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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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§ 43. Zwangsdienstpflicht und übertragenes Ehrenamt.
beim Soldaten und beim Berufsbeamten. Der Ehrenbeamte hat seinen
Beruf grundsätzlich neben dem Amte und bleibt dafür ausreichend
frei. Das Amt nimmt ihn nur in Anspruch während der Zeit, die er
sich dafür einrichtet (Amtsvorsteher, Bürgermeister), oder die durch
den Gang der öffentlichen Geschäfte bestimmt ist (Handelsrichter,
Bezirksratsmitglied, Bezirksausschußmitglied, Reserveoffizier). Daß er
im aktiven Dienste steht, erweist sich in diesen langen und zahl-
reichen Pausen an der Fortdauer der Dienstgewalt und Disciplin.
Die disciplinarische Forderung einer des Amtes würdigen Führung
bleibt in fortwährender Wirksamkeit stehen; und immer kann die
Pause durch neue Inanspruchnahme kraft Dienstgewalt unterbrochen
werden.

5. Eine wirkliche Endigung der Dienstpflicht erscheint ent-
sprechend der Eigenart des Ehrenamtes nur so, daß Amt und Dienst-
pflicht zugleich erlöschen; Stufen dazwischen giebt es nicht.

Der ordentliche Endigungsgrund auch des Ehrenamtes ist der
Ablauf der bestimmten Zeit. Das Ehrenamt, als besondere
Last, wird wie die Zwangsdienstpflicht grundsätzlich nur auf Zeit
übertragen; daß es nur durch Annahme verpflichtet, möglicherweise
auch ohne allen Zwang zur Annahme, macht keinen Unterschied;
auch die Opferwilligkeit soll nicht übermäßig in Anspruch genommen
werden. Der Eintritt des Endtermins kann von selbst wirken; das
wird namentlich der Fall sein, wo der Amtswechsel an bestimmte
Kalendertage geknüpft ist. Ordentlicherweise erfordert die hier einmal
begründete Dienstgewalt, um zu endigen, einen Entlassungsausspruch.
Der Eintritt des Endtermins giebt nur ein Recht, ihn zu verlangen16.

Außerdem endigt auch das Ehrenamt aus besonderen
Gründen,
welche den Endigungsgründen des berufsmäßigen Staats-
dienstes wesentlich nachgebildet sind: gerichtliche Aberkennung, Ent-
lassung wegen Unfähigkeit u. s. w. (vgl. unten § 44, III n. 2)17.

16 Nach preuß. R. ist der Grundsatz, daß keine Amtspflicht durch Zeitablauf
von selbst endigt, sondern immer erst eine förmliche Entlassung nötig ist (A.L.R.
II, 10 § 94, 97), auch für die ehrenamtlichen Stellungen anwendbar erkannt:
v. Brauchitsch, Preuß. V.ges. I S. 564 Anm. 16.
17 Eine Suspension (vgl. unten § 44 n. 2) ist auch beim Ehrenamt nicht aus-
geschlossen; hier ruhen eben wieder Amt und Dienstpflicht zugleich. -- Loening,
V.R. S. 141, führt als besonderen Endigungsgrund an die "einseitige Willens-
erklärung, sein Amt niederzulegen," und fügt hinzu: "Die Gesetze, welche die
ungerechtfertigte Weigerung, ein Ehrenamt anzunehmen, mit Strafe bedrohen, er-
klären auch die ungerechtfertigte Niederlegung des Amtes für strafbar." Wenn
damit gesagt sein soll, daß das Amt durch die einseitige Willenserklärung jeder-
zeit aufgegeben werden könne, in derselben Weise, wie der Austritt aus dem

§ 43. Zwangsdienstpflicht und übertragenes Ehrenamt.
beim Soldaten und beim Berufsbeamten. Der Ehrenbeamte hat seinen
Beruf grundsätzlich neben dem Amte und bleibt dafür ausreichend
frei. Das Amt nimmt ihn nur in Anspruch während der Zeit, die er
sich dafür einrichtet (Amtsvorsteher, Bürgermeister), oder die durch
den Gang der öffentlichen Geschäfte bestimmt ist (Handelsrichter,
Bezirksratsmitglied, Bezirksausschußmitglied, Reserveoffizier). Daß er
im aktiven Dienste steht, erweist sich in diesen langen und zahl-
reichen Pausen an der Fortdauer der Dienstgewalt und Disciplin.
Die disciplinarische Forderung einer des Amtes würdigen Führung
bleibt in fortwährender Wirksamkeit stehen; und immer kann die
Pause durch neue Inanspruchnahme kraft Dienstgewalt unterbrochen
werden.

5. Eine wirkliche Endigung der Dienstpflicht erscheint ent-
sprechend der Eigenart des Ehrenamtes nur so, daß Amt und Dienst-
pflicht zugleich erlöschen; Stufen dazwischen giebt es nicht.

Der ordentliche Endigungsgrund auch des Ehrenamtes ist der
Ablauf der bestimmten Zeit. Das Ehrenamt, als besondere
Last, wird wie die Zwangsdienstpflicht grundsätzlich nur auf Zeit
übertragen; daß es nur durch Annahme verpflichtet, möglicherweise
auch ohne allen Zwang zur Annahme, macht keinen Unterschied;
auch die Opferwilligkeit soll nicht übermäßig in Anspruch genommen
werden. Der Eintritt des Endtermins kann von selbst wirken; das
wird namentlich der Fall sein, wo der Amtswechsel an bestimmte
Kalendertage geknüpft ist. Ordentlicherweise erfordert die hier einmal
begründete Dienstgewalt, um zu endigen, einen Entlassungsausspruch.
Der Eintritt des Endtermins giebt nur ein Recht, ihn zu verlangen16.

