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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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§ 39. Verleihung besonderer Nutzungen.
§ 39.
Fortsetzung; die Verleihung besonderer Nutzungen.

Die Verleihung, Konzession, ist ein allgemeines Rechtsinstitut
des öffentlichen Rechts, welches nach verschiedenen Richtungen zur An-
wendung kommt.

Der gemeinsame Grundbegriff für alle Anwendungsfälle ist der
eines Verwaltungsaktes von gewissem Inhalt. Dieser Inhalt
muß darin bestehen, daß dem Unterthanen dadurch recht-
liche Macht gegeben werden soll über die öffentliche
Verwaltung
. Und zwar soll das in der Weise geschehen, daß er
etwas, was zur öffentlichen Verwaltung gehört, ein Stück von ihr
bildet, ihm ausgeliefert und in eignen Besitz erhält1.

Die Verleihung ist ein Verwaltungsakt, durch welchen einem
Unterthanen rechtliche Macht gegeben wird über ein ausgeantwortetes
Stück öffentlicher Verwaltung.

In diesem Sinne sprechen wir von der Verleihung eines
öffentlichen Unternehmens:
Eisenbahnkonzession, Chaussee-

gewährung und demgemäß auch die Entgeltbestimmung in dieser Form statt; da
ist eben die Ausscheidung zu machen. Jedenfalls ist der civilrechtliche Vertrag
hier, wo es sich um die Gewährung des Gebrauchs an öffentlichen Sachen handelt,
von vornherein ausgeschlossen. Über diese kann ja begriffsmäßig durch civil-
rechtliches Rechtsgeschäft überhaupt nicht verfügt werden (oben § 36, II n. 2).
-- In der Verlegenheit, da man die öffentlichrechtliche Gebührenpflicht nicht zu
begründen weiß, greift man vielfach noch zu der Annahme von Mietverträgen,
was den Vorteil hat, die Gebühr in der wohlbekannten Gestalt des Mietpreises zu
erhalten. So namentlich bei den Marktgebühren: O.Tr. 11. Juni 1857 (Str. 25,
S. 161), 6. Nov. 1877 (Str. 98, S. 98); 30. April 1878 (Str. 99, S. 328). Da ist
dann die Platzanweisung durch den Marktaufseher ein Mietvertrag an dem Stück
öffentlicher Straße! Wenn nun überhaupt keine Gebühr von den Marktgästen
gefordert wird, hat der ganze Mietvertrag seinen Zweck verloren. Will man auch
für diesen Fall die civilrechtliche Erklärung beibehalten, so muß man die Ge-
währung selbst in die Form irgend eines anderen Rechtsverhältnisses als das der
Miete hineinzwingen: der Marktgast wird Prekarist oder Kommodatar oder "einem
Kommodatar ähnlich" (Ubbelohde, Forts. zu Glück, S. 163). In Wirklichkeit
ist aber die Platzanweisung, die Gebrauchserlaubnis in einem wie im andern Falle
ganz die nämliche ihrer rechtlichen Natur nach und hat ganz die nämlichen recht-
lichen Wirkungen. Sie bleibt unverändert der gleiche öffentlichrechtliche Akt, die
Gebühr mag sich daran hängen oder nicht.
1 Die Verleihung ist also immer, um mit G. Meyer zu sprechen, ein "rechts-
begründender Verwaltungsakt". Und zwar ist das Recht, das sie begründet, ein
subjektives öffentliches Recht von der Bd. I, § 9, II n. 2, festgestellten Art.
10*
§ 39. Verleihung besonderer Nutzungen.
§ 39.
Fortsetzung; die Verleihung besonderer Nutzungen.

Die Verleihung, Konzession, ist ein allgemeines Rechtsinstitut
des öffentlichen Rechts, welches nach verschiedenen Richtungen zur An-
wendung kommt.

Der gemeinsame Grundbegriff für alle Anwendungsfälle ist der
eines Verwaltungsaktes von gewissem Inhalt. Dieser Inhalt
muß darin bestehen, daß dem Unterthanen dadurch recht-
liche Macht gegeben werden soll über die öffentliche
Verwaltung
. Und zwar soll das in der Weise geschehen, daß er
etwas, was zur öffentlichen Verwaltung gehört, ein Stück von ihr
bildet, ihm ausgeliefert und in eignen Besitz erhält1.

Die Verleihung ist ein Verwaltungsakt, durch welchen einem
Unterthanen rechtliche Macht gegeben wird über ein ausgeantwortetes
Stück öffentlicher Verwaltung.

