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Mayer, Adolf: Das Düngerkapital und der Raubbau. Heidelberg, 1869.

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Das Düngerkapital und der Raubbau.
wenden, so strömt nach dem Ort des Verbrauchs sogleich in Folge
der Diffusion neue Luft nach, und wenn auch Jemand nur ober-
halb seines eignen Bodens Anstalten machen darf zum Consum
dieser Luft, so stehen ihm doch beliebig große Mengen dieses Guts
zu Gebote, die ihm aus der über dem Besitzthum der Nachbarn
ruhenden Luftschicht und von da weiterhin stetig zufließen, ohne
daß die Nachbarn oder alle Uebrigen, denen durch jenen Eingriff
Luft entzogen wird, ein solches Verfahren hindern können. Diese
Eigenschaft der Luft, die auch das Wasser in vielen Fällen zeigt,
verhindert offenbar deren Vertheilung an einzelne Besitzer, wie sie
für den festen Grund und Boden ausführbar ist, und dies Ver-
halten, sowie die unerschöpfliche Menge der Luft, stempelt sie zum
Gemeingut, zum freien Gut.12)

Anders ist es mit dem Licht. Der Photograph kann nicht das
Licht, das auf das Grundstück seines Nachbars fällt, für seine Zwecke
benutzen, es sei denn, daß er eine Reflexvorrichtung auf das Dach
des Nachbars anbringt, wozu er doch dessen Einwilligung, die
völlige Abtretung dieses Guts bedarf; denn der Nachbar kann ja
ebenfalls Photograph sein und das Licht wirthschaftlich ausnutzen
wollen. Offenbar stempeln also die physikalischen Gesetze, die den
Zufluß des Lichts reguliren, dieses zu einem Gut von vollkommener
Aneignungsfähigkeit und es ist gewiß ein Jrrthum, wenn z. B.
Roscher13) glaubt, daß der Photograph nicht mit Erfolg das zu
seiner Arbeit nothwendige Licht auf die Rechnung seiner Kunden
setzen könne. Ueberall, wo wie z. B. in großen Städten das

12) Es bestehen nur wenig Vorkehrungen, die den Gemeinbesitz der
Luft zu beschränken suchen und diese beziehen sich sämmtlich auf Verpestung
der Luft durch Fabriketablissements, also nicht auf Entzug werthvoller
Luftbestandtheile, sondern auf Zuführung positiv schädlicher Bestandtheile.
13) Grundlagen der Nationalökonomie p. 52.

Das Düngerkapital und der Raubbau.
wenden, ſo ſtrömt nach dem Ort des Verbrauchs ſogleich in Folge
der Diffuſion neue Luft nach, und wenn auch Jemand nur ober-
halb ſeines eignen Bodens Anſtalten machen darf zum Conſum
dieſer Luft, ſo ſtehen ihm doch beliebig große Mengen dieſes Guts
zu Gebote, die ihm aus der über dem Beſitzthum der Nachbarn
ruhenden Luftſchicht und von da weiterhin ſtetig zufließen, ohne
daß die Nachbarn oder alle Uebrigen, denen durch jenen Eingriff
Luft entzogen wird, ein ſolches Verfahren hindern können. Dieſe
Eigenſchaft der Luft, die auch das Waſſer in vielen Fällen zeigt,
verhindert offenbar deren Vertheilung an einzelne Beſitzer, wie ſie
für den feſten Grund und Boden ausführbar iſt, und dies Ver-
halten, ſowie die unerſchöpfliche Menge der Luft, ſtempelt ſie zum
Gemeingut, zum freien Gut.12)

