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Mendel, Gregor: Versuche über Pflanzen-Hybriden. In: Verhandlungen des Naturforschenden Vereines in Brünn 4 (1866), S. 3-47.

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Aufmerksamkeit erfordert, da bei einzelnen Samen mancher Pflanzen
die grüne Färbung des Albumens weniger entwickelt wird und anfäng-
lich leicht übersehen werden kann. Die Ursache des theilweisen Ver-
schwindens der grünen Färbung steht mit dem Hybriden-Character der
Pflanzen in keinem Zusammenhange, indem dasselbe an der Stamm-
pflanze ebenfalls vorkommt; auch beschränkt sich diese Eigenthümlich-
keit nur auf das Individuum und vererbt sich nicht auf die Nachkom-
men. An luxurirenden Pflanzen wurde diese Erscheinung öfter beobach-
tet. Samen, welche während ihrer Entwicklung von Insecten beschädigt
wurden, variiren oft in Farbe und Gestalt, jedoch sind bei einiger
Uebung im Sortiren Fehler leicht zu vermeiden. Es ist fast überflüssig
zu erwähnen, dass die Hülsen so lange an der Pflanze bleiben müssen,
bis sie vollkommen ausgereift und trocken geworden sind, weil erst
dann die Gestalt und Färbung der Samen vollständig entwickelt ist.

3. Versuch. Farbe der Samenschale. Unter 929 Pflanzen brach-
ten 705 violett-rothe Blüthen und graubraune Samenschalen; 224 hat-
ten weisse Blüthen und weisse Samenschalen. Daraus ergibt sich das
Verhältniss 3,15:1.

4. Versuch. Gestalt der Hülsen. Von 1181 Pflanzen hatten 882
einfach gewölbte, 299 eingeschnürte Hülsen. Daher das Verhältniss
2,95:1.

5. Versuch. Färbung der unreifen Hülse. Die Zahl der Ver-
suchspflanzen betrug 580, wovon 428 grüne und 152 gelbe Hülsen
besassen. Daher stehen jene zu diesen in dem Verhältnisse 2,82:1.

6. Versuch. Stellung der Blüthen. Unter 858 Fällen waren die
Blüthen 651mal axenständig und 207mal endständig. Daraus das Ver-
hältniss 3,14:1.

7. Versuch. Länge der Axe. Von 1064 Pflanzen hatten 787
die lange, 277 die kurze Axe. Daher das gegenseitige Verhältniss 2,84:1.
Bei diesem Versuche wurden die zwergartigen Pflanzen behutsam aus-
gehoben und auf eigene Beete versetzt. Diese Vorsicht war nothwen-
dig, weil sie sonst mitten unter ihren hochrankenden Geschwistern hät-
ten verkümmern müssen. Sie sind schon in der ersten Jugendzeit an
dem gedrungenen Wuchse und den dunkelgrünen dicken Blättern leicht
zu unterscheiden.

Werden die Resultate sämmtlicher Versuche zusammengefasst, so

Aufmerksamkeit erfordert, da bei einzelnen Samen mancher Pflanzen
die grüne Färbung des Albumens weniger entwickelt wird und anfäng-
lich leicht übersehen werden kann. Die Ursache des theilweisen Ver-
schwindens der grünen Färbung steht mit dem Hybriden-Character der
Pflanzen in keinem Zusammenhange, indem dasselbe an der Stamm-
pflanze ebenfalls vorkommt; auch beschränkt sich diese Eigenthümlich-
keit nur auf das Individuum und vererbt sich nicht auf die Nachkom-
men. An luxurirenden Pflanzen wurde diese Erscheinung öfter beobach-
tet. Samen, welche während ihrer Entwicklung von Insecten beschädigt
wurden, variiren oft in Farbe und Gestalt, jedoch sind bei einiger
Uebung im Sortiren Fehler leicht zu vermeiden. Es ist fast überflüssig
zu erwähnen, dass die Hülsen so lange an der Pflanze bleiben müssen,
bis sie vollkommen ausgereift und trocken geworden sind, weil erst
dann die Gestalt und Färbung der Samen vollständig entwickelt ist.

3. Versuch. Farbe der Samenschale. Unter 929 Pflanzen brach-
ten 705 violett-rothe Blüthen und graubraune Samenschalen; 224 hat-
ten weisse Blüthen und weisse Samenschalen. Daraus ergibt sich das
Verhältniss 3,15:1.

