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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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§ 38. Die Gebrauchserlaubnis.
rechtlicher, oder wie man älterer Ausdrucksweise entsprechend sagt,
polizeilicher Natur, gleich der von Droschkenstandplätzen, Markt-
sitzen u. s. w.

II. Wenn wir demnach die Gebrauchserlaubnis grundsätzlich in
die Lehre von der Gewährung der Anstaltsnutzungen verweisen, so
bedingt doch die Anwendung des allgemeinen Rechtsinstituts auf die
öffentlichen Sachen gewisse Besonderheiten. Um den Gegensatz der
anderen beiden Arten von Nutzungsrechten deutlich hervortreten zu
lassen, stellen wir hier die wesentlichen Regeln der Gebrauchserlaubnis
zusammen.

1. Die Erteilung der Gebrauchserlaubnis ist, wie die Gewährung
der Anstaltsnutzung, keine außerordentliche Maßregel, keine Ent-
äußerung, sondern gehört zur laufenden Verwaltung. Sie ver-
bindet sich von selbst mit derjenigen Thätigkeit, welche darauf ge-
richtet ist, die gute Ordnung der öffentlichen Sache aufrecht zu er-
halten, mit der Polizei der öffentlichen Sache.

Das wird wichtig in den Fällen, wo das Eigentum an der Sache
und die Polizei darüber von getrennten Behörden vertreten wird. Die
Erteilung der Gebrauchserlaubnis gehört zur Zuständigkeit der Polizei-
behörde und der von ihr abhängigen Bediensteten1.

Zur Erteilung der Gebrauchserlaubnis genügt jede zuständige
Willensäußerung, aus welcher die Einwilligung in diese bestimmte
Art von Gebrauch durch diese Einzelnen sich ergiebt.

Es ist nicht nötig, daß diese Äußerung von einer mit obrigkeit-

1 Eine derartige Ordnung findet sich namentlich bei städtischen Straßen; die
Straße ist Eigentum der Gemeinde, die Polizeiverwaltung steht einer staatlichen
Behörde zu. Auch wo beides namens der Gemeinde geübt wird, kann die Zu-
ständigkeit zwischen verschiedenen gemeindlichen Behörden nach diesem Maß-
stabe verteilt sein. -- Einen Fall behandelt Württemb. V.G.H. 9. Mai 1887
(Reger VIII, S. 96): Die Privatpost will Briefkasten anbringen. Das Ministerium
sagt, der Erwerb eines Rechtes zur Anbringung setze voraus "die privatrechtliche
Zustimmung" des Eigentümers der Straße, d. h. der Gemeinde, und die polizei-
liche Erlaubnis "zu der außerhalb der Grenze der allgemeinen Benutzung ge-
legenen Sonderbenutzung des Luftraumes der Straße". Im vorliegenden Falle war
die letztere allein gegeben worden; es war deshalb ein "Privatrecht" nicht be-
gründet und die Polizeibehörde befugt, die Erlaubnis einfach zurückzunehmen.
Jenes Privatrecht hätte eine Verleihung bedeutet (unten § 39, Note 1), die that-
sächliche Einräumung der außerhalb der Grenze des Gemeingebrauchs gelegenen
Sonderbenutzung, welche die Polizeibehörde allein hatte gewähren können, be-
deutete das hier besprochene Rechtsinstitut. Der Unterschied wurde in diesem
Falle wichtig, sofern allerdings die Gebrauchserlaubnis frei widerruflich ist, die
Verleihung nicht.

§ 38. Die Gebrauchserlaubnis.
rechtlicher, oder wie man älterer Ausdrucksweise entsprechend sagt,
polizeilicher Natur, gleich der von Droschkenstandplätzen, Markt-
sitzen u. s. w.

II. Wenn wir demnach die Gebrauchserlaubnis grundsätzlich in
die Lehre von der Gewährung der Anstaltsnutzungen verweisen, so
bedingt doch die Anwendung des allgemeinen Rechtsinstituts auf die
öffentlichen Sachen gewisse Besonderheiten. Um den Gegensatz der
anderen beiden Arten von Nutzungsrechten deutlich hervortreten zu
lassen, stellen wir hier die wesentlichen Regeln der Gebrauchserlaubnis
zusammen.

1. Die Erteilung der Gebrauchserlaubnis ist, wie die Gewährung
der Anstaltsnutzung, keine außerordentliche Maßregel, keine Ent-
äußerung, sondern gehört zur laufenden Verwaltung. Sie ver-
bindet sich von selbst mit derjenigen Thätigkeit, welche darauf ge-
richtet ist, die gute Ordnung der öffentlichen Sache aufrecht zu er-
halten, mit der Polizei der öffentlichen Sache.

Das wird wichtig in den Fällen, wo das Eigentum an der Sache
und die Polizei darüber von getrennten Behörden vertreten wird. Die
Erteilung der Gebrauchserlaubnis gehört zur Zuständigkeit der Polizei-
behörde und der von ihr abhängigen Bediensteten1.

Zur Erteilung der Gebrauchserlaubnis genügt jede zuständige
Willensäußerung, aus welcher die Einwilligung in diese bestimmte
Art von Gebrauch durch diese Einzelnen sich ergiebt.