Anders iſt es mit dem Licht. Der Photograph kann nicht das
Licht, das auf das Grundſtück ſeines Nachbars fällt, für ſeine Zwecke
benutzen, es ſei denn, daß er eine Reflexvorrichtung auf das Dach
des Nachbars anbringt, wozu er doch deſſen Einwilligung, die
völlige Abtretung dieſes Guts bedarf; denn der Nachbar kann ja
ebenfalls Photograph ſein und das Licht wirthſchaftlich ausnutzen
wollen. Offenbar ſtempeln alſo die phyſikaliſchen Geſetze, die den
Zufluß des Lichts reguliren, dieſes zu einem Gut von vollkommener
Aneignungsfähigkeit und es iſt gewiß ein Jrrthum, wenn z. B.
Roſcher13) glaubt, daß der Photograph nicht mit Erfolg das zu
ſeiner Arbeit nothwendige Licht auf die Rechnung ſeiner Kunden
ſetzen könne. Ueberall, wo wie z. B. in großen Städten das

12) Es beſtehen nur wenig Vorkehrungen, die den Gemeinbeſitz der
Luft zu beſchränken ſuchen und dieſe beziehen ſich ſämmtlich auf Verpeſtung
der Luft durch Fabriketabliſſements, alſo nicht auf Entzug werthvoller
Luftbeſtandtheile, ſondern auf Zuführung poſitiv ſchädlicher Beſtandtheile.
13) Grundlagen der Nationalökonomie p. 52.
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[8/0018] Das Düngerkapital und der Raubbau. wenden, ſo ſtrömt nach dem Ort des Verbrauchs ſogleich in Folge der Diffuſion neue Luft nach, und wenn auch Jemand nur ober- halb ſeines eignen Bodens Anſtalten machen darf zum Conſum dieſer Luft, ſo ſtehen ihm doch beliebig große Mengen dieſes Guts zu Gebote, die ihm aus der über dem Beſitzthum der Nachbarn ruhenden Luftſchicht und von da weiterhin ſtetig zufließen, ohne daß die Nachbarn oder alle Uebrigen, denen durch jenen Eingriff Luft entzogen wird, ein ſolches Verfahren hindern können. Dieſe Eigenſchaft der Luft, die auch das Waſſer in vielen Fällen zeigt, verhindert offenbar deren Vertheilung an einzelne Beſitzer, wie ſie für den feſten Grund und Boden ausführbar iſt, und dies Ver- halten, ſowie die unerſchöpfliche Menge der Luft, ſtempelt ſie zum Gemeingut, zum freien Gut. 12) Anders iſt es mit dem Licht. Der Photograph kann nicht das Licht, das auf das Grundſtück ſeines Nachbars fällt, für ſeine Zwecke benutzen, es ſei denn, daß er eine Reflexvorrichtung auf das Dach des Nachbars anbringt, wozu er doch deſſen Einwilligung, die völlige Abtretung dieſes Guts bedarf; denn der Nachbar kann ja ebenfalls Photograph ſein und das Licht wirthſchaftlich ausnutzen wollen. Offenbar ſtempeln alſo die phyſikaliſchen Geſetze, die den Zufluß des Lichts reguliren, dieſes zu einem Gut von vollkommener Aneignungsfähigkeit und es iſt gewiß ein Jrrthum, wenn z. B. Roſcher 13) glaubt, daß der Photograph nicht mit Erfolg das zu ſeiner Arbeit nothwendige Licht auf die Rechnung ſeiner Kunden ſetzen könne. Ueberall, wo wie z. B. in großen Städten das 12) Es beſtehen nur wenig Vorkehrungen, die den Gemeinbeſitz der Luft zu beſchränken ſuchen und dieſe beziehen ſich ſämmtlich auf Verpeſtung der Luft durch Fabriketabliſſements, alſo nicht auf Entzug werthvoller Luftbeſtandtheile, ſondern auf Zuführung poſitiv ſchädlicher Beſtandtheile. 13) Grundlagen der Nationalökonomie p. 52.

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Zitationshilfe: Mayer, Adolf: Das Düngerkapital und der Raubbau. Heidelberg, 1869, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_duengerkapital_1869/18>, abgerufen am 23.04.2024.