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Melander, Otto: [Joco-seria] Das ander theil dieses Schimpff vnd Ernsts. Bd. 2. Lich, 1605.

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XXXV. Von einem Dieb so gehengt
worden.

ZV Hall in Sachsen ward einer Diebstals
halben eingezogen/ da er nun des Diebstals
gnugsamb vberzeuget ward/ ließ der Richter
jhm wol mit essen vnnd trincken warten/ biß
er hingericht würde: Dann man gab jhm Gebra-
tens vnd gesottens/ gut Bier vnd Wein. Als er
sich nun saat gessen vnnd getruncken hatte/ sagt er
zum Scharpffrichter/ so bey jhm saß/ Lieber Mei-
ster/ ich will diß stück Bratens vnd diesen Semmel
in meine Keippen stecken/ dann ich nicht wissen kan/
wie wol der wirth auff den Abent gerathen möchte:
steckt also das essen in Sack. Der Scharpffrichter
sagt: Wo meinstu Diebshals dann/ daß du auff
den Abend fressen wöllest? Es soll kein stund dahin
gehen/ ich will dirs verbieten.

XXXVI. Von einem Mörder vnd
einem Dieb.

ZWeen hirten werden auff ein Pfingstag vn-
eins/ vnd erstachen einander: Der thäter wird
gefenglich angenommen vnd dem Schult-
heissen in der Statt zugestellet: Derselb le-
set jhn in ein gefengnuß legen/ darinn ein Kriegs-
knecht/ so gestolen hatte/ gefangen saß. Der thäter
bate den Schultheissen/ er wolt den Fürsten seynt
wegen vnderthenig vmb verzeihung bitten/ so wolt
er sein Narr werden/ vnnd kurtzweilige bossen bey
jhm reissen: Da doch derselb ein arger Bub war/
vnd in allen bösen stücken ersyffen. Der Schultheiß
sagts jhm zu/ wie ers denn auch den volgenden tag

dem
C [v]
XXXV. Von einem Dieb ſo gehengt
worden.

ZV Hall in Sachſen ward einer Diebſtals
halben eingezogen/ da er nun des Diebſtals
gnugſamb vberzeuget ward/ ließ der Richter
jhm wol mit eſſen vnnd trincken warten/ biß
er hingericht wuͤrde: Dann man gab jhm Gebra-
tens vnd geſottens/ gut Bier vnd Wein. Als er
ſich nun ſaat geſſen vnnd getruncken hatte/ ſagt er
zum Scharpffrichter/ ſo bey jhm ſaß/ Lieber Mei-
ſter/ ich will diß ſtuͤck Bratens vnd dieſen Semmel
in meine Keippen ſtecken/ dann ich nicht wiſſen kan/
wie wol der wirth auff den Abent gerathen moͤchte:
ſteckt alſo das eſſen in Sack. Der Scharpffrichter
ſagt: Wo meinſtu Diebshals dann/ daß du auff
den Abend freſſen woͤlleſt? Es ſoll kein ſtund dahin
gehen/ ich will dirs verbieten.

XXXVI. Von einem Moͤrder vnd
einem Dieb.

ZWeen hirten werden auff ein Pfingſtag vn-
eins/ vnd erſtachen einander: Der thaͤter wird
gefenglich angenommen vnd dem Schult-
heiſſen in der Statt zugeſtellet: Derſelb le-
ſet jhn in ein gefengnuß legen/ darinn ein Kriegs-
knecht/ ſo geſtolen hatte/ gefangen ſaß. Der thaͤter
bate den Schultheiſſen/ er wolt den Fuͤrſten ſeynt
wegen vnderthenig vmb verzeihung bitten/ ſo wolt
er ſein Narꝛ werden/ vnnd kurtzweilige boſſen bey
jhm reiſſen: Da doch derſelb ein arger Bub war/
vnd in allen boͤſen ſtuͤcken erſyffen. Der Schultheiß
ſagts jhm zu/ wie ers denn auch den volgenden tag

dem
C [v]
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[41/0045] XXXV. Von einem Dieb ſo gehengt worden. ZV Hall in Sachſen ward einer Diebſtals halben eingezogen/ da er nun des Diebſtals gnugſamb vberzeuget ward/ ließ der Richter jhm wol mit eſſen vnnd trincken warten/ biß er hingericht wuͤrde: Dann man gab jhm Gebra- tens vnd geſottens/ gut Bier vnd Wein. Als er ſich nun ſaat geſſen vnnd getruncken hatte/ ſagt er zum Scharpffrichter/ ſo bey jhm ſaß/ Lieber Mei- ſter/ ich will diß ſtuͤck Bratens vnd dieſen Semmel in meine Keippen ſtecken/ dann ich nicht wiſſen kan/ wie wol der wirth auff den Abent gerathen moͤchte: ſteckt alſo das eſſen in Sack. Der Scharpffrichter ſagt: Wo meinſtu Diebshals dann/ daß du auff den Abend freſſen woͤlleſt? Es ſoll kein ſtund dahin gehen/ ich will dirs verbieten. XXXVI. Von einem Moͤrder vnd einem Dieb. ZWeen hirten werden auff ein Pfingſtag vn- eins/ vnd erſtachen einander: Der thaͤter wird gefenglich angenommen vnd dem Schult- heiſſen in der Statt zugeſtellet: Derſelb le- ſet jhn in ein gefengnuß legen/ darinn ein Kriegs- knecht/ ſo geſtolen hatte/ gefangen ſaß. Der thaͤter bate den Schultheiſſen/ er wolt den Fuͤrſten ſeynt wegen vnderthenig vmb verzeihung bitten/ ſo wolt er ſein Narꝛ werden/ vnnd kurtzweilige boſſen bey jhm reiſſen: Da doch derſelb ein arger Bub war/ vnd in allen boͤſen ſtuͤcken erſyffen. Der Schultheiß ſagts jhm zu/ wie ers denn auch den volgenden tag dem C v

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Zitationshilfe: Melander, Otto: [Joco-seria] Das ander theil dieses Schimpff vnd Ernsts. Bd. 2. Lich, 1605, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria02_1605/45>, abgerufen am 24.04.2024.