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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Das öffentliche Sachenrecht.
eigentlicher Herr das Publikum mit seinem usus publicus wäre. Denn
die Gewährung hat zu ihrem Ausgangspunkt nichts anderes als die
rechtliche Herrschaft über die öffentliche Sache, welche dem Gewähren-
den zusteht und welche er ausübt in der Einräumung verschiedenartiger
Nutzungen, ganz frei oder gebunden in bestimmter Ordnung.

Ihrer rechtlichen Gestalt nach zerfallen diese Gewährungen in
zwei scharf getrennte Arten:

Es kann dem Einzelnen eine rein thatsächliche Einräumung ge-
macht werden, vermöge deren er die öffentliche Sache benutzen darf
in einer im Gemeingebrauch nicht schon enthaltenen Weise, ohne von
dem Herrn der öffentlichen Sache daran gehindert zu werden, die
Gebrauchserlaubnis.

Es kann zu Gunsten eines Einzelnen durch Verwaltungsakt ein
ausschließlicher Besitz und rechtlich geschützte Herrschaft an einem
bestimmten Stück der öffentlichen Sache begründet werden; das ist
der Fall der Verleihung.

Beide Arten sind wieder begleitet von Gebührenpflichten, die ent-
sprechend verschieden begründet werden.

Die Gebrauchserlaubnis an öffentlichen Sachen, von der hier zu-
nächst die Rede sein soll, ist so ziemlich eines unserer verwahrlostesten
Rechtsinstitute. Sie steht zwischen Gemeingebrauch und Verleihung
mitten inne; beide Rechtsbegriffe pflegen aber schlecht bestimmt und
begrenzt zu werden, derart, daß die Gebrauchserlaubnis bald nach der
einen, bald nach der anderen Seite hin verschwimmt. Dazu hat sie
sich noch der verschiedenartigsten civilrechtlichen Erklärungen zu er-
wehren, die, so unwahr sie sind, als bequeme Auskunftsmittel sich
darzubieten scheinen.

Es handelt sich um Arten des Gebrauchs der öffentlichen Sachen,
die im Gemeingebrauch nicht begriffen sind, also besonders verstattet
sein müssen, um zulässig zu sein. Die Gewährung geschieht aber
andererseits nicht in Gestalt der Begründung eines Rechts an der
Sache, sie ist keine Verleihung. Die Gebrauchserlaubnis muß also
klar herausgehoben werden zwischen beiden, damit unsere Lehre von
den Nutzungsrechten an öffentlichen Sachen ihre Bestimmtheit und
scharfe Gliederung bewahren.

I. Da die Gebrauchserlaubnis kein Stück des Gemeingebrauchs
ist, hat sie ihr Anwendungsgebiet sowohl an Sachen, die diesem
unterliegen, als an solchen, wo das nicht der Fall ist.

An öffentlichen Straßen und Plätzen findet eine solche über den
Gemeingebrauch hinausgehende Verstattung in mancherlei Weise statt.
Vor allem sind es gewerbliche Thätigkeiten, welche Vergünstigungen

Das öffentliche Sachenrecht.
eigentlicher Herr das Publikum mit seinem usus publicus wäre. Denn
die Gewährung hat zu ihrem Ausgangspunkt nichts anderes als die
rechtliche Herrschaft über die öffentliche Sache, welche dem Gewähren-
den zusteht und welche er ausübt in der Einräumung verschiedenartiger
Nutzungen, ganz frei oder gebunden in bestimmter Ordnung.

Ihrer rechtlichen Gestalt nach zerfallen diese Gewährungen in
zwei scharf getrennte Arten:

Es kann dem Einzelnen eine rein thatsächliche Einräumung ge-
macht werden, vermöge deren er die öffentliche Sache benutzen darf
in einer im Gemeingebrauch nicht schon enthaltenen Weise, ohne von
dem Herrn der öffentlichen Sache daran gehindert zu werden, die
Gebrauchserlaubnis.

Es kann zu Gunsten eines Einzelnen durch Verwaltungsakt ein
ausschließlicher Besitz und rechtlich geschützte Herrschaft an einem
bestimmten Stück der öffentlichen Sache begründet werden; das ist
der Fall der Verleihung.

Beide Arten sind wieder begleitet von Gebührenpflichten, die ent-
sprechend verschieden begründet werden.

