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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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seiner Wechsel zu bezahlen hatte, seinen ganzen Profit mehr als
verschluckt hätte." (No. 5451.)

Nehmen wir jetzt einen andern schon vorher citirten Parlaments-
bericht: Report of Select Committee on Bank Acts, communicated
from the Commons to the Lords, 1857 (citirt weiter unten als:
B. C. 1857.) Darin wird Herr Norman, Direktor der Bank von
England und ein Hauptlicht unter den Leuten vom Currency-prin-
ciple, verhört wie folgt:

"3635. Sie sagten, Sie sind der Ansicht, dass der Zinsfuss ab-
hängt, nicht von der Masse der Banknoten, sondern von Nachfrage
und Angebot von Kapital. Wollen Sie angeben, was Sie unter
Kapital einbegreifen, ausser Banknoten und Hartgeld? -- Ich
glaube die gewöhnliche Definition von Kapital ist: Waaren oder
Dienste gebraucht in Produktion. 3636. -- Schliessen Sie alle Waaren
in das Wort Kapital ein, wenn Sie vom Zinsfuss sprechen? --
Alle Waaren, gebraucht in der Produktion. -- 3637. Sie begreifen
das alles ein in das Wort Kapital, wenn Sie vom Zinsfuss sprechen? --
Jawohl. Nehmen wir an, ein Baumwollfabrikant braucht Baum-
wolle für seine Fabrik, so wird er vermuthlich sie sich dadurch
verschaffen, dass er einen Vorschuss von seinem Bankier erhält,
und mit den so erhaltnen Banknoten geht er nach Liverpool und
kauft. Was er wirklich braucht, ist die Baumwolle; er braucht
die Banknoten oder das Gold nicht, ausser als Mittel, die Baum-
wolle zu erhalten. Oder er braucht die Mittel, um seine Arbeiter
zu bezahlen; dann borgt er wieder Noten, und zahlt den Lohn
seiner Arbeiter mit diesen Noten; und die Arbeiter ihrerseits
brauchen Nahrung und Wohnung, und das Geld ist das Mittel
dafür zu zahlen. -- 3638. Aber für das Geld wird Zins gezahlt? --
Gewiss, in erster Instanz; aber nehmen Sie einen andern Fall.
Angenommen, er kauft die Baumwolle auf Kredit, ohne Vorschuss
bei der Bank zu holen; dann ist die Differenz zwischen dem Preis
für Baarzahlung und dem Preis auf Kredit bei Verfallzeit der
Maßstab des Zinses. Zins würde existiren, auch wenn es über-
haupt kein Geld gäbe."

Dieser selbstgefällige Kohl ist ganz würdig dieses Stützpfeilers
des Currency principle. Zuerst die geniale Entdeckung, dass Bank-
noten oder Gold Mittel sind etwas zu kaufen, und dass man sie
nicht ihrer selbst wegen pumpt. Und daraus soll folgen, dass der
Zinsfuss geregelt ist durch was? Durch die Nachfrage und Zufuhr
von Waaren, wovon man bisher nur wusste, dass sie die Markt-
preise der Waaren regeln. Mit gleichbleibenden Marktpreisen der

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seiner Wechsel zu bezahlen hatte, seinen ganzen Profit mehr als
verschluckt hätte.“ (No. 5451.)

Nehmen wir jetzt einen andern schon vorher citirten Parlaments-
bericht: Report of Select Committee on Bank Acts, communicated
from the Commons to the Lords, 1857 (citirt weiter unten als:
B. C. 1857.) Darin wird Herr Norman, Direktor der Bank von
England und ein Hauptlicht unter den Leuten vom Currency-prin-
ciple, verhört wie folgt:

