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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Das öffentliche Sachenrecht.

Nach der Art des Vorteils, für welchen er gegeben werden soll,
gestaltet sich auch die Art des Entgeltes.

Die Thatsache, daß die öffentliche Sache als solche hergerichtet
und in Stand gehalten wird mit all den ungemessenen Möglichkeiten
der Ausübung des Gemeingebrauchs, gewährt gewissen Einzelnen oder
Gruppen von Einzelnen Vorteile vor Anderen, entfernter Beteiligten.
Den Ausgleich giebt das Institut der Beiträge. Als Hauptbeispiel
nennen wir hier nur die Straßenbeiträge; das Nähere unten § 48, I;
rechtliche Besonderheiten erhält das Institut in dieser Verwen-
dung nicht.

Der Entgelt kann sich aber auch knüpfen an die Thatsache der
Ausübung des Gemeingebrauchs im Einzelfall und den darin liegenden
unmittelbaren Vorteil. Dann erscheint er in Gestalt der Gebühr und
diese Gebühr bekommt allerdings im Zusammenhange mit dem Ge-
meingebrauch ihre bestimmten rechtlichen Eigentümlichkeiten, die hier
hervorzuheben sind22.

Die Gebühr auf die Ausübung des Gemeingebrauchs findet sich
bei allen Arten von öffentlichen Sachen, welche bestimmt sind, dem
öffentlichen Verkehr zu dienen und knüpft sich an die einzelnen
Verkehrshandlungen. Es wird also nicht jede Ausübung des
Gemeingebrauchs allgemein getroffen. Aber auch nicht immer jede
Verkehrshandlung; es können nur die wichtigeren Arten heraus-
genommen sein. Der Brückenzoll trifft möglicherweise jede Art von
Verkehr, Chausseegeld und Pflasterzoll nur den Wagenverkehr, Kanal-
gebühr, Hafengeld, Stromschiffahrtsabgabe nur größere Schiffe und
Flöße. Die Sätze werden dann wieder abgestuft sein nach dem Maße,
in welchem die öffentliche Sache in Anspruch genommen wird durch
die Schwere des Fuhrwerkes, die Größe des Schiffes, die Art der Fort-
bewegungskraft. In dieser Weise ist die Gebühr auf den Gemein-
gebrauch althergebracht, aber ihre Rechtsformen mußte sie wechseln

22 Über den Unterschied von Beiträgen und Gebühren vgl. oben Bd. I S. 387.
Beides sind, wie dort hervorgehoben, von Haus aus rein finanzwissenschaftliche
Begriffe. Für uns löst sich jede dieser Begriffseinheiten selbst wieder auf nach
der Verschiedenheit der zur Verwendung kommenden Rechtsformen. Von den
staatswissenschaftlichen Darstellungen des Gebührenwesens, die naturgemäß diesen
gegenüber gleichgültig sind, werden wir deshalb für unsere Lehre von der Gebühr
wenig Gewinn ziehen können. Wenn v. Stein, Finanzwissenschaft I S. 345 gegen-
über der Darstellung des Gebührenwesens in dem tüchtigen Buch von Sax, Die
Verkehrsmittel in Volks- und Staatswirtschaft, bemerkt: "es mangelt nur die recht-
liche Seite", so gilt das sehr allgemein, auch von den Ausführungen v. Steins
selbst.
Das öffentliche Sachenrecht.

Nach der Art des Vorteils, für welchen er gegeben werden soll,
gestaltet sich auch die Art des Entgeltes.

Die Thatsache, daß die öffentliche Sache als solche hergerichtet
und in Stand gehalten wird mit all den ungemessenen Möglichkeiten
der Ausübung des Gemeingebrauchs, gewährt gewissen Einzelnen oder
Gruppen von Einzelnen Vorteile vor Anderen, entfernter Beteiligten.
Den Ausgleich giebt das Institut der Beiträge. Als Hauptbeispiel
nennen wir hier nur die Straßenbeiträge; das Nähere unten § 48, I;
rechtliche Besonderheiten erhält das Institut in dieser Verwen-
dung nicht.

Der Entgelt kann sich aber auch knüpfen an die Thatsache der
Ausübung des Gemeingebrauchs im Einzelfall und den darin liegenden
unmittelbaren Vorteil. Dann erscheint er in Gestalt der Gebühr und
diese Gebühr bekommt allerdings im Zusammenhange mit dem Ge-
meingebrauch ihre bestimmten rechtlichen Eigentümlichkeiten, die hier
hervorzuheben sind22.

