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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
Deshalb spricht man hier von einem besonderen Rechte der Amts-
entziehung,
welches der Regierung zusteht oder nicht zusteht11.

Diese Amtsentziehung erscheint unter Bezeichnungen, welche den
Hinweis enthalten auf die dahinter fortdauernde Dienstpflicht, als
Stellung zur Verfügung, Stellung zur Disposition, Versetzung in einst-
weiligen Ruhestand.

Sie findet sich in unseren geltenden Gesetzgebungen auf dreierlei
verschiedene Weise geordnet.

In gewissem Umfange sehen wir die freie Verfügung des
Dienstherrn über das Amt schlechthin aufrechterhalten. Allgemein ist
dies der Fall bei Offizieren12. Nach bayrischem Recht und dem einer
Reihe kleinerer Staaten gilt es für alle nichtrichterlichen, für alle
Verwaltungsbeamten13. Nach preußischem Recht, das vor allem auch
maßgebend geworden ist für das Reichsbeamtengesetz, ist diese freie
Amtsentziehung nur gegeben gegenüber gewissen Klassen von Ver-
waltungsbeamten, gegenüber den sog. politischen Beamten14.

Daneben giebt es ein beschränktes Amtsentziehungs-
recht,
das nur aus bestimmten Gründen geübt werden kann. So
nach Reichsrecht bei allen Verwaltungsbeamten für den Fall einer
Neubildung der Behörden, welche das bisher bekleidete Amt in Weg-
fall bringt15.

Das Recht der Amtsentziehung kann endlich ganz ausge-
schlossen
sein. Das ist nicht bloß da der Fall, wo das Gesetz
das ausdrücklich bestimmt, sondern überall, wo die Voraussetzungen,
an welche das Gesetz die Ermächtigung zur Entziehung eines solchen
Amtes geknüpft hat, nicht gegeben sind. Auch wo das Gesetz be-
züglich einer Art von Ämtern überhaupt nichts wegen der Amts-

11 Im Gegensatz zur Amtsentziehung ist der Urlaub lediglich die Bewilligung
einer besonderen Ruhepause, ein Verzicht auf die Erfüllung der Amtspflicht für
bestimmte Zeit. Er läßt das Amt in Kraft bestehen, entzieht das Recht aufs Amt
auch nicht vorübergehend. Amtshandlungen, die trotz des Urlaubs vorgenommen
werden, sind gültige Amtshandlungen; sie können nur ordnungswidrig sein, sofern
der Beurlaubte dadurch den Geschäftsgang stört.
12 Laband, St.R. II S. 694 (3. Aufl. II S. 664).
13 Bayr. Staatsdiener-Ed. § 19; Seydel. Bayr. St.R. III S. 385; G. Meyer,
St.R. § 154 Note 2.
14 R.B.G. § 25; Preuß. Ges. v. 21. Juli 1852 § 87.
15 R.B.G. § 24; Preuß. Ges. v. 21. Juli 1852 § 87 (wobei der Wegfall des
betreffenden Amtes nicht gefordert ist: Fr. Seydel, Dienstvergehen S. 271). Nach
einzelnen Landesrechten ist die Maßregel auch zulässig bei andauernder Kränklich-
keit des Beamten: G. Meyer, St.R. § 154 Anm. 3.

Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
Deshalb spricht man hier von einem besonderen Rechte der Amts-
entziehung,
welches der Regierung zusteht oder nicht zusteht11.

Diese Amtsentziehung erscheint unter Bezeichnungen, welche den
Hinweis enthalten auf die dahinter fortdauernde Dienstpflicht, als
Stellung zur Verfügung, Stellung zur Disposition, Versetzung in einst-
weiligen Ruhestand.

Sie findet sich in unseren geltenden Gesetzgebungen auf dreierlei
verschiedene Weise geordnet.

In gewissem Umfange sehen wir die freie Verfügung des
Dienstherrn über das Amt schlechthin aufrechterhalten. Allgemein ist
dies der Fall bei Offizieren12. Nach bayrischem Recht und dem einer
Reihe kleinerer Staaten gilt es für alle nichtrichterlichen, für alle
Verwaltungsbeamten13. Nach preußischem Recht, das vor allem auch
maßgebend geworden ist für das Reichsbeamtengesetz, ist diese freie
Amtsentziehung nur gegeben gegenüber gewissen Klassen von Ver-
waltungsbeamten, gegenüber den sog. politischen Beamten14.

Daneben giebt es ein beschränktes Amtsentziehungs-
recht,
das nur aus bestimmten Gründen geübt werden kann. So
nach Reichsrecht bei allen Verwaltungsbeamten für den Fall einer
Neubildung der Behörden, welche das bisher bekleidete Amt in Weg-
fall bringt15.