„3635. Sie sagten, Sie sind der Ansicht, dass der Zinsfuss ab-
hängt, nicht von der Masse der Banknoten, sondern von Nachfrage
und Angebot von Kapital. Wollen Sie angeben, was Sie unter
Kapital einbegreifen, ausser Banknoten und Hartgeld? — Ich
glaube die gewöhnliche Definition von Kapital ist: Waaren oder
Dienste gebraucht in Produktion. 3636. — Schliessen Sie alle Waaren
in das Wort Kapital ein, wenn Sie vom Zinsfuss sprechen? —
Alle Waaren, gebraucht in der Produktion. — 3637. Sie begreifen
das alles ein in das Wort Kapital, wenn Sie vom Zinsfuss sprechen? —
Jawohl. Nehmen wir an, ein Baumwollfabrikant braucht Baum-
wolle für seine Fabrik, so wird er vermuthlich sie sich dadurch
verschaffen, dass er einen Vorschuss von seinem Bankier erhält,
und mit den so erhaltnen Banknoten geht er nach Liverpool und
kauft. Was er wirklich braucht, ist die Baumwolle; er braucht
die Banknoten oder das Gold nicht, ausser als Mittel, die Baum-
wolle zu erhalten. Oder er braucht die Mittel, um seine Arbeiter
zu bezahlen; dann borgt er wieder Noten, und zahlt den Lohn
seiner Arbeiter mit diesen Noten; und die Arbeiter ihrerseits
brauchen Nahrung und Wohnung, und das Geld ist das Mittel
dafür zu zahlen. — 3638. Aber für das Geld wird Zins gezahlt? —
Gewiss, in erster Instanz; aber nehmen Sie einen andern Fall.
Angenommen, er kauft die Baumwolle auf Kredit, ohne Vorschuss
bei der Bank zu holen; dann ist die Differenz zwischen dem Preis
für Baarzahlung und dem Preis auf Kredit bei Verfallzeit der
Maßstab des Zinses. Zins würde existiren, auch wenn es über-
haupt kein Geld gäbe.“

Dieser selbstgefällige Kohl ist ganz würdig dieses Stützpfeilers
des Currency principle. Zuerst die geniale Entdeckung, dass Bank-
noten oder Gold Mittel sind etwas zu kaufen, und dass man sie
nicht ihrer selbst wegen pumpt. Und daraus soll folgen, dass der
Zinsfuss geregelt ist durch was? Durch die Nachfrage und Zufuhr
von Waaren, wovon man bisher nur wusste, dass sie die Markt-
preise der Waaren regeln. Mit gleichbleibenden Marktpreisen der

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[403/0437] seiner Wechsel zu bezahlen hatte, seinen ganzen Profit mehr als verschluckt hätte.“ (No. 5451.) Nehmen wir jetzt einen andern schon vorher citirten Parlaments- bericht: Report of Select Committee on Bank Acts, communicated from the Commons to the Lords, 1857 (citirt weiter unten als: B. C. 1857.) Darin wird Herr Norman, Direktor der Bank von England und ein Hauptlicht unter den Leuten vom Currency-prin- ciple, verhört wie folgt: „3635. Sie sagten, Sie sind der Ansicht, dass der Zinsfuss ab- hängt, nicht von der Masse der Banknoten, sondern von Nachfrage und Angebot von Kapital. Wollen Sie angeben, was Sie unter Kapital einbegreifen, ausser Banknoten und Hartgeld? — Ich glaube die gewöhnliche Definition von Kapital ist: Waaren oder Dienste gebraucht in Produktion. 3636. — Schliessen Sie alle Waaren in das Wort Kapital ein, wenn Sie vom Zinsfuss sprechen? — Alle Waaren, gebraucht in der Produktion. — 3637. Sie begreifen das alles ein in das Wort Kapital, wenn Sie vom Zinsfuss sprechen? — Jawohl. Nehmen wir an, ein Baumwollfabrikant braucht Baum- wolle für seine Fabrik, so wird er vermuthlich sie sich dadurch verschaffen, dass er einen Vorschuss von seinem Bankier erhält, und mit den so erhaltnen Banknoten geht er nach Liverpool und kauft. Was er wirklich braucht, ist die Baumwolle; er braucht die Banknoten oder das Gold nicht, ausser als Mittel, die Baum- wolle zu erhalten. Oder er braucht die Mittel, um seine Arbeiter zu bezahlen; dann borgt er wieder Noten, und zahlt den Lohn seiner Arbeiter mit diesen Noten; und die Arbeiter ihrerseits brauchen Nahrung und Wohnung, und das Geld ist das Mittel dafür zu zahlen. — 3638. Aber für das Geld wird Zins gezahlt? — Gewiss, in erster Instanz; aber nehmen Sie einen andern Fall. Angenommen, er kauft die Baumwolle auf Kredit, ohne Vorschuss bei der Bank zu holen; dann ist die Differenz zwischen dem Preis für Baarzahlung und dem Preis auf Kredit bei Verfallzeit der Maßstab des Zinses. Zins würde existiren, auch wenn es über- haupt kein Geld gäbe.“ Dieser selbstgefällige Kohl ist ganz würdig dieses Stützpfeilers des Currency principle. Zuerst die geniale Entdeckung, dass Bank- noten oder Gold Mittel sind etwas zu kaufen, und dass man sie nicht ihrer selbst wegen pumpt. Und daraus soll folgen, dass der Zinsfuss geregelt ist durch was? Durch die Nachfrage und Zufuhr von Waaren, wovon man bisher nur wusste, dass sie die Markt- preise der Waaren regeln. Mit gleichbleibenden Marktpreisen der 26*

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/437>, abgerufen am 18.04.2024.