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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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§ 39. Verleihung besonderer Nutzungen.

III. Dem Rechte des Beliehenen entsprechen besondere Ver-
pfichtungen
.

1. Solche Verpflichtungen führt der Besitz eines Stückes der
öffentlichen Sache und von damit verbundenen Vorrichtungen von
selbst mit sich. Die Polizei der öffentlichen Sachen erhält
dadurch Gewalt über ihn, um in Anwendung ihrer allgemeinen Zu-
ständigkeiten mit Befehl und Zwangsmitteln alle Störungen zu be-
kämpfen, welche von da aus dem Bestand und der Benützbarkeit der
Sache bereitet werden könnten. Die Grenze ihrer Macht ist dadurch
bezeichnet, daß sie das Recht selbst und seine Ausübung nicht als
störend beseitigen kann; nur die Störung durch die besondere Art
der Ausübung fällt unter ihre Bestimmungen16. Für solche Maß-
regeln ist denn auch keine Entschädigung geschuldet. Soll der Be-
stand des Rechtes selber angetastet werden, so kann das nur durch
den Widerruf geschehen mit seinen Voraussetzungen und Folgen.

2. Der Verleihungsakt kann dem Beliehenen gewisse Lasten
ausdrücklich auferlegen in Bezug auf Art der herzustellenden Vor-
richtungen und des Betriebes. Die Erfüllung wird im Verwaltungs-
wege erzwungen. Diese Lasten sind zugleich Bedingungen der Ver-
leihung. Die Nichterfüllung löst das Recht nicht von selbst auf, aber
sie giebt der Behörde die Befugnis, es für verwirkt zu erklären
und demgemäß die Zurücknahme der Verleihung auszusprechen. Die

lange die Wiederherstellung nicht erfolgt ist, sein Recht nicht ausüben; er hat
aber auch keinen Anspruch auf Wiederherstellung der Kirche und somit Wieder-
leistung des angeblich obligatorisch geschuldeten. Wird die Kirche gerade so
wieder hergestellt wie sie war, so findet er einfach seinen Kirchstuhl wieder; es
steht alles im alten Recht. So wird es aber wohl nie zugehen. Mit dem Neu-
bau verbindet sich auch eine Neuordnung der Kirchstühle. Dabei kann den Alt-
berechtigten ein Ersatz geboten werden: da geht dann das alte Recht unter durch
diese Änderung unter gleichzeitiger Begründung eines neuen; Entschädigung ist
nicht geschuldet, weil kein Schade da ist; die Änderung selbst muß sich im
öffentlichen Interesse der Berechtigte gefallen lassen. Wird kein Ersatz geboten,
so geht das Recht einfach unter, geht jetzt unter durch die neue Kirchstuhl-
ordnung, und die Entschädigungspflicht entsteht wegen Widerrufs (oben
Note 12).
16 Solche polizeiliche Beschränkungen der Freiheit und des Eigentums des
Beliehenen können insbesondere auch noch wirksam werden nach Endigung seines
Rechtes. Der bisherige Stauberechtigte z. B. darf natürlich seine Stauvorrichtungen
nicht einfach wegnehmen, ohne Rücksicht auf die Schädlichkeiten, die sich daraus
ergeben würden. Auf diese polizeilichen Hindernisse ist alles zurückzuführen,
was man als eine Art Accessionsrecht zu Gunsten der öffentlichen Sache be-
zeichnen möchte. Schwab in Arch. f. civ. Pr. 30 Beil. S. 109 ff.; Meurer,
Heilige Sachen II S. 36 ff.
Binding, Handbuch. VI. 2: Otto Mayer, Verwaltungsr. II. 11
§ 39. Verleihung besonderer Nutzungen.

III. Dem Rechte des Beliehenen entsprechen besondere Ver-
pfichtungen
.

1. Solche Verpflichtungen führt der Besitz eines Stückes der
öffentlichen Sache und von damit verbundenen Vorrichtungen von
selbst mit sich. Die Polizei der öffentlichen Sachen erhält
dadurch Gewalt über ihn, um in Anwendung ihrer allgemeinen Zu-
ständigkeiten mit Befehl und Zwangsmitteln alle Störungen zu be-
kämpfen, welche von da aus dem Bestand und der Benützbarkeit der
Sache bereitet werden könnten. Die Grenze ihrer Macht ist dadurch
bezeichnet, daß sie das Recht selbst und seine Ausübung nicht als
störend beseitigen kann; nur die Störung durch die besondere Art
der Ausübung fällt unter ihre Bestimmungen16. Für solche Maß-
regeln ist denn auch keine Entschädigung geschuldet. Soll der Be-
stand des Rechtes selber angetastet werden, so kann das nur durch
den Widerruf geschehen mit seinen Voraussetzungen und Folgen.