Das Recht der Amtsentziehung kann endlich ganz ausge-
schlossen
sein. Das ist nicht bloß da der Fall, wo das Gesetz
das ausdrücklich bestimmt, sondern überall, wo die Voraussetzungen,
an welche das Gesetz die Ermächtigung zur Entziehung eines solchen
Amtes geknüpft hat, nicht gegeben sind. Auch wo das Gesetz be-
züglich einer Art von Ämtern überhaupt nichts wegen der Amts-

11 Im Gegensatz zur Amtsentziehung ist der Urlaub lediglich die Bewilligung
einer besonderen Ruhepause, ein Verzicht auf die Erfüllung der Amtspflicht für
bestimmte Zeit. Er läßt das Amt in Kraft bestehen, entzieht das Recht aufs Amt
auch nicht vorübergehend. Amtshandlungen, die trotz des Urlaubs vorgenommen
werden, sind gültige Amtshandlungen; sie können nur ordnungswidrig sein, sofern
der Beurlaubte dadurch den Geschäftsgang stört.
12 Laband, St.R. II S. 694 (3. Aufl. II S. 664).
13 Bayr. Staatsdiener-Ed. § 19; Seydel. Bayr. St.R. III S. 385; G. Meyer,
St.R. § 154 Note 2.
14 R.B.G. § 25; Preuß. Ges. v. 21. Juli 1852 § 87.
15 R.B.G. § 24; Preuß. Ges. v. 21. Juli 1852 § 87 (wobei der Wegfall des
betreffenden Amtes nicht gefordert ist: Fr. Seydel, Dienstvergehen S. 271). Nach
einzelnen Landesrechten ist die Maßregel auch zulässig bei andauernder Kränklich-
keit des Beamten: G. Meyer, St.R. § 154 Anm. 3.
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[226/0238] Recht der besonderen Schuldverhältnisse. Deshalb spricht man hier von einem besonderen Rechte der Amts- entziehung, welches der Regierung zusteht oder nicht zusteht 11. Diese Amtsentziehung erscheint unter Bezeichnungen, welche den Hinweis enthalten auf die dahinter fortdauernde Dienstpflicht, als Stellung zur Verfügung, Stellung zur Disposition, Versetzung in einst- weiligen Ruhestand. Sie findet sich in unseren geltenden Gesetzgebungen auf dreierlei verschiedene Weise geordnet. In gewissem Umfange sehen wir die freie Verfügung des Dienstherrn über das Amt schlechthin aufrechterhalten. Allgemein ist dies der Fall bei Offizieren 12. Nach bayrischem Recht und dem einer Reihe kleinerer Staaten gilt es für alle nichtrichterlichen, für alle Verwaltungsbeamten 13. Nach preußischem Recht, das vor allem auch maßgebend geworden ist für das Reichsbeamtengesetz, ist diese freie Amtsentziehung nur gegeben gegenüber gewissen Klassen von Ver- waltungsbeamten, gegenüber den sog. politischen Beamten 14. Daneben giebt es ein beschränktes Amtsentziehungs- recht, das nur aus bestimmten Gründen geübt werden kann. So nach Reichsrecht bei allen Verwaltungsbeamten für den Fall einer Neubildung der Behörden, welche das bisher bekleidete Amt in Weg- fall bringt 15. Das Recht der Amtsentziehung kann endlich ganz ausge- schlossen sein. Das ist nicht bloß da der Fall, wo das Gesetz das ausdrücklich bestimmt, sondern überall, wo die Voraussetzungen, an welche das Gesetz die Ermächtigung zur Entziehung eines solchen Amtes geknüpft hat, nicht gegeben sind. Auch wo das Gesetz be- züglich einer Art von Ämtern überhaupt nichts wegen der Amts- 11 Im Gegensatz zur Amtsentziehung ist der Urlaub lediglich die Bewilligung einer besonderen Ruhepause, ein Verzicht auf die Erfüllung der Amtspflicht für bestimmte Zeit. Er läßt das Amt in Kraft bestehen, entzieht das Recht aufs Amt auch nicht vorübergehend. Amtshandlungen, die trotz des Urlaubs vorgenommen werden, sind gültige Amtshandlungen; sie können nur ordnungswidrig sein, sofern der Beurlaubte dadurch den Geschäftsgang stört. 12 Laband, St.R. II S. 694 (3. Aufl. II S. 664). 13 Bayr. Staatsdiener-Ed. § 19; Seydel. Bayr. St.R. III S. 385; G. Meyer, St.R. § 154 Note 2. 14 R.B.G. § 25; Preuß. Ges. v. 21. Juli 1852 § 87. 15 R.B.G. § 24; Preuß. Ges. v. 21. Juli 1852 § 87 (wobei der Wegfall des betreffenden Amtes nicht gefordert ist: Fr. Seydel, Dienstvergehen S. 271). Nach einzelnen Landesrechten ist die Maßregel auch zulässig bei andauernder Kränklich- keit des Beamten: G. Meyer, St.R. § 154 Anm. 3.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/238>, abgerufen am 28.03.2024.