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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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höhern Zins zahlten als die Privatfabrikanten. Die Ursache des
höhern Profits war in allen diesen Fällen grössere Oekonomie in
Anwendung des konstanten Kapitals. Was uns aber dabei inter-
ressirt, ist, dass hier der Durchschnittsprofit (= Zins + Unternehmer-
gewinn) sich faktisch und handgreiflich als eine vom Verwaltungs-
lohn ganz und gar unabhängige Grösse darstellt. Da der Profit
hier grösser als der Durchschnittsprofit, war auch der Unternehmer-
gewinn grösser als sonst.

Dasselbe Faktum zeigt sich in einigen kapitalistischen Aktien-
unternehmungen, z. B. Aktienbanken (Joint Stock Banks). Die
London und Westminster Bank zahlte 1863 30 % jährliche Divi-
dende, die Union Bank of London und andre 15 %. Vom Brutto-
profit geht hier ausser dem Salair der Dirigenten der Zins ab,
der für Depositen gezahlt wird. Der hohe Profit erklärt sich hier
aus der geringen Proportion des eingezahlten Kapitals zu den
Depositen. Z. B. bei der London and Westminster Bank 1863:
Eingezahltes Kapital 1000000 £; Depositen 14540275 £. Bei
der Union Bank of London 1863: Eingezahltes Kapital 600000 £;
Depositen 12384173 £.

Die Verwechslung des Unternehmergewinns mit dem Aufsichts-
oder Verwaltungslohn entstand ursprünglich aus der gegensätzlichen
Form, die der Ueberschuss des Profits über den Zins im Gegen-
gensatz zum Zins annimmt. Sie wurde weiter entwickelt aus der
apologetischen Absicht, den Profit nicht als Mehrwerth, d. h. als
unbezahlte Arbeit, sondern als Arbeitslohn des Kapitalisten selbst
für verrichtete Arbeit darzustellen. Dem stellte sich dann von
Seiten der Socialisten die Forderung gegenüber, den Profit faktisch
auf das zu reduciren, was er theoretisch zu sein vorgab, nämlich
auf blossen Aufsichtslohn. Und diese Forderung trat der theore-
tischen Beschönigung um so unangenehmer entgegen, je mehr dieser
Aufsichtslohn einerseits sein bestimmtes Niveau und seinen be-
stimmten Marktpreis fand, wie aller andre Arbeitslohn, mit der
Bildung einer zahlreichen Klasse industrieller und kommerzieller
Dirigenten78); und je mehr er andrerseits sank, wie aller Lohn für

78) "Masters are labourers as well as their journeymen. In this character
their interest is precisely the same as that of their men. But they are
also either capitalists, or the agents of capitalists, and in this respect their
interest is decidedly opposed to the interest of the workmen." (p. 27.) "The
wide spread of education among the journeymen mechanics of this country
diminishes daily the value of the labour and skill of almost all masters and
employers by increasing the number of persons who possess their peculiar
knowledge." (p. 30. Hodgskin, Labour defended against the Claims of Capi-
tal etc. London 1825.)

höhern Zins zahlten als die Privatfabrikanten. Die Ursache des
höhern Profits war in allen diesen Fällen grössere Oekonomie in
Anwendung des konstanten Kapitals. Was uns aber dabei inter-
ressirt, ist, dass hier der Durchschnittsprofit (= Zins + Unternehmer-
gewinn) sich faktisch und handgreiflich als eine vom Verwaltungs-
lohn ganz und gar unabhängige Grösse darstellt. Da der Profit
hier grösser als der Durchschnittsprofit, war auch der Unternehmer-
gewinn grösser als sonst.

Dasselbe Faktum zeigt sich in einigen kapitalistischen Aktien-
unternehmungen, z. B. Aktienbanken (Joint Stock Banks). Die
London und Westminster Bank zahlte 1863 30 % jährliche Divi-
dende, die Union Bank of London und andre 15 %. Vom Brutto-
profit geht hier ausser dem Salair der Dirigenten der Zins ab,
der für Depositen gezahlt wird. Der hohe Profit erklärt sich hier
aus der geringen Proportion des eingezahlten Kapitals zu den
Depositen. Z. B. bei der London and Westminster Bank 1863:
Eingezahltes Kapital 1000000 £; Depositen 14540275 £. Bei
der Union Bank of London 1863: Eingezahltes Kapital 600000 £;
Depositen 12384173 £.

