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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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§ 39. Verleihung besonderer Nutzungen.
sein (Bd. I § 16, III). Das Gleiche wird gelten, wenn ein Dritter,
der nicht selbst ein verliehenes Nutzungsrecht behauptet, auf Unter-
lassung von Störungen und Schadensersatz verklagt wird; diese Klage
gründet sich auf die Rechtswidrigkeit der Störung; der Bestand des
Rechts ist wieder nur Vorfrage; es kann auch der bloße Besitz dafür
genügen. Jedenfalls ist die Natur der bürgerlichen Rechtsstreitigkeit
dadurch nicht aufgehoben.

Durch die besondere Ordnung des Rechtsschutzes können auch
Sachen der ersten Art den Civilgerichten zur Entscheidung überwiesen
sein. Von selbst sind sie auch durch den umfassenderen Begriff der
bürgerlichen Rechtsstreitigkeit, wie er bei uns gilt (Bd. I § 16, II),
nicht erfaßt. Denn auch das ältere Recht, das für diesen maßgebend
ist, hatte in ihnen "polizeiliche" Sachen, nicht privatrechtliche, gesehen.

5. Die Eigenart des durch die Verleihung begründeten Rechts
zeigt sich vor allem auch an der Art, wie es zum Erlöschen ge-
bracht wird.

Endigungsgründe können auf dem besonderen Inhalt des Ver-
leihungsaktes beruhen; auf einer Befristung oder auf besonderen
Lasten, die er dem Beliehenen auferlegt und deren Nichtbeachtung
zur Verwirkung führt (unten III); auch die Rechtsungültig-
keit
oder Erschleichung der Verleihung ist hierher zu rechnen,
indem sie die Zurücknahme ermöglicht und veranlaßt durch die ver-
leihende Behörde selbst oder durch eine zur Nachprüfung berufene. Es
kommen hier die oben Bd. I S. 305, 306 entwickelten Grundsätze ent-
sprechend zur Anwendung. Das begründete Recht ist kein Hindernis.

Von allgemeiner Bedeutung sind die Endigungen, die ohne be-
sonders vorbehalten zu sein und mit freiem Entschlusse durch eine
Willensäußerung von der einen oder andern Seite herbeigeführt
werden können.

Von seiten des Berechtigten wird das Recht in dieser Weise zum
Untergang gebracht durch die Erklärung des Verzichtes. Der
Verzicht zerstört das Recht unmittelbar. Es bedarf keiner Zurück-
nahme der Verleihung durch die Behörde auf Grund des Verzichtes;
dadurch unterscheidet sich dieser Fall von dem Verzicht auf die
Polizeierlaubnis (oben Bd. I § 21 Note 23). In dieser Wirksamkeit
des Verzichts erweist sich die Rechtsnatur der Verleihung. Die Ver-
zichtbarkeit ist ein Ausfluß der Verfügungsmacht des Berechtigten
über sein Recht.

Durch eine Maßregel der Verwaltungsbehörde kann
das verliehene Recht aufgehoben oder beschränkt werden in Folge
anderweiter Bestimmung, die der öffentlichen Sache gegeben wird.

§ 39. Verleihung besonderer Nutzungen.
sein (Bd. I § 16, III). Das Gleiche wird gelten, wenn ein Dritter,
der nicht selbst ein verliehenes Nutzungsrecht behauptet, auf Unter-
lassung von Störungen und Schadensersatz verklagt wird; diese Klage
gründet sich auf die Rechtswidrigkeit der Störung; der Bestand des
Rechts ist wieder nur Vorfrage; es kann auch der bloße Besitz dafür
genügen. Jedenfalls ist die Natur der bürgerlichen Rechtsstreitigkeit
dadurch nicht aufgehoben.

Durch die besondere Ordnung des Rechtsschutzes können auch
Sachen der ersten Art den Civilgerichten zur Entscheidung überwiesen
sein. Von selbst sind sie auch durch den umfassenderen Begriff der
bürgerlichen Rechtsstreitigkeit, wie er bei uns gilt (Bd. I § 16, II),
nicht erfaßt. Denn auch das ältere Recht, das für diesen maßgebend
ist, hatte in ihnen „polizeiliche“ Sachen, nicht privatrechtliche, gesehen.

5. Die Eigenart des durch die Verleihung begründeten Rechts
zeigt sich vor allem auch an der Art, wie es zum Erlöschen ge-
bracht wird.