4. Versuch. Gestalt der Hülsen. Von 1181 Pflanzen hatten 882
einfach gewölbte, 299 eingeschnürte Hülsen. Daher das Verhältniss
2,95:1.

5. Versuch. Färbung der unreifen Hülse. Die Zahl der Ver-
suchspflanzen betrug 580, wovon 428 grüne und 152 gelbe Hülsen
besassen. Daher stehen jene zu diesen in dem Verhältnisse 2,82:1.

6. Versuch. Stellung der Blüthen. Unter 858 Fällen waren die
Blüthen 651mal axenständig und 207mal endständig. Daraus das Ver-
hältniss 3,14:1.

7. Versuch. Länge der Axe. Von 1064 Pflanzen hatten 787
die lange, 277 die kurze Axe. Daher das gegenseitige Verhältniss 2,84:1.
Bei diesem Versuche wurden die zwergartigen Pflanzen behutsam aus-
gehoben und auf eigene Beete versetzt. Diese Vorsicht war nothwen-
dig, weil sie sonst mitten unter ihren hochrankenden Geschwistern hät-
ten verkümmern müssen. Sie sind schon in der ersten Jugendzeit an
dem gedrungenen Wuchse und den dunkelgrünen dicken Blättern leicht
zu unterscheiden.

Werden die Resultate sämmtlicher Versuche zusammengefasst, so

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[14/0025] Aufmerksamkeit erfordert, da bei einzelnen Samen mancher Pflanzen die grüne Färbung des Albumens weniger entwickelt wird und anfäng- lich leicht übersehen werden kann. Die Ursache des theilweisen Ver- schwindens der grünen Färbung steht mit dem Hybriden-Character der Pflanzen in keinem Zusammenhange, indem dasselbe an der Stamm- pflanze ebenfalls vorkommt; auch beschränkt sich diese Eigenthümlich- keit nur auf das Individuum und vererbt sich nicht auf die Nachkom- men. An luxurirenden Pflanzen wurde diese Erscheinung öfter beobach- tet. Samen, welche während ihrer Entwicklung von Insecten beschädigt wurden, variiren oft in Farbe und Gestalt, jedoch sind bei einiger Uebung im Sortiren Fehler leicht zu vermeiden. Es ist fast überflüssig zu erwähnen, dass die Hülsen so lange an der Pflanze bleiben müssen, bis sie vollkommen ausgereift und trocken geworden sind, weil erst dann die Gestalt und Färbung der Samen vollständig entwickelt ist. 3. Versuch. Farbe der Samenschale. Unter 929 Pflanzen brach- ten 705 violett-rothe Blüthen und graubraune Samenschalen; 224 hat- ten weisse Blüthen und weisse Samenschalen. Daraus ergibt sich das Verhältniss 3,15:1. 4. Versuch. Gestalt der Hülsen. Von 1181 Pflanzen hatten 882 einfach gewölbte, 299 eingeschnürte Hülsen. Daher das Verhältniss 2,95:1. 5. Versuch. Färbung der unreifen Hülse. Die Zahl der Ver- suchspflanzen betrug 580, wovon 428 grüne und 152 gelbe Hülsen besassen. Daher stehen jene zu diesen in dem Verhältnisse 2,82:1. 6. Versuch. Stellung der Blüthen. Unter 858 Fällen waren die Blüthen 651mal axenständig und 207mal endständig. Daraus das Ver- hältniss 3,14:1. 7. Versuch. Länge der Axe. Von 1064 Pflanzen hatten 787 die lange, 277 die kurze Axe. Daher das gegenseitige Verhältniss 2,84:1. Bei diesem Versuche wurden die zwergartigen Pflanzen behutsam aus- gehoben und auf eigene Beete versetzt. Diese Vorsicht war nothwen- dig, weil sie sonst mitten unter ihren hochrankenden Geschwistern hät- ten verkümmern müssen. Sie sind schon in der ersten Jugendzeit an dem gedrungenen Wuchse und den dunkelgrünen dicken Blättern leicht zu unterscheiden. Werden die Resultate sämmtlicher Versuche zusammengefasst, so

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Zitationshilfe: Mendel, Gregor: Versuche über Pflanzen-Hybriden. In: Verhandlungen des Naturforschenden Vereines in Brünn 4 (1866), S. 3-47, hier S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendel_pflanzenhybriden_1866/25>, abgerufen am 28.03.2024.