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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Das öffentliche Sachenrecht.
plätze, Schulgebäude, Gefängnisse. Was unter Benutzung dieser
Sachen geschieht, ist allerdings wesentlich öffentliche Verwaltung,
herausgehoben aus der Privatwirtschaft und dem öffentlichen Rechte
zugehörig. Aber deshalb wird nicht jede Lebensäußerung, die irgend-
wie damit zusammenhängt, als Stück der öffentlichen Verwaltung
selbst nach öffentlichem Rechte zu beurteilen sein. Namentlich wenn
es sich erst um die Beschaffung und Bereithaltung der Mittel
handelt, welche dieser öffentlichen Verwaltung dienen sollen, wird es
immer darauf ankommen, wohin diese Thätigkeiten, für sich betrachtet,
gehören. Ein Lieferungsvertrag für Gefängnisbedürfnisse und ein
Mietvertrag oder Kaufvertrag für Schulräume sind zweifellos privat-
wirtschaftlicher und civilrechtlicher Natur. Geradeso wird auch die
Herrschaft des Staates über die erworbenen und solchen öffentlichen
Unternehmungen als Mittel dienenden Sachen durch diesen äußer-
lichen Zusammenhang nichts anderes: das Unternehmen selbst gehört
der öffentlichen Verwaltung an, die Bereitung des Mittels dazu ist,
für sich betrachtet, privatwirtschaftlicher Natur, und der Staat in der
Stellung des Eigentümers davon, sofern er erwirbt, veräußert, verliert,
besitzt, belastet wird und seine Rechte wahrt, nach Civilrecht zu
beurteilen: mit anderen Worten das Eigentum bleibt civilrechtlich.

Diese zum Civilrecht hinziehende Natur der Sachbeherrschung
muß also aufgehoben werden, wenn ein öffentlichrechtliches Eigentum
denkbar sein soll. Wie kann das geschehen? Nur so, daß die öffent-
liche Verwaltung, als solche erkennbar, mit der Sachbeherrschung
sich verbindet, die Sachbeherrschung, statt der öffentlichen Verwaltung
als Mittel zu dienen, selbst öffentliche Verwaltung vor-
stellt
. Man drückt das auch so aus: die Sache müsse einem öffent-
lichen Zwecke unmittelbar dienen, durch ihre Beschaffenheit, ihre
bloße Existenz den öffentlichen Zweck erfüllen. Oder man hält sich
an das sicherste und wichtigste Beispiel, in welchem solche öffent-
liche Verwaltung unmittelbar durch die Sache erscheint, an den Ge-
meingebrauch, und giebt diesen als das entscheidende Merkmal.

Wo das zutrifft, wo also der Staat durch die Sache verwaltet,
den öffentlichen Zweck unmittelbar durch ihre Beschaffenheit und
Gestalt erfüllt, da wird er auch in seiner Rolle als Beherrscher derselben
für diesen Zweck dem Civilrecht nicht mehr unterworfen sein; dieses
Beherrschen selbst ist dann nicht privatwirtschaftlicher Art mehr, und
die von da aus sich ergebenden Beziehungen zu den Einzelnen regeln
sich nach öffentlichem Rechte. Die öffentliche Sache erscheint.

III. Was wir hier aufstellen, ist nur die Rechtsidee der öffent-
lichen Sache. Kein Gesetz hat je ausgesprochen: die rechtliche Herr-

Das öffentliche Sachenrecht.
plätze, Schulgebäude, Gefängnisse. Was unter Benutzung dieser
Sachen geschieht, ist allerdings wesentlich öffentliche Verwaltung,
herausgehoben aus der Privatwirtschaft und dem öffentlichen Rechte
zugehörig. Aber deshalb wird nicht jede Lebensäußerung, die irgend-
wie damit zusammenhängt, als Stück der öffentlichen Verwaltung
selbst nach öffentlichem Rechte zu beurteilen sein. Namentlich wenn
es sich erst um die Beschaffung und Bereithaltung der Mittel
handelt, welche dieser öffentlichen Verwaltung dienen sollen, wird es
immer darauf ankommen, wohin diese Thätigkeiten, für sich betrachtet,
gehören. Ein Lieferungsvertrag für Gefängnisbedürfnisse und ein
Mietvertrag oder Kaufvertrag für Schulräume sind zweifellos privat-
wirtschaftlicher und civilrechtlicher Natur. Geradeso wird auch die
Herrschaft des Staates über die erworbenen und solchen öffentlichen
Unternehmungen als Mittel dienenden Sachen durch diesen äußer-
lichen Zusammenhang nichts anderes: das Unternehmen selbst gehört
der öffentlichen Verwaltung an, die Bereitung des Mittels dazu ist,
für sich betrachtet, privatwirtschaftlicher Natur, und der Staat in der
Stellung des Eigentümers davon, sofern er erwirbt, veräußert, verliert,
besitzt, belastet wird und seine Rechte wahrt, nach Civilrecht zu
beurteilen: mit anderen Worten das Eigentum bleibt civilrechtlich.