Endigungsgründe können auf dem besonderen Inhalt des Ver-
leihungsaktes beruhen; auf einer Befristung oder auf besonderen
Lasten, die er dem Beliehenen auferlegt und deren Nichtbeachtung
zur Verwirkung führt (unten III); auch die Rechtsungültig-
keit
oder Erschleichung der Verleihung ist hierher zu rechnen,
indem sie die Zurücknahme ermöglicht und veranlaßt durch die ver-
leihende Behörde selbst oder durch eine zur Nachprüfung berufene. Es
kommen hier die oben Bd. I S. 305, 306 entwickelten Grundsätze ent-
sprechend zur Anwendung. Das begründete Recht ist kein Hindernis.

Von allgemeiner Bedeutung sind die Endigungen, die ohne be-
sonders vorbehalten zu sein und mit freiem Entschlusse durch eine
Willensäußerung von der einen oder andern Seite herbeigeführt
werden können.

Von seiten des Berechtigten wird das Recht in dieser Weise zum
Untergang gebracht durch die Erklärung des Verzichtes. Der
Verzicht zerstört das Recht unmittelbar. Es bedarf keiner Zurück-
nahme der Verleihung durch die Behörde auf Grund des Verzichtes;
dadurch unterscheidet sich dieser Fall von dem Verzicht auf die
Polizeierlaubnis (oben Bd. I § 21 Note 23). In dieser Wirksamkeit
des Verzichts erweist sich die Rechtsnatur der Verleihung. Die Ver-
zichtbarkeit ist ein Ausfluß der Verfügungsmacht des Berechtigten
über sein Recht.

Durch eine Maßregel der Verwaltungsbehörde kann
das verliehene Recht aufgehoben oder beschränkt werden in Folge
anderweiter Bestimmung, die der öffentlichen Sache gegeben wird.

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[157/0169] § 39. Verleihung besonderer Nutzungen. sein (Bd. I § 16, III). Das Gleiche wird gelten, wenn ein Dritter, der nicht selbst ein verliehenes Nutzungsrecht behauptet, auf Unter- lassung von Störungen und Schadensersatz verklagt wird; diese Klage gründet sich auf die Rechtswidrigkeit der Störung; der Bestand des Rechts ist wieder nur Vorfrage; es kann auch der bloße Besitz dafür genügen. Jedenfalls ist die Natur der bürgerlichen Rechtsstreitigkeit dadurch nicht aufgehoben. Durch die besondere Ordnung des Rechtsschutzes können auch Sachen der ersten Art den Civilgerichten zur Entscheidung überwiesen sein. Von selbst sind sie auch durch den umfassenderen Begriff der bürgerlichen Rechtsstreitigkeit, wie er bei uns gilt (Bd. I § 16, II), nicht erfaßt. Denn auch das ältere Recht, das für diesen maßgebend ist, hatte in ihnen „polizeiliche“ Sachen, nicht privatrechtliche, gesehen. 5. Die Eigenart des durch die Verleihung begründeten Rechts zeigt sich vor allem auch an der Art, wie es zum Erlöschen ge- bracht wird. Endigungsgründe können auf dem besonderen Inhalt des Ver- leihungsaktes beruhen; auf einer Befristung oder auf besonderen Lasten, die er dem Beliehenen auferlegt und deren Nichtbeachtung zur Verwirkung führt (unten III); auch die Rechtsungültig- keit oder Erschleichung der Verleihung ist hierher zu rechnen, indem sie die Zurücknahme ermöglicht und veranlaßt durch die ver- leihende Behörde selbst oder durch eine zur Nachprüfung berufene. Es kommen hier die oben Bd. I S. 305, 306 entwickelten Grundsätze ent- sprechend zur Anwendung. Das begründete Recht ist kein Hindernis. Von allgemeiner Bedeutung sind die Endigungen, die ohne be- sonders vorbehalten zu sein und mit freiem Entschlusse durch eine Willensäußerung von der einen oder andern Seite herbeigeführt werden können. Von seiten des Berechtigten wird das Recht in dieser Weise zum Untergang gebracht durch die Erklärung des Verzichtes. Der Verzicht zerstört das Recht unmittelbar. Es bedarf keiner Zurück- nahme der Verleihung durch die Behörde auf Grund des Verzichtes; dadurch unterscheidet sich dieser Fall von dem Verzicht auf die Polizeierlaubnis (oben Bd. I § 21 Note 23). In dieser Wirksamkeit des Verzichts erweist sich die Rechtsnatur der Verleihung. Die Ver- zichtbarkeit ist ein Ausfluß der Verfügungsmacht des Berechtigten über sein Recht. Durch eine Maßregel der Verwaltungsbehörde kann das verliehene Recht aufgehoben oder beschränkt werden in Folge anderweiter Bestimmung, die der öffentlichen Sache gegeben wird.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/169>, abgerufen am 25.04.2024.