Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

deswegen hoher Zinsfuss keineswegs Ursache von hohem Profit.
Und die Frage ist gerade, ob dieser hohe Zins (wie sich in der
Krise wirklich herausstellte) nicht fortgedauert oder gar erst auf
die Spitze getrieben, nachdem die hohe Profitrate längst den Weg
alles Fleisches gegangen.

"3718. Was eine grosse Erhöhung der Diskontorate betrifft, so
ist das ein Umstand, der ganz und gar aus dem vermehrten Werth
des Kapitals entspringt, und die Ursache dieses vermehrten Werths
des Kapitals kann, glaube ich, jedermann mit vollständiger Klar-
heit entdecken. Ich habe bereits die Thatsache erwähnt, dass in
den 13 Jahren, während deren dieser Bankakt in Wirksamkeit
war, der Handel von England von 45 auf 120 Millionen £ ge-
wachsen ist. Man denke nach über alle die Ereignisse, die diese
kurze Zahlenangabe einschliesst; man bedenke die enorme Nach-
frage nach Kapital, die eine so riesige Vermehrung des Handels
mit sich bringt und bedenke zugleich, dass die natürliche Quelle
der Zufuhr für diese grosse Nachfrage, nämlich die jährlichen Er-
sparnisse des Landes, während der letzten drei oder vier Jahre in
der unprofitablen Auslage für Kriegszwecke verzehrt worden ist.
Ich gestehe, ich bin überrascht, dass der Zinsfuss nicht noch viel
höher ist; oder in andern Worten, ich bin überrascht, dass die
Kapitalklemme in Folge dieser riesigen Operationen nicht noch
viel heftiger ist, als Sie sie schon gefunden haben."

Welche wunderbare Durcheinanderwerfung von Worten unsers
Wucherlogikers! Hier ist er wieder mit seinem gestiegnen Werth
des Kapitals! Er scheint sich einzubilden, dass auf der einen
Seite diese enorme Ausdehnung des Reproduktionsprocesses vor-
ging, also Akkumulation von wirklichem Kapital, und dass auf
der andern Seite ein "Kapital" stand, nach welchem "enorme Nach-
frage" entsprang, um diese so riesige Vermehrung des Handels
fertig zu bringen! War denn diese riesige Vermehrung der Pro-
duktion nicht selbst die Vermehrung des Kapitals, und wenn sie
Nachfrage schuf, schuf sie nicht zugleich auch die Zufuhr, und
nicht auch zugleich selbst eine vermehrte Zufuhr von Geldkapital?
Stieg der Zinsfuss sehr hoch, so doch nur weil die Nachfrage nach
Geldkapital noch rascher wuchs als die Zufuhr, was in andern
Worten sich darin auflöst, dass mit der Ausdehnung der indu-
striellen Produktion ihre Führung auf Basis des Kreditsystems sich
ausdehnte. Mit andern Worten, die wirkliche industrielle Ex-
pansion verursachte eine vermehrte Nachfrage nach "Akkomodation",
und diese letztere Nachfrage ist augenscheinlich das, was unser

deswegen hoher Zinsfuss keineswegs Ursache von hohem Profit.
Und die Frage ist gerade, ob dieser hohe Zins (wie sich in der
Krise wirklich herausstellte) nicht fortgedauert oder gar erst auf
die Spitze getrieben, nachdem die hohe Profitrate längst den Weg
alles Fleisches gegangen.

„3718. Was eine grosse Erhöhung der Diskontorate betrifft, so
ist das ein Umstand, der ganz und gar aus dem vermehrten Werth
des Kapitals entspringt, und die Ursache dieses vermehrten Werths
des Kapitals kann, glaube ich, jedermann mit vollständiger Klar-
heit entdecken. Ich habe bereits die Thatsache erwähnt, dass in
den 13 Jahren, während deren dieser Bankakt in Wirksamkeit
war, der Handel von England von 45 auf 120 Millionen £ ge-
wachsen ist. Man denke nach über alle die Ereignisse, die diese
kurze Zahlenangabe einschliesst; man bedenke die enorme Nach-
frage nach Kapital, die eine so riesige Vermehrung des Handels
mit sich bringt und bedenke zugleich, dass die natürliche Quelle
der Zufuhr für diese grosse Nachfrage, nämlich die jährlichen Er-
sparnisse des Landes, während der letzten drei oder vier Jahre in
der unprofitablen Auslage für Kriegszwecke verzehrt worden ist.
Ich gestehe, ich bin überrascht, dass der Zinsfuss nicht noch viel
höher ist; oder in andern Worten, ich bin überrascht, dass die
Kapitalklemme in Folge dieser riesigen Operationen nicht noch
viel heftiger ist, als Sie sie schon gefunden haben.“

