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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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blos gestellt, vielleicht gar mit Kerker und
Leibesstrafe belegt zu sehen! Wie fürchterlich
war diese Aussicht. Der Rath der alten
Kuplerin fand daher endlich Beifall. Der
Bediente ihres Vaters, ein häßlicher Kerl von
Leib und Seele, liebte den Trunk, und be-
durfte Geld. Jhm wollte man eine ansehn-
liche Belohnung versprechen, wenn er den
Leichnam nähme und im nächsten Kanal wür-
fe. Liebe und Schmerz machten noch manche
Einwendungen dagegen; aber Nothwendig-
keit drang endlich durch.

Die Alte ging den Kerl aufzusuchen; aber
schrecklich war die Antwort, mit welcher sie
wieder kam. Denn kaum hatte dieser Böse-
wicht vernommen, was er thun sollte, so
übersah er auch schon die Verlegenheit ganz,
in welcher die beiden Frauenspersonen sich
befinden müßten; war zur Wegschaffung des
Leichnams zwar erbötig; foderte aber zum
Lohn dieses Dienstes: daß seine Gebieterin
seinen viehischen Lüsten sich überlassen sollte.

blos geſtellt, vielleicht gar mit Kerker und
Leibesſtrafe belegt zu ſehen! Wie fuͤrchterlich
war dieſe Ausſicht. Der Rath der alten
Kuplerin fand daher endlich Beifall. Der
Bediente ihres Vaters, ein haͤßlicher Kerl von
Leib und Seele, liebte den Trunk, und be-
durfte Geld. Jhm wollte man eine anſehn-
liche Belohnung verſprechen, wenn er den
Leichnam naͤhme und im naͤchſten Kanal wuͤr-
fe. Liebe und Schmerz machten noch manche
Einwendungen dagegen; aber Nothwendig-
keit drang endlich durch.

Die Alte ging den Kerl aufzuſuchen; aber
ſchrecklich war die Antwort, mit welcher ſie
wieder kam. Denn kaum hatte dieſer Boͤſe-
wicht vernommen, was er thun ſollte, ſo
uͤberſah er auch ſchon die Verlegenheit ganz,
in welcher die beiden Frauensperſonen ſich
befinden muͤßten; war zur Wegſchaffung des
Leichnams zwar erboͤtig; foderte aber zum
Lohn dieſes Dienſtes: daß ſeine Gebieterin
ſeinen viehiſchen Luͤſten ſich uͤberlaſſen ſollte.

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[13/0021] blos geſtellt, vielleicht gar mit Kerker und Leibesſtrafe belegt zu ſehen! Wie fuͤrchterlich war dieſe Ausſicht. Der Rath der alten Kuplerin fand daher endlich Beifall. Der Bediente ihres Vaters, ein haͤßlicher Kerl von Leib und Seele, liebte den Trunk, und be- durfte Geld. Jhm wollte man eine anſehn- liche Belohnung verſprechen, wenn er den Leichnam naͤhme und im naͤchſten Kanal wuͤr- fe. Liebe und Schmerz machten noch manche Einwendungen dagegen; aber Nothwendig- keit drang endlich durch. Die Alte ging den Kerl aufzuſuchen; aber ſchrecklich war die Antwort, mit welcher ſie wieder kam. Denn kaum hatte dieſer Boͤſe- wicht vernommen, was er thun ſollte, ſo uͤberſah er auch ſchon die Verlegenheit ganz, in welcher die beiden Frauensperſonen ſich befinden muͤßten; war zur Wegſchaffung des Leichnams zwar erboͤtig; foderte aber zum Lohn dieſes Dienſtes: daß ſeine Gebieterin ſeinen viehiſchen Luͤſten ſich uͤberlaſſen ſollte.

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/21>, abgerufen am 29.03.2024.