Die Verwechslung des Unternehmergewinns mit dem Aufsichts-
oder Verwaltungslohn entstand ursprünglich aus der gegensätzlichen
Form, die der Ueberschuss des Profits über den Zins im Gegen-
gensatz zum Zins annimmt. Sie wurde weiter entwickelt aus der
apologetischen Absicht, den Profit nicht als Mehrwerth, d. h. als
unbezahlte Arbeit, sondern als Arbeitslohn des Kapitalisten selbst
für verrichtete Arbeit darzustellen. Dem stellte sich dann von
Seiten der Socialisten die Forderung gegenüber, den Profit faktisch
auf das zu reduciren, was er theoretisch zu sein vorgab, nämlich
auf blossen Aufsichtslohn. Und diese Forderung trat der theore-
tischen Beschönigung um so unangenehmer entgegen, je mehr dieser
Aufsichtslohn einerseits sein bestimmtes Niveau und seinen be-
stimmten Marktpreis fand, wie aller andre Arbeitslohn, mit der
Bildung einer zahlreichen Klasse industrieller und kommerzieller
Dirigenten78); und je mehr er andrerseits sank, wie aller Lohn für

78) „Masters are labourers as well as their journeymen. In this character
their interest is precisely the same as that of their men. But they are
also either capitalists, or the agents of capitalists, and in this respect their
interest is decidedly opposed to the interest of the workmen.“ (p. 27.) „The
wide spread of education among the journeymen mechanics of this country
diminishes daily the value of the labour and skill of almost all masters and
employers by increasing the number of persons who possess their peculiar
knowledge.“ (p. 30. Hodgskin, Labour defended against the Claims of Capi-
tal etc. London 1825.)
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[375/0409] höhern Zins zahlten als die Privatfabrikanten. Die Ursache des höhern Profits war in allen diesen Fällen grössere Oekonomie in Anwendung des konstanten Kapitals. Was uns aber dabei inter- ressirt, ist, dass hier der Durchschnittsprofit (= Zins + Unternehmer- gewinn) sich faktisch und handgreiflich als eine vom Verwaltungs- lohn ganz und gar unabhängige Grösse darstellt. Da der Profit hier grösser als der Durchschnittsprofit, war auch der Unternehmer- gewinn grösser als sonst. Dasselbe Faktum zeigt sich in einigen kapitalistischen Aktien- unternehmungen, z. B. Aktienbanken (Joint Stock Banks). Die London und Westminster Bank zahlte 1863 30 % jährliche Divi- dende, die Union Bank of London und andre 15 %. Vom Brutto- profit geht hier ausser dem Salair der Dirigenten der Zins ab, der für Depositen gezahlt wird. Der hohe Profit erklärt sich hier aus der geringen Proportion des eingezahlten Kapitals zu den Depositen. Z. B. bei der London and Westminster Bank 1863: Eingezahltes Kapital 1000000 £; Depositen 14540275 £. Bei der Union Bank of London 1863: Eingezahltes Kapital 600000 £; Depositen 12384173 £. Die Verwechslung des Unternehmergewinns mit dem Aufsichts- oder Verwaltungslohn entstand ursprünglich aus der gegensätzlichen Form, die der Ueberschuss des Profits über den Zins im Gegen- gensatz zum Zins annimmt. Sie wurde weiter entwickelt aus der apologetischen Absicht, den Profit nicht als Mehrwerth, d. h. als unbezahlte Arbeit, sondern als Arbeitslohn des Kapitalisten selbst für verrichtete Arbeit darzustellen. Dem stellte sich dann von Seiten der Socialisten die Forderung gegenüber, den Profit faktisch auf das zu reduciren, was er theoretisch zu sein vorgab, nämlich auf blossen Aufsichtslohn. Und diese Forderung trat der theore- tischen Beschönigung um so unangenehmer entgegen, je mehr dieser Aufsichtslohn einerseits sein bestimmtes Niveau und seinen be- stimmten Marktpreis fand, wie aller andre Arbeitslohn, mit der Bildung einer zahlreichen Klasse industrieller und kommerzieller Dirigenten 78); und je mehr er andrerseits sank, wie aller Lohn für 78) „Masters are labourers as well as their journeymen. In this character their interest is precisely the same as that of their men. But they are also either capitalists, or the agents of capitalists, and in this respect their interest is decidedly opposed to the interest of the workmen.“ (p. 27.) „The wide spread of education among the journeymen mechanics of this country diminishes daily the value of the labour and skill of almost all masters and employers by increasing the number of persons who possess their peculiar knowledge.“ (p. 30. Hodgskin, Labour defended against the Claims of Capi- tal etc. London 1825.)

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/409>, abgerufen am 20.04.2024.