Welche wunderbare Durcheinanderwerfung von Worten unsers
Wucherlogikers! Hier ist er wieder mit seinem gestiegnen Werth
des Kapitals! Er scheint sich einzubilden, dass auf der einen
Seite diese enorme Ausdehnung des Reproduktionsprocesses vor-
ging, also Akkumulation von wirklichem Kapital, und dass auf
der andern Seite ein „Kapital“ stand, nach welchem „enorme Nach-
frage“ entsprang, um diese so riesige Vermehrung des Handels
fertig zu bringen! War denn diese riesige Vermehrung der Pro-
duktion nicht selbst die Vermehrung des Kapitals, und wenn sie
Nachfrage schuf, schuf sie nicht zugleich auch die Zufuhr, und
nicht auch zugleich selbst eine vermehrte Zufuhr von Geldkapital?
Stieg der Zinsfuss sehr hoch, so doch nur weil die Nachfrage nach
Geldkapital noch rascher wuchs als die Zufuhr, was in andern
Worten sich darin auflöst, dass mit der Ausdehnung der indu-
striellen Produktion ihre Führung auf Basis des Kreditsystems sich
ausdehnte. Mit andern Worten, die wirkliche industrielle Ex-
pansion verursachte eine vermehrte Nachfrage nach „Akkomodation“,
und diese letztere Nachfrage ist augenscheinlich das, was unser

