgenusse.

Wir glauben, durch diesen Hinweis auf eine gewöhnliche
Lebenserscheinung den Sinn der obigen, lediglich um der Er-
leichterung der Demonstration eines eben so schwierigen, als
bisher unbearbeiteten Gebietes der Psychologie gewählten Ziffern
zur vollen Genüge erklärt zu haben.

Die verschiedene Bedeutung, welche die Befriedigung der
einzelnen concreten Bedürfnisse für die Menschen hat, ist, so
wenig auch bisher die Aufmerksamkeit der Forscher auf die hier
behandelten Erscheinungen gelenkt war, doch dem Bewusstsein
keines wirthschaftenden Menschen fremd. Wo immer Menschen
wohnen, und welche Stufe der Culturentwickelung sie auch immer
einnehmen, überall können wir beobachten, wie die wirthschaf-
tenden Individuen die Bedeutung der Befriedigung ihrer ver-
schiedenen Bedürfnisse im Allgemeinen und jene der Einzelnen
zur mehr oder minder vollständigen Befriedigung derselben füh-
renden Acte insbesondere gegen einander abwägen, und sich
schliesslich von dem Resultate dieser Prüfung in der auf die
möglichst vollständige Befriedigung ihrer Bedürfnisse gerich-
teten Thätigkeit (Wirthschaft) bestimmen lassen. Ja, es ist
dies Abwägen der verschiedenen Bedeutung der Bedürfnisse,
die Wahl zwischen jenen, welche unbefriedigt bleiben, und
jenen, welche, je nach den verfügbaren Mitteln, zur Befrie-
digung gelangen, und die Bestimmung des Grades, bis zu welchem

Ueber das ursprünglichste Mass des Güterwerthes.
genuss bereits dieselbe Bedeutung für dies Individuum zu ge-
winnen, wie die fernere Befriedigung des Nahrungsbedürfnisses,
und dasselbe wird daher bemüht sein, von da ab die Befrie-
digung seines Bedürfnisses nach Tabak mit jenem nach Nahrungs-
mitteln in das Gleichgewicht zu bringen. Obzwar nämlich die Be-
friedigung des Nahrungsbedürfnisses im Allgemeinen eine ungleich
höhere Bedeutung, als die Befriedigung des Bedürfnisses nach
dem Tabaksgenusse, für das in Rede stehende Individuum hat,
so tritt doch bei fortgesetzter Befriedigung des ersteren, wie in
der obigen Tabelle veranschaulicht ist, ein Stadium ein, wo die
weiteren Acte der Befriedigung des Nahrungsbedürfnisses doch
für jenes Individuum eine geringere Bedeutung besitzen, als die
ersten Acte der Befriedigung des im Allgemeinen minder wich-
tigen, aber noch gänzlich unbefriedigten Bedürfnisses nach dem
Tabakgenusse.

Wir glauben, durch diesen Hinweis auf eine gewöhnliche
Lebenserscheinung den Sinn der obigen, lediglich um der Er-
leichterung der Demonstration eines eben so schwierigen, als
bisher unbearbeiteten Gebietes der Psychologie gewählten Ziffern
zur vollen Genüge erklärt zu haben.

Die verschiedene Bedeutung, welche die Befriedigung der
einzelnen concreten Bedürfnisse für die Menschen hat, ist, so
wenig auch bisher die Aufmerksamkeit der Forscher auf die hier
behandelten Erscheinungen gelenkt war, doch dem Bewusstsein
keines wirthschaftenden Menschen fremd. Wo immer Menschen
wohnen, und welche Stufe der Culturentwickelung sie auch immer
einnehmen, überall können wir beobachten, wie die wirthschaf-
tenden Individuen die Bedeutung der Befriedigung ihrer ver-
schiedenen Bedürfnisse im Allgemeinen und jene der Einzelnen
zur mehr oder minder vollständigen Befriedigung derselben füh-
renden Acte insbesondere gegen einander abwägen, und sich
schliesslich von dem Resultate dieser Prüfung in der auf die
möglichst vollständige Befriedigung ihrer Bedürfnisse gerich-
teten Thätigkeit (Wirthschaft) bestimmen lassen. Ja, es ist
dies Abwägen der verschiedenen Bedeutung der Bedürfnisse,
die Wahl zwischen jenen, welche unbefriedigt bleiben, und
jenen, welche, je nach den verfügbaren Mitteln, zur Befrie-
digung gelangen, und die Bestimmung des Grades, bis zu welchem

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[94/0112] Ueber das ursprünglichste Mass des Güterwerthes. genuss bereits dieselbe Bedeutung für dies Individuum zu ge- winnen, wie die fernere Befriedigung des Nahrungsbedürfnisses, und dasselbe wird daher bemüht sein, von da ab die Befrie- digung seines Bedürfnisses nach Tabak mit jenem nach Nahrungs- mitteln in das Gleichgewicht zu bringen. Obzwar nämlich die Be- friedigung des Nahrungsbedürfnisses im Allgemeinen eine ungleich höhere Bedeutung, als die Befriedigung des Bedürfnisses nach dem Tabaksgenusse, für das in Rede stehende Individuum hat, so tritt doch bei fortgesetzter Befriedigung des ersteren, wie in der obigen Tabelle veranschaulicht ist, ein Stadium ein, wo die weiteren Acte der Befriedigung des Nahrungsbedürfnisses doch für jenes Individuum eine geringere Bedeutung besitzen, als die ersten Acte der Befriedigung des im Allgemeinen minder wich- tigen, aber noch gänzlich unbefriedigten Bedürfnisses nach dem Tabakgenusse. Wir glauben, durch diesen Hinweis auf eine gewöhnliche Lebenserscheinung den Sinn der obigen, lediglich um der Er- leichterung der Demonstration eines eben so schwierigen, als bisher unbearbeiteten Gebietes der Psychologie gewählten Ziffern zur vollen Genüge erklärt zu haben. Die verschiedene Bedeutung, welche die Befriedigung der einzelnen concreten Bedürfnisse für die Menschen hat, ist, so wenig auch bisher die Aufmerksamkeit der Forscher auf die hier behandelten Erscheinungen gelenkt war, doch dem Bewusstsein keines wirthschaftenden Menschen fremd. Wo immer Menschen wohnen, und welche Stufe der Culturentwickelung sie auch immer einnehmen, überall können wir beobachten, wie die wirthschaf- tenden Individuen die Bedeutung der Befriedigung ihrer ver- schiedenen Bedürfnisse im Allgemeinen und jene der Einzelnen zur mehr oder minder vollständigen Befriedigung derselben füh- renden Acte insbesondere gegen einander abwägen, und sich schliesslich von dem Resultate dieser Prüfung in der auf die möglichst vollständige Befriedigung ihrer Bedürfnisse gerich- teten Thätigkeit (Wirthschaft) bestimmen lassen. Ja, es ist dies Abwägen der verschiedenen Bedeutung der Bedürfnisse, die Wahl zwischen jenen, welche unbefriedigt bleiben, und jenen, welche, je nach den verfügbaren Mitteln, zur Befrie- digung gelangen, und die Bestimmung des Grades, bis zu welchem

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/112>, abgerufen am 28.03.2024.