Die Gebühr auf die Ausübung des Gemeingebrauchs findet sich
bei allen Arten von öffentlichen Sachen, welche bestimmt sind, dem
öffentlichen Verkehr zu dienen und knüpft sich an die einzelnen
Verkehrshandlungen. Es wird also nicht jede Ausübung des
Gemeingebrauchs allgemein getroffen. Aber auch nicht immer jede
Verkehrshandlung; es können nur die wichtigeren Arten heraus-
genommen sein. Der Brückenzoll trifft möglicherweise jede Art von
Verkehr, Chausseegeld und Pflasterzoll nur den Wagenverkehr, Kanal-
gebühr, Hafengeld, Stromschiffahrtsabgabe nur größere Schiffe und
Flöße. Die Sätze werden dann wieder abgestuft sein nach dem Maße,
in welchem die öffentliche Sache in Anspruch genommen wird durch
die Schwere des Fuhrwerkes, die Größe des Schiffes, die Art der Fort-
bewegungskraft. In dieser Weise ist die Gebühr auf den Gemein-
gebrauch althergebracht, aber ihre Rechtsformen mußte sie wechseln

22 Über den Unterschied von Beiträgen und Gebühren vgl. oben Bd. I S. 387.
Beides sind, wie dort hervorgehoben, von Haus aus rein finanzwissenschaftliche
Begriffe. Für uns löst sich jede dieser Begriffseinheiten selbst wieder auf nach
der Verschiedenheit der zur Verwendung kommenden Rechtsformen. Von den
staatswissenschaftlichen Darstellungen des Gebührenwesens, die naturgemäß diesen
gegenüber gleichgültig sind, werden wir deshalb für unsere Lehre von der Gebühr
wenig Gewinn ziehen können. Wenn v. Stein, Finanzwissenschaft I S. 345 gegen-
über der Darstellung des Gebührenwesens in dem tüchtigen Buch von Sax, Die
Verkehrsmittel in Volks- und Staatswirtschaft, bemerkt: „es mangelt nur die recht-
liche Seite“, so gilt das sehr allgemein, auch von den Ausführungen v. Steins
selbst.
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[128/0140] Das öffentliche Sachenrecht. Nach der Art des Vorteils, für welchen er gegeben werden soll, gestaltet sich auch die Art des Entgeltes. Die Thatsache, daß die öffentliche Sache als solche hergerichtet und in Stand gehalten wird mit all den ungemessenen Möglichkeiten der Ausübung des Gemeingebrauchs, gewährt gewissen Einzelnen oder Gruppen von Einzelnen Vorteile vor Anderen, entfernter Beteiligten. Den Ausgleich giebt das Institut der Beiträge. Als Hauptbeispiel nennen wir hier nur die Straßenbeiträge; das Nähere unten § 48, I; rechtliche Besonderheiten erhält das Institut in dieser Verwen- dung nicht. Der Entgelt kann sich aber auch knüpfen an die Thatsache der Ausübung des Gemeingebrauchs im Einzelfall und den darin liegenden unmittelbaren Vorteil. Dann erscheint er in Gestalt der Gebühr und diese Gebühr bekommt allerdings im Zusammenhange mit dem Ge- meingebrauch ihre bestimmten rechtlichen Eigentümlichkeiten, die hier hervorzuheben sind 22. Die Gebühr auf die Ausübung des Gemeingebrauchs findet sich bei allen Arten von öffentlichen Sachen, welche bestimmt sind, dem öffentlichen Verkehr zu dienen und knüpft sich an die einzelnen Verkehrshandlungen. Es wird also nicht jede Ausübung des Gemeingebrauchs allgemein getroffen. Aber auch nicht immer jede Verkehrshandlung; es können nur die wichtigeren Arten heraus- genommen sein. Der Brückenzoll trifft möglicherweise jede Art von Verkehr, Chausseegeld und Pflasterzoll nur den Wagenverkehr, Kanal- gebühr, Hafengeld, Stromschiffahrtsabgabe nur größere Schiffe und Flöße. Die Sätze werden dann wieder abgestuft sein nach dem Maße, in welchem die öffentliche Sache in Anspruch genommen wird durch die Schwere des Fuhrwerkes, die Größe des Schiffes, die Art der Fort- bewegungskraft. In dieser Weise ist die Gebühr auf den Gemein- gebrauch althergebracht, aber ihre Rechtsformen mußte sie wechseln 22 Über den Unterschied von Beiträgen und Gebühren vgl. oben Bd. I S. 387. Beides sind, wie dort hervorgehoben, von Haus aus rein finanzwissenschaftliche Begriffe. Für uns löst sich jede dieser Begriffseinheiten selbst wieder auf nach der Verschiedenheit der zur Verwendung kommenden Rechtsformen. Von den staatswissenschaftlichen Darstellungen des Gebührenwesens, die naturgemäß diesen gegenüber gleichgültig sind, werden wir deshalb für unsere Lehre von der Gebühr wenig Gewinn ziehen können. Wenn v. Stein, Finanzwissenschaft I S. 345 gegen- über der Darstellung des Gebührenwesens in dem tüchtigen Buch von Sax, Die Verkehrsmittel in Volks- und Staatswirtschaft, bemerkt: „es mangelt nur die recht- liche Seite“, so gilt das sehr allgemein, auch von den Ausführungen v. Steins selbst.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/140>, abgerufen am 28.03.2024.