In diesem Sinne sprechen wir von der Verleihung eines
öffentlichen Unternehmens:
Eisenbahnkonzession, Chaussee-

gewährung und demgemäß auch die Entgeltbestimmung in dieser Form statt; da
ist eben die Ausscheidung zu machen. Jedenfalls ist der civilrechtliche Vertrag
hier, wo es sich um die Gewährung des Gebrauchs an öffentlichen Sachen handelt,
von vornherein ausgeschlossen. Über diese kann ja begriffsmäßig durch civil-
rechtliches Rechtsgeschäft überhaupt nicht verfügt werden (oben § 36, II n. 2).
— In der Verlegenheit, da man die öffentlichrechtliche Gebührenpflicht nicht zu
begründen weiß, greift man vielfach noch zu der Annahme von Mietverträgen,
was den Vorteil hat, die Gebühr in der wohlbekannten Gestalt des Mietpreises zu
erhalten. So namentlich bei den Marktgebühren: O.Tr. 11. Juni 1857 (Str. 25,
S. 161), 6. Nov. 1877 (Str. 98, S. 98); 30. April 1878 (Str. 99, S. 328). Da ist
dann die Platzanweisung durch den Marktaufseher ein Mietvertrag an dem Stück
öffentlicher Straße! Wenn nun überhaupt keine Gebühr von den Marktgästen
gefordert wird, hat der ganze Mietvertrag seinen Zweck verloren. Will man auch
für diesen Fall die civilrechtliche Erklärung beibehalten, so muß man die Ge-
währung selbst in die Form irgend eines anderen Rechtsverhältnisses als das der
Miete hineinzwingen: der Marktgast wird Prekarist oder Kommodatar oder „einem
Kommodatar ähnlich“ (Ubbelohde, Forts. zu Glück, S. 163). In Wirklichkeit
ist aber die Platzanweisung, die Gebrauchserlaubnis in einem wie im andern Falle
ganz die nämliche ihrer rechtlichen Natur nach und hat ganz die nämlichen recht-
lichen Wirkungen. Sie bleibt unverändert der gleiche öffentlichrechtliche Akt, die
Gebühr mag sich daran hängen oder nicht.
1 Die Verleihung ist also immer, um mit G. Meyer zu sprechen, ein „rechts-
begründender Verwaltungsakt“. Und zwar ist das Recht, das sie begründet, ein
subjektives öffentliches Recht von der Bd. I, § 9, II n. 2, festgestellten Art.
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[147/0159] § 39. Verleihung besonderer Nutzungen. § 39. Fortsetzung; die Verleihung besonderer Nutzungen. Die Verleihung, Konzession, ist ein allgemeines Rechtsinstitut des öffentlichen Rechts, welches nach verschiedenen Richtungen zur An- wendung kommt. Der gemeinsame Grundbegriff für alle Anwendungsfälle ist der eines Verwaltungsaktes von gewissem Inhalt. Dieser Inhalt muß darin bestehen, daß dem Unterthanen dadurch recht- liche Macht gegeben werden soll über die öffentliche Verwaltung. Und zwar soll das in der Weise geschehen, daß er etwas, was zur öffentlichen Verwaltung gehört, ein Stück von ihr bildet, ihm ausgeliefert und in eignen Besitz erhält 1. Die Verleihung ist ein Verwaltungsakt, durch welchen einem Unterthanen rechtliche Macht gegeben wird über ein ausgeantwortetes Stück öffentlicher Verwaltung. In diesem Sinne sprechen wir von der Verleihung eines öffentlichen Unternehmens: Eisenbahnkonzession, Chaussee- 7 1 Die Verleihung ist also immer, um mit G. Meyer zu sprechen, ein „rechts- begründender Verwaltungsakt“. Und zwar ist das Recht, das sie begründet, ein subjektives öffentliches Recht von der Bd. I, § 9, II n. 2, festgestellten Art. 7 gewährung und demgemäß auch die Entgeltbestimmung in dieser Form statt; da ist eben die Ausscheidung zu machen. Jedenfalls ist der civilrechtliche Vertrag hier, wo es sich um die Gewährung des Gebrauchs an öffentlichen Sachen handelt, von vornherein ausgeschlossen. Über diese kann ja begriffsmäßig durch civil- rechtliches Rechtsgeschäft überhaupt nicht verfügt werden (oben § 36, II n. 2). — In der Verlegenheit, da man die öffentlichrechtliche Gebührenpflicht nicht zu begründen weiß, greift man vielfach noch zu der Annahme von Mietverträgen, was den Vorteil hat, die Gebühr in der wohlbekannten Gestalt des Mietpreises zu erhalten. So namentlich bei den Marktgebühren: O.Tr. 11. Juni 1857 (Str. 25, S. 161), 6. Nov. 1877 (Str. 98, S. 98); 30. April 1878 (Str. 99, S. 328). Da ist dann die Platzanweisung durch den Marktaufseher ein Mietvertrag an dem Stück öffentlicher Straße! Wenn nun überhaupt keine Gebühr von den Marktgästen gefordert wird, hat der ganze Mietvertrag seinen Zweck verloren. Will man auch für diesen Fall die civilrechtliche Erklärung beibehalten, so muß man die Ge- währung selbst in die Form irgend eines anderen Rechtsverhältnisses als das der Miete hineinzwingen: der Marktgast wird Prekarist oder Kommodatar oder „einem Kommodatar ähnlich“ (Ubbelohde, Forts. zu Glück, S. 163). In Wirklichkeit ist aber die Platzanweisung, die Gebrauchserlaubnis in einem wie im andern Falle ganz die nämliche ihrer rechtlichen Natur nach und hat ganz die nämlichen recht- lichen Wirkungen. Sie bleibt unverändert der gleiche öffentlichrechtliche Akt, die Gebühr mag sich daran hängen oder nicht. 10*

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/159>, abgerufen am 29.03.2024.