Die Gebrauchserlaubnis an öffentlichen Sachen, von der hier zu-
nächst die Rede sein soll, ist so ziemlich eines unserer verwahrlostesten
Rechtsinstitute. Sie steht zwischen Gemeingebrauch und Verleihung
mitten inne; beide Rechtsbegriffe pflegen aber schlecht bestimmt und
begrenzt zu werden, derart, daß die Gebrauchserlaubnis bald nach der
einen, bald nach der anderen Seite hin verschwimmt. Dazu hat sie
sich noch der verschiedenartigsten civilrechtlichen Erklärungen zu er-
wehren, die, so unwahr sie sind, als bequeme Auskunftsmittel sich
darzubieten scheinen.

Es handelt sich um Arten des Gebrauchs der öffentlichen Sachen,
die im Gemeingebrauch nicht begriffen sind, also besonders verstattet
sein müssen, um zulässig zu sein. Die Gewährung geschieht aber
andererseits nicht in Gestalt der Begründung eines Rechts an der
Sache, sie ist keine Verleihung. Die Gebrauchserlaubnis muß also
klar herausgehoben werden zwischen beiden, damit unsere Lehre von
den Nutzungsrechten an öffentlichen Sachen ihre Bestimmtheit und
scharfe Gliederung bewahren.

I. Da die Gebrauchserlaubnis kein Stück des Gemeingebrauchs
ist, hat sie ihr Anwendungsgebiet sowohl an Sachen, die diesem
unterliegen, als an solchen, wo das nicht der Fall ist.

An öffentlichen Straßen und Plätzen findet eine solche über den
Gemeingebrauch hinausgehende Verstattung in mancherlei Weise statt.
Vor allem sind es gewerbliche Thätigkeiten, welche Vergünstigungen

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[138/0150] Das öffentliche Sachenrecht. eigentlicher Herr das Publikum mit seinem usus publicus wäre. Denn die Gewährung hat zu ihrem Ausgangspunkt nichts anderes als die rechtliche Herrschaft über die öffentliche Sache, welche dem Gewähren- den zusteht und welche er ausübt in der Einräumung verschiedenartiger Nutzungen, ganz frei oder gebunden in bestimmter Ordnung. Ihrer rechtlichen Gestalt nach zerfallen diese Gewährungen in zwei scharf getrennte Arten: Es kann dem Einzelnen eine rein thatsächliche Einräumung ge- macht werden, vermöge deren er die öffentliche Sache benutzen darf in einer im Gemeingebrauch nicht schon enthaltenen Weise, ohne von dem Herrn der öffentlichen Sache daran gehindert zu werden, die Gebrauchserlaubnis. Es kann zu Gunsten eines Einzelnen durch Verwaltungsakt ein ausschließlicher Besitz und rechtlich geschützte Herrschaft an einem bestimmten Stück der öffentlichen Sache begründet werden; das ist der Fall der Verleihung. Beide Arten sind wieder begleitet von Gebührenpflichten, die ent- sprechend verschieden begründet werden. Die Gebrauchserlaubnis an öffentlichen Sachen, von der hier zu- nächst die Rede sein soll, ist so ziemlich eines unserer verwahrlostesten Rechtsinstitute. Sie steht zwischen Gemeingebrauch und Verleihung mitten inne; beide Rechtsbegriffe pflegen aber schlecht bestimmt und begrenzt zu werden, derart, daß die Gebrauchserlaubnis bald nach der einen, bald nach der anderen Seite hin verschwimmt. Dazu hat sie sich noch der verschiedenartigsten civilrechtlichen Erklärungen zu er- wehren, die, so unwahr sie sind, als bequeme Auskunftsmittel sich darzubieten scheinen. Es handelt sich um Arten des Gebrauchs der öffentlichen Sachen, die im Gemeingebrauch nicht begriffen sind, also besonders verstattet sein müssen, um zulässig zu sein. Die Gewährung geschieht aber andererseits nicht in Gestalt der Begründung eines Rechts an der Sache, sie ist keine Verleihung. Die Gebrauchserlaubnis muß also klar herausgehoben werden zwischen beiden, damit unsere Lehre von den Nutzungsrechten an öffentlichen Sachen ihre Bestimmtheit und scharfe Gliederung bewahren. I. Da die Gebrauchserlaubnis kein Stück des Gemeingebrauchs ist, hat sie ihr Anwendungsgebiet sowohl an Sachen, die diesem unterliegen, als an solchen, wo das nicht der Fall ist. An öffentlichen Straßen und Plätzen findet eine solche über den Gemeingebrauch hinausgehende Verstattung in mancherlei Weise statt. Vor allem sind es gewerbliche Thätigkeiten, welche Vergünstigungen

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/150>, abgerufen am 23.04.2024.