Diese zum Civilrecht hinziehende Natur der Sachbeherrschung
muß also aufgehoben werden, wenn ein öffentlichrechtliches Eigentum
denkbar sein soll. Wie kann das geschehen? Nur so, daß die öffent-
liche Verwaltung, als solche erkennbar, mit der Sachbeherrschung
sich verbindet, die Sachbeherrschung, statt der öffentlichen Verwaltung
als Mittel zu dienen, selbst öffentliche Verwaltung vor-
stellt
. Man drückt das auch so aus: die Sache müsse einem öffent-
lichen Zwecke unmittelbar dienen, durch ihre Beschaffenheit, ihre
bloße Existenz den öffentlichen Zweck erfüllen. Oder man hält sich
an das sicherste und wichtigste Beispiel, in welchem solche öffent-
liche Verwaltung unmittelbar durch die Sache erscheint, an den Ge-
meingebrauch, und giebt diesen als das entscheidende Merkmal.

Wo das zutrifft, wo also der Staat durch die Sache verwaltet,
den öffentlichen Zweck unmittelbar durch ihre Beschaffenheit und
Gestalt erfüllt, da wird er auch in seiner Rolle als Beherrscher derselben
für diesen Zweck dem Civilrecht nicht mehr unterworfen sein; dieses
Beherrschen selbst ist dann nicht privatwirtschaftlicher Art mehr, und
die von da aus sich ergebenden Beziehungen zu den Einzelnen regeln
sich nach öffentlichem Rechte. Die öffentliche Sache erscheint.

III. Was wir hier aufstellen, ist nur die Rechtsidee der öffent-
lichen Sache. Kein Gesetz hat je ausgesprochen: die rechtliche Herr-

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[74/0086] Das öffentliche Sachenrecht. plätze, Schulgebäude, Gefängnisse. Was unter Benutzung dieser Sachen geschieht, ist allerdings wesentlich öffentliche Verwaltung, herausgehoben aus der Privatwirtschaft und dem öffentlichen Rechte zugehörig. Aber deshalb wird nicht jede Lebensäußerung, die irgend- wie damit zusammenhängt, als Stück der öffentlichen Verwaltung selbst nach öffentlichem Rechte zu beurteilen sein. Namentlich wenn es sich erst um die Beschaffung und Bereithaltung der Mittel handelt, welche dieser öffentlichen Verwaltung dienen sollen, wird es immer darauf ankommen, wohin diese Thätigkeiten, für sich betrachtet, gehören. Ein Lieferungsvertrag für Gefängnisbedürfnisse und ein Mietvertrag oder Kaufvertrag für Schulräume sind zweifellos privat- wirtschaftlicher und civilrechtlicher Natur. Geradeso wird auch die Herrschaft des Staates über die erworbenen und solchen öffentlichen Unternehmungen als Mittel dienenden Sachen durch diesen äußer- lichen Zusammenhang nichts anderes: das Unternehmen selbst gehört der öffentlichen Verwaltung an, die Bereitung des Mittels dazu ist, für sich betrachtet, privatwirtschaftlicher Natur, und der Staat in der Stellung des Eigentümers davon, sofern er erwirbt, veräußert, verliert, besitzt, belastet wird und seine Rechte wahrt, nach Civilrecht zu beurteilen: mit anderen Worten das Eigentum bleibt civilrechtlich. Diese zum Civilrecht hinziehende Natur der Sachbeherrschung muß also aufgehoben werden, wenn ein öffentlichrechtliches Eigentum denkbar sein soll. Wie kann das geschehen? Nur so, daß die öffent- liche Verwaltung, als solche erkennbar, mit der Sachbeherrschung sich verbindet, die Sachbeherrschung, statt der öffentlichen Verwaltung als Mittel zu dienen, selbst öffentliche Verwaltung vor- stellt. Man drückt das auch so aus: die Sache müsse einem öffent- lichen Zwecke unmittelbar dienen, durch ihre Beschaffenheit, ihre bloße Existenz den öffentlichen Zweck erfüllen. Oder man hält sich an das sicherste und wichtigste Beispiel, in welchem solche öffent- liche Verwaltung unmittelbar durch die Sache erscheint, an den Ge- meingebrauch, und giebt diesen als das entscheidende Merkmal. Wo das zutrifft, wo also der Staat durch die Sache verwaltet, den öffentlichen Zweck unmittelbar durch ihre Beschaffenheit und Gestalt erfüllt, da wird er auch in seiner Rolle als Beherrscher derselben für diesen Zweck dem Civilrecht nicht mehr unterworfen sein; dieses Beherrschen selbst ist dann nicht privatwirtschaftlicher Art mehr, und die von da aus sich ergebenden Beziehungen zu den Einzelnen regeln sich nach öffentlichem Rechte. Die öffentliche Sache erscheint. III. Was wir hier aufstellen, ist nur die Rechtsidee der öffent- lichen Sache. Kein Gesetz hat je ausgesprochen: die rechtliche Herr-

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/86>, abgerufen am 19.04.2024.