Außerdem endigt auch das Ehrenamt aus besonderen
Gründen,
welche den Endigungsgründen des berufsmäßigen Staats-
dienstes wesentlich nachgebildet sind: gerichtliche Aberkennung, Ent-
lassung wegen Unfähigkeit u. s. w. (vgl. unten § 44, III n. 2)17.

16 Nach preuß. R. ist der Grundsatz, daß keine Amtspflicht durch Zeitablauf
von selbst endigt, sondern immer erst eine förmliche Entlassung nötig ist (A.L.R.
II, 10 § 94, 97), auch für die ehrenamtlichen Stellungen anwendbar erkannt:
v. Brauchitsch, Preuß. V.ges. I S. 564 Anm. 16.
17 Eine Suspension (vgl. unten § 44 n. 2) ist auch beim Ehrenamt nicht aus-
geschlossen; hier ruhen eben wieder Amt und Dienstpflicht zugleich. — Loening,
V.R. S. 141, führt als besonderen Endigungsgrund an die „einseitige Willens-
erklärung, sein Amt niederzulegen,“ und fügt hinzu: „Die Gesetze, welche die
ungerechtfertigte Weigerung, ein Ehrenamt anzunehmen, mit Strafe bedrohen, er-
klären auch die ungerechtfertigte Niederlegung des Amtes für strafbar.“ Wenn
damit gesagt sein soll, daß das Amt durch die einseitige Willenserklärung jeder-
zeit aufgegeben werden könne, in derselben Weise, wie der Austritt aus dem
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[213/0225] § 43. Zwangsdienstpflicht und übertragenes Ehrenamt. beim Soldaten und beim Berufsbeamten. Der Ehrenbeamte hat seinen Beruf grundsätzlich neben dem Amte und bleibt dafür ausreichend frei. Das Amt nimmt ihn nur in Anspruch während der Zeit, die er sich dafür einrichtet (Amtsvorsteher, Bürgermeister), oder die durch den Gang der öffentlichen Geschäfte bestimmt ist (Handelsrichter, Bezirksratsmitglied, Bezirksausschußmitglied, Reserveoffizier). Daß er im aktiven Dienste steht, erweist sich in diesen langen und zahl- reichen Pausen an der Fortdauer der Dienstgewalt und Disciplin. Die disciplinarische Forderung einer des Amtes würdigen Führung bleibt in fortwährender Wirksamkeit stehen; und immer kann die Pause durch neue Inanspruchnahme kraft Dienstgewalt unterbrochen werden. 5. Eine wirkliche Endigung der Dienstpflicht erscheint ent- sprechend der Eigenart des Ehrenamtes nur so, daß Amt und Dienst- pflicht zugleich erlöschen; Stufen dazwischen giebt es nicht. Der ordentliche Endigungsgrund auch des Ehrenamtes ist der Ablauf der bestimmten Zeit. Das Ehrenamt, als besondere Last, wird wie die Zwangsdienstpflicht grundsätzlich nur auf Zeit übertragen; daß es nur durch Annahme verpflichtet, möglicherweise auch ohne allen Zwang zur Annahme, macht keinen Unterschied; auch die Opferwilligkeit soll nicht übermäßig in Anspruch genommen werden. Der Eintritt des Endtermins kann von selbst wirken; das wird namentlich der Fall sein, wo der Amtswechsel an bestimmte Kalendertage geknüpft ist. Ordentlicherweise erfordert die hier einmal begründete Dienstgewalt, um zu endigen, einen Entlassungsausspruch. Der Eintritt des Endtermins giebt nur ein Recht, ihn zu verlangen 16. Außerdem endigt auch das Ehrenamt aus besonderen Gründen, welche den Endigungsgründen des berufsmäßigen Staats- dienstes wesentlich nachgebildet sind: gerichtliche Aberkennung, Ent- lassung wegen Unfähigkeit u. s. w. (vgl. unten § 44, III n. 2) 17. 16 Nach preuß. R. ist der Grundsatz, daß keine Amtspflicht durch Zeitablauf von selbst endigt, sondern immer erst eine förmliche Entlassung nötig ist (A.L.R. II, 10 § 94, 97), auch für die ehrenamtlichen Stellungen anwendbar erkannt: v. Brauchitsch, Preuß. V.ges. I S. 564 Anm. 16. 17 Eine Suspension (vgl. unten § 44 n. 2) ist auch beim Ehrenamt nicht aus- geschlossen; hier ruhen eben wieder Amt und Dienstpflicht zugleich. — Loening, V.R. S. 141, führt als besonderen Endigungsgrund an die „einseitige Willens- erklärung, sein Amt niederzulegen,“ und fügt hinzu: „Die Gesetze, welche die ungerechtfertigte Weigerung, ein Ehrenamt anzunehmen, mit Strafe bedrohen, er- klären auch die ungerechtfertigte Niederlegung des Amtes für strafbar.“ Wenn damit gesagt sein soll, daß das Amt durch die einseitige Willenserklärung jeder- zeit aufgegeben werden könne, in derselben Weise, wie der Austritt aus dem

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/225>, abgerufen am 29.03.2024.