Es ist nicht nötig, daß diese Äußerung von einer mit obrigkeit-

1 Eine derartige Ordnung findet sich namentlich bei städtischen Straßen; die
Straße ist Eigentum der Gemeinde, die Polizeiverwaltung steht einer staatlichen
Behörde zu. Auch wo beides namens der Gemeinde geübt wird, kann die Zu-
ständigkeit zwischen verschiedenen gemeindlichen Behörden nach diesem Maß-
stabe verteilt sein. — Einen Fall behandelt Württemb. V.G.H. 9. Mai 1887
(Reger VIII, S. 96): Die Privatpost will Briefkasten anbringen. Das Ministerium
sagt, der Erwerb eines Rechtes zur Anbringung setze voraus „die privatrechtliche
Zustimmung“ des Eigentümers der Straße, d. h. der Gemeinde, und die polizei-
liche Erlaubnis „zu der außerhalb der Grenze der allgemeinen Benutzung ge-
legenen Sonderbenutzung des Luftraumes der Straße“. Im vorliegenden Falle war
die letztere allein gegeben worden; es war deshalb ein „Privatrecht“ nicht be-
gründet und die Polizeibehörde befugt, die Erlaubnis einfach zurückzunehmen.
Jenes Privatrecht hätte eine Verleihung bedeutet (unten § 39, Note 1), die that-
sächliche Einräumung der außerhalb der Grenze des Gemeingebrauchs gelegenen
Sonderbenutzung, welche die Polizeibehörde allein hatte gewähren können, be-
deutete das hier besprochene Rechtsinstitut. Der Unterschied wurde in diesem
Falle wichtig, sofern allerdings die Gebrauchserlaubnis frei widerruflich ist, die
Verleihung nicht.
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[141/0153] § 38. Die Gebrauchserlaubnis. rechtlicher, oder wie man älterer Ausdrucksweise entsprechend sagt, polizeilicher Natur, gleich der von Droschkenstandplätzen, Markt- sitzen u. s. w. II. Wenn wir demnach die Gebrauchserlaubnis grundsätzlich in die Lehre von der Gewährung der Anstaltsnutzungen verweisen, so bedingt doch die Anwendung des allgemeinen Rechtsinstituts auf die öffentlichen Sachen gewisse Besonderheiten. Um den Gegensatz der anderen beiden Arten von Nutzungsrechten deutlich hervortreten zu lassen, stellen wir hier die wesentlichen Regeln der Gebrauchserlaubnis zusammen. 1. Die Erteilung der Gebrauchserlaubnis ist, wie die Gewährung der Anstaltsnutzung, keine außerordentliche Maßregel, keine Ent- äußerung, sondern gehört zur laufenden Verwaltung. Sie ver- bindet sich von selbst mit derjenigen Thätigkeit, welche darauf ge- richtet ist, die gute Ordnung der öffentlichen Sache aufrecht zu er- halten, mit der Polizei der öffentlichen Sache. Das wird wichtig in den Fällen, wo das Eigentum an der Sache und die Polizei darüber von getrennten Behörden vertreten wird. Die Erteilung der Gebrauchserlaubnis gehört zur Zuständigkeit der Polizei- behörde und der von ihr abhängigen Bediensteten 1. Zur Erteilung der Gebrauchserlaubnis genügt jede zuständige Willensäußerung, aus welcher die Einwilligung in diese bestimmte Art von Gebrauch durch diese Einzelnen sich ergiebt. Es ist nicht nötig, daß diese Äußerung von einer mit obrigkeit- 1 Eine derartige Ordnung findet sich namentlich bei städtischen Straßen; die Straße ist Eigentum der Gemeinde, die Polizeiverwaltung steht einer staatlichen Behörde zu. Auch wo beides namens der Gemeinde geübt wird, kann die Zu- ständigkeit zwischen verschiedenen gemeindlichen Behörden nach diesem Maß- stabe verteilt sein. — Einen Fall behandelt Württemb. V.G.H. 9. Mai 1887 (Reger VIII, S. 96): Die Privatpost will Briefkasten anbringen. Das Ministerium sagt, der Erwerb eines Rechtes zur Anbringung setze voraus „die privatrechtliche Zustimmung“ des Eigentümers der Straße, d. h. der Gemeinde, und die polizei- liche Erlaubnis „zu der außerhalb der Grenze der allgemeinen Benutzung ge- legenen Sonderbenutzung des Luftraumes der Straße“. Im vorliegenden Falle war die letztere allein gegeben worden; es war deshalb ein „Privatrecht“ nicht be- gründet und die Polizeibehörde befugt, die Erlaubnis einfach zurückzunehmen. Jenes Privatrecht hätte eine Verleihung bedeutet (unten § 39, Note 1), die that- sächliche Einräumung der außerhalb der Grenze des Gemeingebrauchs gelegenen Sonderbenutzung, welche die Polizeibehörde allein hatte gewähren können, be- deutete das hier besprochene Rechtsinstitut. Der Unterschied wurde in diesem Falle wichtig, sofern allerdings die Gebrauchserlaubnis frei widerruflich ist, die Verleihung nicht.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/153>, abgerufen am 29.03.2024.