Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

zu bewegen: daß er seine Wahl gegen die ihrige
umtausche; aber sie erreichte nur halb ihren
Zweck. Er liebte seine hoffnungsvolle Tochter
so innig, daß er ihr endlich mit Wort und Hand-
schlag versprach, nie einen Mann ihr aufzu-
dringen; aber er bestand dagegen auch ernst-
lich, und vielleicht gar mit einiger Schärfe
darauf: daß sie ihrem Günstling nicht minder
entsagen solle; und das Ende vom Liede war:
daß wirklich beide abgewiesen wurden.

Das Mädchen hatte das Versprechen, ih-
ren Liebhaber zu verabschieden, in wahrem
Ernste gethan. Als sie aber nachher hörte,
daß er, ihrer anscheinenden Härte ungeachtet,
eben so standhaft auf seiner Neigung beharre,
als jener väterliche Günstling sich bald zu trö-
sten gewußt habe; da blieb freilich immer noch
ein Funken der alten Zärtlichkeit zurück; und
so standhaft sie eine geraume Zeit hindurch
seine wiederholten Bewerbungen abwies; so
brachte er es doch durch Bestechung einer Auf-
wärterin, und zwar einer, die nicht vom lezten

zu bewegen: daß er ſeine Wahl gegen die ihrige
umtauſche; aber ſie erreichte nur halb ihren
Zweck. Er liebte ſeine hoffnungsvolle Tochter
ſo innig, daß er ihr endlich mit Wort und Hand-
ſchlag verſprach, nie einen Mann ihr aufzu-
dringen; aber er beſtand dagegen auch ernſt-
lich, und vielleicht gar mit einiger Schaͤrfe
darauf: daß ſie ihrem Guͤnſtling nicht minder
entſagen ſolle; und das Ende vom Liede war:
daß wirklich beide abgewieſen wurden.

Das Maͤdchen hatte das Verſprechen, ih-
ren Liebhaber zu verabſchieden, in wahrem
Ernſte gethan. Als ſie aber nachher hoͤrte,
daß er, ihrer anſcheinenden Haͤrte ungeachtet,
eben ſo ſtandhaft auf ſeiner Neigung beharre,
als jener vaͤterliche Guͤnſtling ſich bald zu troͤ-
ſten gewußt habe; da blieb freilich immer noch
ein Funken der alten Zaͤrtlichkeit zuruͤck; und
ſo ſtandhaft ſie eine geraume Zeit hindurch
ſeine wiederholten Bewerbungen abwies; ſo
brachte er es doch durch Beſtechung einer Auf-
waͤrterin, und zwar einer, die nicht vom lezten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0018" n="10"/>
zu bewegen: daß er &#x017F;eine Wahl gegen die ihrige<lb/>
umtau&#x017F;che; aber &#x017F;ie erreichte nur halb ihren<lb/>
Zweck. Er liebte &#x017F;eine hoffnungsvolle Tochter<lb/>
&#x017F;o innig, daß er ihr endlich mit Wort und Hand-<lb/>
&#x017F;chlag ver&#x017F;prach, nie einen Mann ihr aufzu-<lb/>
dringen; aber er be&#x017F;tand dagegen auch ern&#x017F;t-<lb/>
lich, und vielleicht gar mit einiger Scha&#x0364;rfe<lb/>
darauf: daß &#x017F;ie ihrem Gu&#x0364;n&#x017F;tling nicht minder<lb/>
ent&#x017F;agen &#x017F;olle; und das Ende vom Liede war:<lb/>
daß wirklich <hi rendition="#g">beide</hi> abgewie&#x017F;en wurden.</p><lb/>
          <p>Das Ma&#x0364;dchen hatte das Ver&#x017F;prechen, ih-<lb/>
ren Liebhaber zu verab&#x017F;chieden, in wahrem<lb/>
Ern&#x017F;te gethan. Als &#x017F;ie aber nachher ho&#x0364;rte,<lb/>
daß er, ihrer an&#x017F;cheinenden Ha&#x0364;rte ungeachtet,<lb/>
eben &#x017F;o &#x017F;tandhaft auf &#x017F;einer Neigung beharre,<lb/>
als jener va&#x0364;terliche Gu&#x0364;n&#x017F;tling &#x017F;ich bald zu tro&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ten gewußt habe; da blieb freilich immer noch<lb/>
ein Funken der alten Za&#x0364;rtlichkeit zuru&#x0364;ck; und<lb/>
&#x017F;o &#x017F;tandhaft &#x017F;ie eine geraume Zeit hindurch<lb/>
&#x017F;eine wiederholten Bewerbungen abwies; &#x017F;o<lb/>
brachte er es doch durch Be&#x017F;techung einer Auf-<lb/>
wa&#x0364;rterin, und zwar einer, die nicht vom lezten<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0018] zu bewegen: daß er ſeine Wahl gegen die ihrige umtauſche; aber ſie erreichte nur halb ihren Zweck. Er liebte ſeine hoffnungsvolle Tochter ſo innig, daß er ihr endlich mit Wort und Hand- ſchlag verſprach, nie einen Mann ihr aufzu- dringen; aber er beſtand dagegen auch ernſt- lich, und vielleicht gar mit einiger Schaͤrfe darauf: daß ſie ihrem Guͤnſtling nicht minder entſagen ſolle; und das Ende vom Liede war: daß wirklich beide abgewieſen wurden. Das Maͤdchen hatte das Verſprechen, ih- ren Liebhaber zu verabſchieden, in wahrem Ernſte gethan. Als ſie aber nachher hoͤrte, daß er, ihrer anſcheinenden Haͤrte ungeachtet, eben ſo ſtandhaft auf ſeiner Neigung beharre, als jener vaͤterliche Guͤnſtling ſich bald zu troͤ- ſten gewußt habe; da blieb freilich immer noch ein Funken der alten Zaͤrtlichkeit zuruͤck; und ſo ſtandhaft ſie eine geraume Zeit hindurch ſeine wiederholten Bewerbungen abwies; ſo brachte er es doch durch Beſtechung einer Auf- waͤrterin, und zwar einer, die nicht vom lezten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/18
Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/18>, abgerufen am 28.03.2024.