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0443" n="409"/>
deswegen hoher Zinsfuss keineswegs Ursache von hohem Profit.<lb/>
Und die Frage ist gerade, ob dieser hohe Zins (wie sich in der<lb/>
Krise wirklich herausstellte) nicht fortgedauert oder gar erst auf<lb/>
die Spitze getrieben, nachdem die hohe Profitrate längst den Weg<lb/>
alles Fleisches gegangen.</p><lb/>
            <p>&#x201E;3718. Was eine grosse Erhöhung der Diskontorate betrifft, so<lb/>
ist das ein Umstand, der ganz und gar aus dem vermehrten Werth<lb/>
des Kapitals entspringt, und die Ursache dieses vermehrten Werths<lb/>
des Kapitals kann, glaube ich, jedermann mit vollständiger Klar-<lb/>
heit entdecken. Ich habe bereits die Thatsache erwähnt, dass in<lb/>
den 13 Jahren, während deren dieser Bankakt in Wirksamkeit<lb/>
war, der Handel von England von 45 auf 120 Millionen <hi rendition="#i">£</hi> ge-<lb/>
wachsen ist. Man denke nach über alle die Ereignisse, die diese<lb/>
kurze Zahlenangabe einschliesst; man bedenke die enorme Nach-<lb/>
frage nach Kapital, die eine so riesige Vermehrung des Handels<lb/>
mit sich bringt und bedenke zugleich, dass die natürliche Quelle<lb/>
der Zufuhr für diese grosse Nachfrage, nämlich die jährlichen Er-<lb/>
sparnisse des Landes, während der letzten drei oder vier Jahre in<lb/>
der unprofitablen Auslage für Kriegszwecke verzehrt worden ist.<lb/>
Ich gestehe, ich bin überrascht, dass der Zinsfuss nicht noch viel<lb/>
höher ist; oder in andern Worten, ich bin überrascht, dass die<lb/>
Kapitalklemme in Folge dieser riesigen Operationen nicht noch<lb/>
viel heftiger ist, als Sie sie schon gefunden haben.&#x201C;</p><lb/>
            <p>Welche wunderbare Durcheinanderwerfung von Worten unsers<lb/>
Wucherlogikers! Hier ist er wieder mit seinem gestiegnen Werth<lb/>
des Kapitals! Er scheint sich einzubilden, dass auf der einen<lb/>
Seite diese enorme Ausdehnung des Reproduktionsprocesses vor-<lb/>
ging, also Akkumulation von wirklichem Kapital, und dass auf<lb/>
der andern Seite ein &#x201E;Kapital&#x201C; stand, nach welchem &#x201E;enorme Nach-<lb/>
frage&#x201C; entsprang, um diese so riesige Vermehrung des Handels<lb/>
fertig zu bringen! War denn diese riesige Vermehrung der Pro-<lb/>
duktion nicht selbst die Vermehrung des Kapitals, und wenn sie<lb/>
Nachfrage schuf, schuf sie nicht zugleich auch die Zufuhr, und<lb/>
nicht auch zugleich selbst eine vermehrte Zufuhr von Geldkapital?<lb/>
Stieg der Zinsfuss sehr hoch, so doch nur weil die Nachfrage nach<lb/>
Geldkapital noch rascher wuchs als die Zufuhr, was in andern<lb/>
Worten sich darin auflöst, dass mit der Ausdehnung der indu-<lb/>
striellen Produktion ihre Führung auf Basis des Kreditsystems sich<lb/>
ausdehnte. Mit andern Worten, die wirkliche industrielle Ex-<lb/>
pansion verursachte eine vermehrte Nachfrage nach &#x201E;Akkomodation&#x201C;,<lb/>
und diese letztere Nachfrage ist augenscheinlich das, was unser<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[409/0443] deswegen hoher Zinsfuss keineswegs Ursache von hohem Profit. Und die Frage ist gerade, ob dieser hohe Zins (wie sich in der Krise wirklich herausstellte) nicht fortgedauert oder gar erst auf die Spitze getrieben, nachdem die hohe Profitrate längst den Weg alles Fleisches gegangen. „3718. Was eine grosse Erhöhung der Diskontorate betrifft, so ist das ein Umstand, der ganz und gar aus dem vermehrten Werth des Kapitals entspringt, und die Ursache dieses vermehrten Werths des Kapitals kann, glaube ich, jedermann mit vollständiger Klar- heit entdecken. Ich habe bereits die Thatsache erwähnt, dass in den 13 Jahren, während deren dieser Bankakt in Wirksamkeit war, der Handel von England von 45 auf 120 Millionen £ ge- wachsen ist. Man denke nach über alle die Ereignisse, die diese kurze Zahlenangabe einschliesst; man bedenke die enorme Nach- frage nach Kapital, die eine so riesige Vermehrung des Handels mit sich bringt und bedenke zugleich, dass die natürliche Quelle der Zufuhr für diese grosse Nachfrage, nämlich die jährlichen Er- sparnisse des Landes, während der letzten drei oder vier Jahre in der unprofitablen Auslage für Kriegszwecke verzehrt worden ist. Ich gestehe, ich bin überrascht, dass der Zinsfuss nicht noch viel höher ist; oder in andern Worten, ich bin überrascht, dass die Kapitalklemme in Folge dieser riesigen Operationen nicht noch viel heftiger ist, als Sie sie schon gefunden haben.“ Welche wunderbare Durcheinanderwerfung von Worten unsers Wucherlogikers! Hier ist er wieder mit seinem gestiegnen Werth des Kapitals! Er scheint sich einzubilden, dass auf der einen Seite diese enorme Ausdehnung des Reproduktionsprocesses vor- ging, also Akkumulation von wirklichem Kapital, und dass auf der andern Seite ein „Kapital“ stand, nach welchem „enorme Nach- frage“ entsprang, um diese so riesige Vermehrung des Handels fertig zu bringen! War denn diese riesige Vermehrung der Pro- duktion nicht selbst die Vermehrung des Kapitals, und wenn sie Nachfrage schuf, schuf sie nicht zugleich auch die Zufuhr, und nicht auch zugleich selbst eine vermehrte Zufuhr von Geldkapital? Stieg der Zinsfuss sehr hoch, so doch nur weil die Nachfrage nach Geldkapital noch rascher wuchs als die Zufuhr, was in andern Worten sich darin auflöst, dass mit der Ausdehnung der indu- striellen Produktion ihre Führung auf Basis des Kreditsystems sich ausdehnte. Mit andern Worten, die wirkliche industrielle Ex- pansion verursachte eine vermehrte Nachfrage nach „Akkomodation“, und diese letztere Nachfrage ist augenscheinlich das, was unser

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/443
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/443>, abgerufen am 20.04.2024.