2. Der Verleihungsakt kann dem Beliehenen gewisse Lasten
ausdrücklich auferlegen in Bezug auf Art der herzustellenden Vor-
richtungen und des Betriebes. Die Erfüllung wird im Verwaltungs-
wege erzwungen. Diese Lasten sind zugleich Bedingungen der Ver-
leihung. Die Nichterfüllung löst das Recht nicht von selbst auf, aber
sie giebt der Behörde die Befugnis, es für verwirkt zu erklären
und demgemäß die Zurücknahme der Verleihung auszusprechen. Die

lange die Wiederherstellung nicht erfolgt ist, sein Recht nicht ausüben; er hat
aber auch keinen Anspruch auf Wiederherstellung der Kirche und somit Wieder-
leistung des angeblich obligatorisch geschuldeten. Wird die Kirche gerade so
wieder hergestellt wie sie war, so findet er einfach seinen Kirchstuhl wieder; es
steht alles im alten Recht. So wird es aber wohl nie zugehen. Mit dem Neu-
bau verbindet sich auch eine Neuordnung der Kirchstühle. Dabei kann den Alt-
berechtigten ein Ersatz geboten werden: da geht dann das alte Recht unter durch
diese Änderung unter gleichzeitiger Begründung eines neuen; Entschädigung ist
nicht geschuldet, weil kein Schade da ist; die Änderung selbst muß sich im
öffentlichen Interesse der Berechtigte gefallen lassen. Wird kein Ersatz geboten,
so geht das Recht einfach unter, geht jetzt unter durch die neue Kirchstuhl-
ordnung, und die Entschädigungspflicht entsteht wegen Widerrufs (oben
Note 12).
16 Solche polizeiliche Beschränkungen der Freiheit und des Eigentums des
Beliehenen können insbesondere auch noch wirksam werden nach Endigung seines
Rechtes. Der bisherige Stauberechtigte z. B. darf natürlich seine Stauvorrichtungen
nicht einfach wegnehmen, ohne Rücksicht auf die Schädlichkeiten, die sich daraus
ergeben würden. Auf diese polizeilichen Hindernisse ist alles zurückzuführen,
was man als eine Art Accessionsrecht zu Gunsten der öffentlichen Sache be-
zeichnen möchte. Schwab in Arch. f. civ. Pr. 30 Beil. S. 109 ff.; Meurer,
Heilige Sachen II S. 36 ff.
Binding, Handbuch. VI. 2: Otto Mayer, Verwaltungsr. II. 11
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[161/0173] § 39. Verleihung besonderer Nutzungen. III. Dem Rechte des Beliehenen entsprechen besondere Ver- pfichtungen. 1. Solche Verpflichtungen führt der Besitz eines Stückes der öffentlichen Sache und von damit verbundenen Vorrichtungen von selbst mit sich. Die Polizei der öffentlichen Sachen erhält dadurch Gewalt über ihn, um in Anwendung ihrer allgemeinen Zu- ständigkeiten mit Befehl und Zwangsmitteln alle Störungen zu be- kämpfen, welche von da aus dem Bestand und der Benützbarkeit der Sache bereitet werden könnten. Die Grenze ihrer Macht ist dadurch bezeichnet, daß sie das Recht selbst und seine Ausübung nicht als störend beseitigen kann; nur die Störung durch die besondere Art der Ausübung fällt unter ihre Bestimmungen 16. Für solche Maß- regeln ist denn auch keine Entschädigung geschuldet. Soll der Be- stand des Rechtes selber angetastet werden, so kann das nur durch den Widerruf geschehen mit seinen Voraussetzungen und Folgen. 2. Der Verleihungsakt kann dem Beliehenen gewisse Lasten ausdrücklich auferlegen in Bezug auf Art der herzustellenden Vor- richtungen und des Betriebes. Die Erfüllung wird im Verwaltungs- wege erzwungen. Diese Lasten sind zugleich Bedingungen der Ver- leihung. Die Nichterfüllung löst das Recht nicht von selbst auf, aber sie giebt der Behörde die Befugnis, es für verwirkt zu erklären und demgemäß die Zurücknahme der Verleihung auszusprechen. Die 15 16 Solche polizeiliche Beschränkungen der Freiheit und des Eigentums des Beliehenen können insbesondere auch noch wirksam werden nach Endigung seines Rechtes. Der bisherige Stauberechtigte z. B. darf natürlich seine Stauvorrichtungen nicht einfach wegnehmen, ohne Rücksicht auf die Schädlichkeiten, die sich daraus ergeben würden. Auf diese polizeilichen Hindernisse ist alles zurückzuführen, was man als eine Art Accessionsrecht zu Gunsten der öffentlichen Sache be- zeichnen möchte. Schwab in Arch. f. civ. Pr. 30 Beil. S. 109 ff.; Meurer, Heilige Sachen II S. 36 ff. 15 lange die Wiederherstellung nicht erfolgt ist, sein Recht nicht ausüben; er hat aber auch keinen Anspruch auf Wiederherstellung der Kirche und somit Wieder- leistung des angeblich obligatorisch geschuldeten. Wird die Kirche gerade so wieder hergestellt wie sie war, so findet er einfach seinen Kirchstuhl wieder; es steht alles im alten Recht. So wird es aber wohl nie zugehen. Mit dem Neu- bau verbindet sich auch eine Neuordnung der Kirchstühle. Dabei kann den Alt- berechtigten ein Ersatz geboten werden: da geht dann das alte Recht unter durch diese Änderung unter gleichzeitiger Begründung eines neuen; Entschädigung ist nicht geschuldet, weil kein Schade da ist; die Änderung selbst muß sich im öffentlichen Interesse der Berechtigte gefallen lassen. Wird kein Ersatz geboten, so geht das Recht einfach unter, geht jetzt unter durch die neue Kirchstuhl- ordnung, und die Entschädigungspflicht entsteht wegen Widerrufs (oben Note 12). Binding, Handbuch. VI. 2: Otto Mayer, Verwaltungsr. II. 11

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/173>, abgerufen am 28.03.2024.